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Abwehrmechanismen des Mikrobioms auf dem Prüfstand

Die Forschenden wollten wissen, wie ein gesundes Mikrobiom aufgestellt sein muss, um pathogene Erreger abzuwehren. © transurfer / iStock / Getty Images Plus

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Escherichia coli: Abwehrmechanismen des Mikrobioms auf dem Prüfstand

E. coli-Bakterien können einer Infektion mit Salmonellen vorbeugen. Wenn die Zusammenarbeit mit dem restlichen Mikrobiom stimmt. Das fanden Bärbel Stecher, Professorin für Medizinische Mikrobiologie und Hygiene am Max von Pettenkofer-Institut der LMU München und Mitglied des Deutschen Zentrums für Infektionsmedizin (DZIF) und ihr Team in einer neuen Studie heraus.

Jedes Säugetier besitzt ein Mikrobiom, keines ist dabei wie das andere: Es beinhaltet unzählige, individuell unterschiedliche Arten von Bakterien, Pilzen und Viren, die den ganzen Körper besiedeln. Sie finden sich auf der Haut oder den Schleimhäuten und insbesondere im Darm und beeinflussen das Immunsystem, den Hormonhaushalt sowie den Stoffwechsel des Individuums enorm.

Bärbel Stecher fokussiert sich in ihrer Arbeit auf die Rolle des Darmmikrobioms bei der Bekämpfung von Infektionen. In ihrer aktuellen Studie erforschte ihr Team um die Doktorandin Claudia Eberl, wie ein gesundes Mikrobiom ausgestattet sein muss, um etwa Krankheitserreger abwehren zu können. Sie untersuchten, ob Escherichia coli (E. coli)-Bakterien einer Infektion mit Salmonellen vorbeugen können.

E. coli sind vielen Menschen bekannt, allerdings im negativen Sinn: Sie können auch Krankheiten auslösen, wie beispielsweise Durchfall, Sepsis oder Krebs. Aber es gibt auch viele gutartige, sogenannte kommensale E. coli-Stämme: Sie besiedeln die meisten Menschen bereits kurz nach der Geburt und tragen so zu einem ausgewogenen Mikrobiom bei.

Zusammenarbeit entscheidend

Stecher konnte nun gemeinsam mit ihrem Team aufklären, wie diese Stämme vor einer Infektion mit Salmonellen schützen können. Das gelingt vor allem durch Konkurrenz um Ressourcen: „Wir haben herausgefunden, dass vor allem der Wettstreit um verschiedene Zuckersubstrate innerhalb des Darms dazu beiträgt, dass sich Salmonellen nicht ansiedeln können“, erklärt Stecher.

Denn damit eine Infektion auftreten kann, müssen sich die pathogenen Bakterien eine „Nische“ im Mikrobiom des Darms suchen. Sie benötigen Kohlenstoffquellen wie beispielsweise Zuckersubstrate, um sich weiter ausbreiten zu können. Doch diese Kohlenstoffquellen sind heiß begehrt. „Brauchen beispielsweise die E. coli-Bakterien alle Zuckersubstrate auf, bleibt kein Nährstoff für die Salmonellen, es kommt höchstwahrscheinlich zu keiner Infektion“, berichtet Stecher.

Allerdings braucht E. coli meistens Unterstützung. In ihrer Studie fanden die Forschenden weiter heraus, dass E. coli nicht zwingend einer Salmonellen-Infektion vorbeugen können: „Wenn das Mikrobiom zu wenig komplex ist und zu wenige Zuckersubstrate verstoffwechselt werden, bleibt somit zu viel Raum für die Besiedlung von Salmonellen.“

Die Forschungsmethode

Stechers Team kam deshalb zu dem Schluss, dass E. coli Unterstützung benötigen, in diesem Fall von Lachnospiraceae. Das sind anaerobe Bakterien, die häufig im Darm anzutreffen sind und ebenfalls Zucker verstoffwechseln können. „Mithilfe von synthetischen Bakterienkonsortien konnten wir ein Modellmikrobiom erstellen“, erläutert Stecher.

Es enthält zwölf Bakterienarten, die einen gesunden Darm repräsentieren. Das Team besiedelte für die Studie keimfreie Mäuse mit dem Modellmikrobiom und infizierte sie dann mit Salmonellen. Die Forschenden erkannten, dass bei Mäusen, denen die Lachnospiraceae-Bakterien fehlten, E. coli alleine nichts gegen die Infektion mit Salmonellen ausrichten konnten.

„Das hat unsere Erkenntnis bestärkt, dass einerseits der Wettstreit um Kohlenstoffquellen und andererseits auch die komplexe Zusammenarbeit von Bakterien vor einer Infektion mit Salmonellen schützen können“, erklärt Stecher.

Bärbel Stecher will in der Zukunft mit humanen Bakterienkonsortien arbeiten, um die Erkenntnisse auch auf den Menschen übertragen zu können. „Irgendwann könnte unsere Forschung dann dabei helfen, Medikamente zu erstellen, die gezielt das Mikrobiom unterstützen, etwa durch probiotische Bakteriencocktails.“

Quelle: Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU)


Publikation: Bärbel Stecher et al.; E. coli enhance colonization resistance against Salmonella Typhimurium by competing for galactitol, a context-dependent limiting carbon source; Cell Host & Microbe, 2021; DOI: 10.1016/j.chom.2021.09.004

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