„Sie haben Lungenkrebs!“, für die Erkrankten eine schockierende Nachricht. Denn das Bronchialkarzinom, so der medizinische Fachausdruck für Lungenkrebs, wird meist erst spät erkannt und ist dann lebensbedrohlich. Eine frühe Diagnose ist daher wichtig, um die Heilungschancen von Lungenkrebspatienten zu verbessern.
Bis dato eignet sich jedoch kein Verfahren für eine breit angelegte Früherkennung, da alle bisherigen Methoden zu ungenau sind und auch zu Fehldiagnosen führen können. Dies ist besonders schwerwiegend für COPD-Patienten, da bei ihnen ein hohes Lungenkrebsrisiko besteht. Doch neue Forschungsergebnisse lassen hoffen.
Was wie Science-Fiction klingt, wird möglicherweise bald Realität: Ein einfacher Bluttest soll nachweisen, ob Patienten mit COPD an Lungenkrebs erkrankt sind oder nicht. Entwickelt wird dieser Test derzeit von Wissenschaftlern um Professor Dr. Eckart Meese am Institut für Humangenetik in Kooperation mit Professor Dr. Robert Bals, Professor Dr. Andreas Keller und Professor Dr. Hans-Peter Lenhof, Zentrum für Bioinformatik der Universität des Saarlandes. Ihr Ansatz: Biomarker im Blut der Patienten zeigen einen möglichen Tumor an.
Schicksalsträger: MicroRNAs
Bisherige Forschungsergebnisse des Projektleiters Meese zeigen, dass sogenannte microRNAs erfolgversprechende Biomarker für Lungenkrebs sind. MicroRNAs sind kleine Moleküle, die beim Ablesen und Verarbeiten der Erbinformation eine wichtige Rolle spielen: Sie schalten nicht benötigte Genabschnitte aus und steuern so, welche Proteine in einer Zelle produziert werden.
In krankhaft veränderten Zellen weisen microRNAs einen anderen molekularen Fingerabdruck auf als in gesunden Zellen. „MicroRNAs lassen sich im Blut nachweisen und können so Hinweise auf eine bestehende Erkrankung liefern. Für die Krebsfrüherkennung wäre das ein wichtiger Schritt“, erklärt Meese. Der Humangenetiker und sein Team untersuchen das Blut von COPD-Patienten nach den verräterischen Molekülen.
„Unser Ziel ist es, micro-RNAs als Biomarker für Lungenkrebs einzusetzen. Gelingt es uns, die Methode zu etablieren, steigen damit die Heilungschancen der Betroffenen.“ Auch bei Patienten mit Bauchspeicheldrüsen- oder Prostatakrebs erbrachte diese Vorgehensweise schon relevante Ergebnisse. „Bis das fortschrittliche, interdisziplinäre Verfahren als Routinediagnostik denkbar ist, wird allerdings noch viel Forschungsarbeit nötig sein“, erläutert der Projektleiter.
„Wenn zukünftig eine Blutprobe für eine zuverlässige Krebsdiagnose ausreicht, wäre das ein entscheidender Durchbruch für verbesserte Diagnoseverfahren und steigende Heilungschancen“, erklärt Gerd Nettekoven, Vorstandvorsitzender der Deutschen Krebshilfe.