Weltweit haben mehr als 2,5 Milliarden Erwachsene Übergewicht bzw. Adipositas. Viele entwickeln einen Typ-2-Diabetes (T2D) und weitere Folgeerkrankungen. Die bariatrische Operation ist eine wirksame Behandlungsoption, um das Gewicht deutlich zu reduzieren und das Risiko von Folgeerkrankungen zu verringern. Es ist jedoch nach wie vor schwierig, den Nutzen einer bariatrischen Operation für Menschen ohne T2D vorherzusagen.
Forscherinnen und Forscher aus Deutschland, Frankreich und Italien untersuchten, ob sich Unterschiede in den metabolischen Verbesserungen bei Menschen aus verschiedenen Diabetesrisiko-Subtypen identifizieren lassen. Sie analysierten zwei Kohorten von Personen, die sich einer bariatrischen Operation unterzogen, und einer Kontrollgruppe.
Diabetesrisiko-Subtypen vor Operation
Zunächst wurden übergewichtige Personen ohne T2D, aber mit einem Risiko für Diabetes (definiert u.a. durch einen erhöhten BMI), den verschiedenen Diabetesrisiko-Subtypen* zugeordnet. „Menschen mit Übergewicht, die den Subtypen 3, 5 und 6 angehören, haben das höchste Risiko für die Entwicklung von T2D und/oderFolgeerkrankungen“, erläutert DZD-Forscherin Leontine Sandforth vom Universitätsklinikum Tübingen. Sie ist gemeinsam mit Violeta Raverdy von der Universität Lille Erstautorin der Publikation. Dem Subtyp 4 gehören Menschen mit Übergewicht/Adipositas mit einem niedrigen Diabetesrisiko an. Die Subtypen 1, 2 und 3 haben meist kein oder nur wenig Übergewicht und ein niedrigeres Diabetesrisiko.
Menschen einer Kohorte aus Lille (Frankreich) sowie einer Kohorte aus Rom (Italien) unterzogen sich einer bariatrischen Operation. Eine Kontrollkohorte in Tübingen (Deutschland) erhielt eine Lebensstilintervention mit Verhaltensänderung. Um den Erfolg des Eingriffs zu bestimmen, wurden Glukoseregulation, Prädiabetes-Remission (Normalisierung der Glukoseregulation), Leberfett, die Insulinresistenz und Betazellfunktion jeweils vor und nach der Lebensstilanpassung und der Operation untersucht.
Hochrisiko-Subtypen und Chirurgie
Die Ergebnisse: Von der bariatrischen Chirurgie profitierten Menschen der Hochrisiko-Subtypen 5 und 6 am stärksten. Die Betazellfunktion sowie die Insulinempfindlichkeit verbesserten sich. Zudem normalisierten sich die Blutzuckerwerte (Prädiabetes-Remission) und das Leberfett wurde reduziert. Darüber hinaus ging die Mehrheit der Hochrisikogruppen nach der bariatrischen Operation in Niedrigrisikogruppen über.
Dies war in der Kontroll-Kohorte mit einer Beratung zur Lebensstiländerung nicht der Fall. Obwohl der relative Gewichtsverlust bei allen Subtypen ähnlich war, hatten Teilnehmende aus dem Niedrigrisiko-Subtyp 4 überraschenderweise eine niedrigere Remissionsrate des Prädiabetes und profitierten somit weniger im Hinblick auf die Verbesserung der Blutzuckerregulation.
Präzisionsmedizinische Ansätze
„Unsere Ergebnisse zeigen die Relevanz der Prädiabetes-Klassifizierung für Personen mit schwerer Adipositas auf. Wir konnten unterschiedliche Reaktionen der Subtypen auf die bariatrische OP identifizieren“, fasst Prof. Dr. Reiner Jumpertz von Schwartzenberg, Oberarzt in der Abteilung für Diabetologie, Endokrinologie und Nephrologie am Universitätsklinikum Tübingen und Leiter des Studienzentrums am DZD-Partner Institut für Diabetesforschung und Metabolische Erkrankungen (IDM) von Helmholtz Munich an der Universität Tübingen,die Studie zusammen. „Diese Erkenntnisse könnten dazu beitragen, präzisionsmedizinische Ansätze in der bariatrischen Chirurgie voranzutreiben“.
Quelle: Deutsches Zentrum für Diabetesforschung
Originalpublikation: Leontine Sandforth et al.; Subphenotype-Dependent Benefits of Bariatric Surgery for Individuals at Risk for Type 2 Diabetes; Diabetes Care, April 2025, DOI: 10.2337/dc25-0160