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Campylobacter Bakterien.

Ziel der Forschung ist die Identifizierung und Erforschung von RNA-bindenden Proteinen in Bakterien wie zum Beispiel Campylobacter. © SciePro / iStock / Getty Images Plus

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Auszeichnung: Die Überlebensstrategien der Bakterien

Cynthia Sharma erforscht, wie Bakterien sich an ihre Umwelt anpassen, und hat dabei RNA-bindende Proteine im Blick, über die wenig bekannt ist. Dafür hat sie einen mit zwei Millionen Euro dotierten ERC Consolidator Grant erhalten.

Wenn Bakterien wie beispielsweise die Lebensmittelkeime Campylobacter jejuni oder Salmonella sich im menschlichen Organismus ausbreiten, müssen sie in der Regel mit Widerstand und einer feindlichen Umgebung rechnen. Dank diverser Tricks sind sie jedoch in der Lage, sich auch an diese Bedingungen anzupassen, und verfügen dafür über ausgeklügelte Überlebens- und Anpassungsstrategien.

Eine Methode dieser zellulären Kontrolle, mit der Bakterien auf Veränderungen in ihrer Umgebung reagieren, steht im Mittelpunkt eines neuen Forschungsprojekts von Cynthia Sharma. Ihr Projekt konzentriert sich auf eine Klasse von Proteinen, die RNA-Moleküle binden kann und dadurch großen Einfluss auf die Genregulation und zellulären Prozesse der Bakterien hat. Diese Klasse von Proteinen ist aber bislang weitgehend unerforscht.

Cynthia Sharma ist Leiterin des Lehrstuhls für Molekulare Infektionsbiologie II und Sprecherin des Zentrums für Infektionsforschung (ZINF) der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (JMU). Für ihre Forschung hat sie jetzt vom europäischen Forschungsrat (European Research Council ERC) eine hohe Auszeichnung erhalten: einen mit rund zwei Millionen Euro dotierten Consolidator Grant. Diese Art von Preis vergibt der ERC an herausragende Wissenschaftler*innen mit einer vielversprechenden Karriere.

Sharma kann damit in den kommenden fünf Jahren maßgeblich ihr Projekt vorantreiben. Das Geld für ihr Projekt „Exploring the Expanding Universe of RNA-Binding Proteins in Bacteria“, kurz bacRBP, soll hauptsächlich für die Vergrößerung ihres Teams, Verbrauchsmaterialien und die Entwicklung neuer experimenteller Technologien verwendet werden.

RNA-basierte Regulationsmechanismen spielen zentrale Rolle

Ziel ihres ERC Consolidator Grants ist die Identifizierung und Erforschung von RNA-bindenden Proteinen in Bakterien. „Unser Projekt basiert auf der Hypothese, dass es in Bakterien ein riesiges, bislang noch weitgehend unerforschtes Universum von RNA-bindenden Proteinen gibt, die wichtige Funktionen in der Zelle haben“, sagt Sharma. „RNA-basierte Regulationsmechanismen spielen eine zentrale Rolle in der Stressantwort und Virulenzkontrolle von Bakterien“, erklärt sie.

In den vergangenen 20 Jahren habe sich die Wissenschaft bei der Suche nach den Akteuren der RNA-basierten Genexpressionskontrolle hauptsächlich auf kleine regulatorische RNA-Moleküle konzentriert und dabei enorme Fortschritte erzielt. Auch an der JMU bildet die RNA-Forschung einen Schwerpunkt, denn auch hier wurden wichtige Details der komplexen RNA-Regulationsmechanismen in Bakterien entschlüsselt.

Sharma und ihr Team gehen nun quasi einen Schritt weiter: Sie interessieren sich für Proteine, die an RNA-Moleküle binden und diese regulieren können. Nur sehr wenige von ihnen sind in Bakterien genauer untersucht. Sie verfügen über eine sogenannte RNA-Bindungsdomäne und können darüber mit der RNA interagieren. „Somit ist es ihnen möglich, die Übersetzung genetischer Informationen und damit die physiologischen Prozesse des Bakteriums zu beeinflussen“, erklärt die Mikrobiologin.

Proteine mit Zweitjobs

Jüngste Forschungsergebnisse – auch aus dem Labor von Cynthia Sharma – zeigen jedoch, dass es nicht nur noch weitaus mehr Proteine gibt, die mit RNAs interagieren, sondern auch Proteine, die ohne diese speziellen Bindungsdomänen an den RNA-Strang andocken können.

Darunter finden sich unter anderem auch Enzyme, die üblicherweise Funktionen im Stoffwechsel des Bakteriums übernehmen; andere sind für die Zellteilung von Bedeutung. Dass diese auch an RNA binden, war eine Überraschung. „Sie übernehmen quasi einen Zweitjob“, sagt Sharma. Wobei momentan noch offen ist, ob in diesen Fällen die Proteine Einfluss auf die RNA nehmen, oder ob es nicht vielleicht sogar umgekehrt ist.

Wie viele solcher RNA-bindenden Proteine in Bakterien existieren, welche Aufgaben sie haben und wie sie wirken: Das alles ist derzeit also noch weitgehend unbekannt. Ein Zustand, den Cynthia Sharma gemeinsam mit ihrem Team dank des ERC Grants in den kommenden fünf Jahren ändern möchte.

Neue Methode entwickelt

Weshalb ist eigentlich bislang so wenig über diese Proteine bekannt? Ein wesentlicher Grund dafür ist wohl die Tatsache, dass es in Bakterien an Methoden mangelt, solche RNA-bindenden Proteine zu identifizieren. Hier haben Cynthia Sharma und ihr Team vor Kurzem bedeutende Fortschritte erzielt. „Mein Labor hat eine grundlegend neue Methode entwickelt, welche die Identifizierung solcher Proteine in Bakterien deutlich voranbringen kann“, sagt sie.

Mit Hilfe dieser Methode will Sharma nach RNA-bindenden Proteinen unter verschiedenen stress- und infektionsrelevanten Bedingungen suchen. Ein Schwerpunkt liegt hierbei auf solchen Proteinen, die über keine spezielle Bindungsdomäne verfügen. Ergänzt wird diese Methode mit Techniken der Genomik, Transkriptomik und Proteomik, kombiniert mit Ansätzen aus der Molekularbiologie, der mikrobiellen Genetik und mit hochauflösenden Bildgebungsverfahren.

Drei Ziele im Fokus

Drei Hauptziele wollen Sharma und ihr Team im Rahmen des bacRBP-Projekts erreichen:

  • die Etablierung einer allgemein anwendbaren Methode zur systematischen Identifizierung von RNA-bindenden Proteinen in verschiedensten Organismen
  • ein erweitertes Repertoire von RNA-bindenden Proteinen in den zwei Modellorganismen Campylobacter und Salmonella
  • neue Erkenntnisse zu Mechanismen der Genregulation und Zellteilung in Bakterien.

„Wir hoffen mit dem bacRBP-Projekt unser Verständnis darüber, welche Proteine in Bakterien RNA binden können, und der Art und Weise, wie diese Proteine physiologische Prozesse in Bakterien regulieren, erheblich erweitern und vorantreiben zu können“, sagt sie.

Ein verbessertes Wissen über die Regulationsmechanismen könne nicht nur bislang unbekannte biologische Prinzipien offenbaren, sondern könnte auch zur Entwicklung neuer biotechnologischer Methoden beitragen oder Ansätze für potenzielle Wirkstoffe gegen Bakterien liefern. Ein Aspekt, der angesichts einer zunehmenden Resistenz vieler Bakterien gegen gängige Antibiotika immer mehr an Bedeutung gewinnt.

Quelle: Julius-Maximilians-Universität Würzburg

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