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Ein wichtiger Schritt

Die Deutsche Schmerzgesellschaft e. V. befürwortet im Einzelfall eine Behandlung mit Cannabinoiden in Betracht zu ziehen, empfiehlt aber, die Indikationskriterien weiterhin empirisch zu untermauern. © Opra / Fotolia.com

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Cannabis als Medizin: Ein wichtiger Schritt

Der kürzlich getroffene Beschluss des Bundeskabinetts, den Einsatz von Cannabinoiden zu therapeutischen Zwecken zu erleichtern, stößt bei der Deutschen Schmerzgesellschaft e.V. auf positive Resonanz. Ein unkomplizierter und kontrollierter Zugang zu Medikamenten und die Übernahme der Kosten seien wichtig um den Patienten einen individuellen Therapieversuch zu ermöglichen.

Prof. Michael Schäfer, Präsident der Deutschen Schmerzgesellschaft e.V. sagt: „Die vorliegenden Studien und Erfahrungsberichte zeigen deutlich, dass Cannabinoide einerseits in vielen Fällen nur sehr schwach schmerzlindernd wirksam sind, andererseits für einzelne ausgewählte Patienten durchaus hilfreich sein können. Diesen Patienten sollte daher eine Möglichkeit eröffnet werden, nach Versagen empfohlener Therapieverfahren einen individuellen Therapieversuch zu unternehmen“.

Sollte dieser erfolgreich sein, sollte die Gabe eines Cannabinoids in Absprache mit dem Patienten unter Berücksichtigung seiner Begleiterkrankungen, möglicher Kontraindikationen, der Patientenpräferenzen und dem Wirkungs-Nebenwirkungsprofil der jeweiligen Substanz erwogen werden fordert die Deutsche Schmerzgesellschaft e.V., der mit rund 3.500 Mitgliedern größten wissenschaftlich-medizinischen Schmerzfachgesellschaft Europas.

Die Studienlage ist derzeit oftmals leider schwach. Nach derzeitigem Wissens- und Erfahrungsstand sind Cannabinoide bei einzelnen ausgewählten Schmerzpatienten ausreichend wirksam. In der Mehrheit der chronischen Schmerzpatienten zeigen Cannabinoide jedoch lediglich eine geringe bis mäßige Schmerzlinderung, sodass sie anderen bisher gebräuchlichen Schmerzmitteln nicht überlegen sind.

„Bemerkenswert ist, dass in Einzelfällen speziell ausgewählte Patienten, bei denen die gebräuchlichen Schmerzmittel versagen, von der Anwendung der Cannabinoide sehr stark profitieren“., so Prof. Schäfer. Dies scheint insbesondere Patienten zu betreffen, deren Schmerzen eine spastische Komponente haben, wie z. B. bei der multiplen Sklerose, einer Querschnittslähmung oder Nervenverletzung.

Auch manche Patienten mit neuropathischen Schmerzen bei HIV, bei denen erprobte Verfahren versagen, können in Einzelfällen eine deutliche Linderung durch Cannabinoide erfahren. Andere therapeutische Wirkungen, wie antiemetische, appetitsteigernde oder antientzündliche Wirkungen werden den Cannabinoiden zugeschrieben, jedoch liegen für diese Indikationen als auch für viele Schmerzsyndrome bisher keine qualitativ hochwertigen Studien vor.

Kontext einer multimodalen Schmerztherapie

Die Deutsche Schmerzgesellschaft e.V. befürwortet daher im Einzelfall eine Behandlung mit Cannabinoiden in Betracht zu ziehen, empfiehlt aber, die Indikationskriterien weiterhin empirisch zu untermauern. Insbesondere sieht sie es als dringend notwendig an, wie bei allen anderen schmerztherapeutischen Verfahren auch, ein 2/2 solches Therapieverfahren immer im Kontext einer multimodalen Schmerztherapie und nicht als isoliertes Therapieverfahren anzuwenden.

Wenn in diesem Sinne eine medizinische Indikation besteht, sollte der therapeutische Einsatz von Cannabinoiden und die Übernahme der Kosten durch die Krankenkassen entsprechend der Initiative der Bundesregierung ermöglicht werden. Die Anwendung sollte durch eine obligate Erfassung und Analyse der Effektivität und unerwünschter Wirkungen begleitet werden, hierfür bietet das Schmerzregisterprojekt „KEDOQ“ der Deutschen Schmerzgesellschaft e. V. ideale Voraussetzungen.

Die Gesellschaft spricht sich weiterhin für die Durchführung methodisch hochwertiger Studien zur medizinischen Anwendung von Cannabinoiden in der Schmerzmedizin aus. Unter einer Therapie mit Cannabinoiden kann es zum Auftreten von gering ausgeprägten zentralen Nebenwirkungen kommen, wie z. B. Übelkeit, Müdigkeit, Schwindel, kognitive Beeinträchtigungen und Stimmungsschwankungen.

Die bisherigen Studien beziehen sich auf kurze Behandlungszeiträume von wenigen Wochen bis Monaten, die besonderen Risiken einer Langzeitbehandlung sind weitestgehend unklar. Grundsätzlich ist aber für die Langzeiteinnahme und insbesondere bei Jugendlichen von einem Abhängigkeitspotential auszugehen und es kann in Einzelfällen zur Ausbildung von Angststörungen und Psychosen kommen.

Quelle: Deutsche Schmerzgesellschaft e.V.

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