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Enzym reguliert Stammzellgene

Forscher untersuchen die Regulationsmechanismen speziell von Tumorstammzellen. © luchschen / iStock / Getty Images Plus

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Darmkrebs: Enzym reguliert Stammzellgene

Darmkrebsstammzellen haben einen wunden Punkt: das Enzym Mll1. Wird es blockiert, entstehen keine neuen Tumore im Körper. Dies hat nun ein Team um Walter Birchmeier am Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin in der Helmholtz-Gemeinschaft (MDC) entdeckt.

Mll1 ist ein Enzym, das an der DNA sitzt und die Expression bestimmter Gene kontrolliert, epigenetisch, wie die Forschenden sagen. „Dies tut es insbesondere in den Tumor-Stammzellen, in denen der Wnt-Signalweg stark aktiviert ist. Was bedeutet, dass wir durch seine Deaktivierung spezifisch Tumorstammzellen behandeln können“, erklärt Johanna Grinat, Erstautorin der Studie.

Der Wnt-Signalweg reguliert die Selbsterneuerung und Zellteilung von Stammzellen. Treten Mutationen auf, die zu einer aktiveren Wnt-Signalkaskade führen, werden die betroffenen Stammzellen widerstandsfähiger als gesunde Stammzellen.

Sie vermehren sich unkontrolliert und bilden Tumore. Eine Chemotherapie bremst zwar ihre Zellteilung, kann aber auch den Selektionsdruck auf Tumorstammzellen erhöhen: „Sie werden therapieresistent und bilden erneut Tumore, die nun aufgrund der Mutation stärker wachsen und deshalb so aggressiv sind“, sagt Dr. Julian Heuberger.

Molekularer Schalter entdeckt

Die Regulationsmechanismen speziell von Tumorstammzellen zu verstehen, sei deshalb so wichtig. Der Postdoktorand ist ebenfalls Erstautor sowie Leiter der Studie und arbeitet jetzt an der Medizinischen Klinik mit Schwerpunkt für Hepatologie und Gastroenterologie der Charité – Universitätsmedizin Berlin. „Mit Mll1 haben wir einen molekularen Schalter gefunden, der insbesondere die Selbsterneuerung und Teilung von Tumorstammzellen der Darmkarzinome kontrolliert.“

Der genetische Knockout eines Gens wie bei der Maus ist im Menschen nicht möglich. In Mäusen kann man die Bildung von Tumorstammzellen über die Zeit verfolgen und es stehen immer genügend Stammzellen für Experimente zur Verfügung. Aber man könnte MII1 mit einem chemischen Medikament blockieren. Für Forschungszwecke wurden bereits entsprechende kleine Moleküle entwickelt, zum Beispiel die Inhibitoren MI-2 und MM-401. Sie binden an essentielle Partnermoleküle von Mll1 und inaktivieren dadurch seine Funktion.

„Auf Grundlage der Wirkweise dieser Moleküle wird es möglich sein, diese und klinisch noch wirksamere Mll1-Inhibitoren zu entwickeln und zu testen“, sagt Birchmeier, der Letztautor der Studie ist.

Hoffnung auf effektivere Therapien

Gesunde Stammzellen im Darm werden dabei offenbar nicht blockiert. „Wir konnten an einem anderen System, an Speicheldrüsenkrebszellen der Maus zeigen, dass Mll1 ausschließlich bei Tumor- und nicht bei gesunden Stammzellen wirksam ist,“ sagt Birchmeier.

Das mache auch Hoffnung für die Therapie weiterer Krebsarten. Denn auch Kopf-Hals-Tumoren hätten die gleiche Achillesferse, wie Tiermodelle zeigten. „Auf Basis unserer Studien an der Maus laufen an der Uni-Klinik Düsseldorf klinische Studien, um Mll1-Inhibitoren für die Therapie von Kopf-Hals-Tumoren zu bewerten.“

Sollten sie erfolgreich sein, könnten Patient*innen mit Darmkrebs zusätzlich zur Chemotherapie mit Mll1-Inhibitoren behandelt werden, also Therapien, die spezifisch Tumorstammzellen behindern. Dadurch steigen die Chancen auf eine erfolgreiche Therapie – selbst bei fortgeschrittenem Darmkrebs.

Quelle: Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin in der Helmholtz-Gemeinschaft (MDC)


Publikation: Johanna Grinat, Julian Heuberger, Walter Birchmeier et al.; The epigenetic regulator Mll1 is required for Wnt-driven intestinal tumorigenesis and cancer stemness; Nature Communications, 2020; DOI: 10.1038/s41467-020-20222-z

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