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Blut-Agarplatten Labor.

Die Auswertung von Risikofaktoren ermöglicht präzisere Vorhersagen in puncto Sterblichkeit bei Blutstrominfektionen. © Satirus / iStock / Getty Images Plus

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BLOOMY-Scores: Forschende wollen Sterblichkeit bei Blutstrominfektionen vorhersagen

Blutstrominfektionen (BSI) sind schwere bakterielle Infektionen, die mit einer hohen Sterblichkeit verbunden sind. Um Risikofaktoren identifizieren und so einerseits die kurz- sowie langfristige Sterblichkeit präziser prognostizieren zu können und andererseits die Diagnostik- und Therapieoptionen zu verbessern, entwickelte ein Forschungsteam die klinischen BLOOMY*-Scores.

Forschungsleiterin Prof. Evelina Tacconelli aus Tübingen führte die Studie des Deutschen Zentrums für Infektionsforschung (DZIF) unter Federführung der Universitätsklinika Tübingen und Freiburg durch. Die Universitätskliniken Berlin, Gießen, Köln und Lübeck sind ebenfalls beteiligt.

Im vergangenen Jahrzehnt ist die Anzahl der Blutstrominfektionen durch multiresistente Erreger (MRE) massiv gestiegen: Europäische Daten zeigen, dass sich schätzungsweise sechs Prozent der Patient*innen im Krankenhaus mit einer BSI infizieren – das sind jährlich rund 3,2 Mio. Fälle. Etwa 150 000 Menschen versterben daran.

Generell hängen die Schwere und der Verlauf der bakteriellen Infektion von den auslösenden Bakterien, dem zugrundeliegenden Gesundheitszustand der Patientinnen und Patienten sowie von der Behandlung gegen die Infektion ab. Die Auswirkungen dauern oftmals mehrere Monate nach der Entlassung aus dem Krankenhaus an.

Prognose von Kurz- und Langzeitsterblichkeit ermöglichen

Obwohl Vorhersagemodelle für die Prognose bereits existieren, sind diese bislang auf bestimmte Krankheitserreger oder Intensivpatient*innen beschränkt und betreffen vor allem die kurzfristige Prognose innerhalb des Krankenhausaufenthalts. Die langfristigen Auswirkungen der Blutstrominfektion nach der Entlassung sind erst in den letzten Jahren in den Fokus der Forschenden gerückt.

Mit dem Ziel die Kurz- und Langzeitsterblichkeit bei Patientinnen und Patienten mit BSI sowohl auf der Normal- als auch auf der Intensivstation und mit verschiedenen Keimen besser prognostizieren zu können, wurden Daten für die multizentrische Kohortenstudie unter der Leitung von Prof. Evelina Tacconelli mit rund 2500 Patienten und Patientinnen an allen Standorten prospektiv erhoben.

Mikrobiologische, klinische, laborchemische sowie Behandlungs- und Überlebensdaten spielten eine Rolle für die Untersuchung der 14-Tages und 6-Monats-Sterblichkeit, insgesamt wurden über 1000 Variablen pro Patient bzw. pro Patientin analysiert. Auf deren Grundlage ließen sich mathematische Modelle für die frühzeitige Vorhersage der Sterblichkeit nach 14 Tagen bzw. nach 6 Monaten erstellen.

BLOOMY-Scores weisen gute Vorhersagekraft auf

Dabei fanden die Forscher*innen heraus, dass für beide Zeiträume Faktoren wie das Alter, maligne Vorerkrankungen und bestimmte Keime sowie der BMI, Thrombozyten- sowie Leukozytenzahlen und der Entzündungsmarker CRP ebenso maßgeblich sind, wie die Frage, ob die Betroffenen im Krankenhaus erkrankt sind. Zusätzliche Variablen für die Vorhersage der 14-Tage-Sterblichkeit waren der mentale Status, ein zu niedriger Blutdruck und die Notwendigkeit einer mechanischen Beatmung.

Für die Vorhersage der 6-Monats-Mortalität hingegen waren zusätzlich der Infektionsherd, Komplikationen während des Krankenhausaufenthaltes sowie die Nierenfunktion bei Behandlungsende relevant. Die Auswertungsergebnisse wurden zu zwei klinischen Scores zusammengeführt, mit denen bereits zu einem frühen Zeitpunkt der Erkrankung jeweils die Vorhersagen für die 14-Tages- sowie 6-Monats-Sterblichkeit erheblich präziser erfolgen können. Beide Scores wurden im Anschluss bei weiteren rund 1000 Patientinnen und Patienten aus den verschiedenen Zentren erfolgreich auf ihre Vorhersagekraft validiert.

„Unsere Studie zeigt, dass die BLOOMY*-Scores eine gute Trennschärfe und damit Vorhersagekraft in Bezug auf die kurz- und langfristige Sterblichkeit nach Blutstrominfektion aufweisen und mithilfe derer wir differenzierte BSI-Managementprotokolle entwickeln können“, erklärt DZIF-Studienleiterin Prof. Evelina Tacconelli.

Oberärztin Dr. Siri Göpel, Mitglied der Forschungsgruppe aus Tübingen erläutert: „Wir können somit frühzeitig jene Patient*innen im Behandlungsverlauf identifizieren, die ein sehr hohes Risiko haben und diese beispielsweise engmaschiger überwachen. Auch nach der Entlassung ließen sich Erkrankte mit einem hohen Langzeitrisiko gezielt überwachen. Weitere Studien könnten evaluieren, ob spezielle Maßnahmen die Prognose bei diesen Patientinnen und Patienten verbessern können.“

Quelle: Universitätsklinikum und Medizinische Fakultät Tübingen


*(BLOOMY = BLOOdstream infection due to multidrug-resistant Organisms: Multicenter studY on risk factors and clinical outcomes)

Originalpublikation: Tacconelli, E. et al.; Infectious Diseases: Development and validation of the BLOOMY prediction scores for 14-day and 6-month mortality of adult hospitalized patients with bloodstream infections: a multicenter, prospective, cohort study; The Lancet, 2022; DOI: 10.1016/S1473-3099(21)00587-9

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