Eine Beobachtungsstudie aus Großbritannien kam zu dem Ergebnis, dass Menschen, die ACE-Hemmer einnehmen, ein um sechs Prozent erhöhtes Lungenkrebsrisiko haben. Allerdings handelt es sich bei dieser Studie um eine Beobachtungsstudie, die lediglich Assoziationen aufzeigen kann, aber nicht beweist, dass ein tatsächlicher Ursache-Wirkungs-Zusammenhang vorliegt.
Dafür wäre eine prospektive randomisierte Studie notwendig, bei der mögliche „Störeinflüsse“ vorab ausgeschlossen werden. Lungenkrebs ist eine Erkrankung, die multifaktoriell ist, also deren Entstehung durch verschiedene Faktoren begünstigt werden kann.
Risikofaktoren sind neben der genetischen Disposition vor allem das Rauchen, aber auch Schadstoffe in der Luft oder die Belastung, beispielsweise im Job, mit krebserregenden Substanzen (Asbest, Arsen, Chrom, Nickel). Ebenfalls können Übergewicht und Alkoholkonsum das Risiko, an einigen Krebsarten zu erkranken, erhöhen.
Risikoverteilung in den Gruppen nicht einheitlich
Letztlich ist auch das Alter ein Risikofaktor für Krebs und bei Lungenkrebs sogar (noch) das Geschlecht: Laut Robert-Koch-Institut [2] erkrankten 2012 Deutschland 34 490 Männer an Lungenkrebs, aber nur 18 030 Frauen. Schaut man sich die Patientendaten dieser Studie an, erkennt man, dass die Risikoverteilung in den Gruppen nicht einheitlich war.
Beispielsweise waren in der Gruppe, die mit ACE-Hemmern behandelt worden waren, mehr adipöse Menschen (32,3 Prozent vs. 19,9 Prozent), mehr Menschen mit Alkoholproblemen (8,7 Prozent vs. 6,8 Prozent) und weniger Menschen, die niemals geraucht haben (47,9 Prozent und 49,1 Prozent).
Zudem war die Gruppe der Studienteilnehmer, die ACE-Hemmer erhalten hatten, älter, das mittlere Alter betrug 57,8 Jahre (vs. 54,9 Jahre). Auch waren in dieser Gruppe 63,9 Prozent männlich, in der Gruppe der nicht behandelten Studienteilnehmer nur 41,2 Prozent. Diese Unterschiede könnten das Ergebnis der Studie und das höhere Lungenkrebsrisiko der mit ACE-Hemmern behandelten Patienten mit beeinflusst haben.
Verunsicherte Patienten sollten mit ihrem Hausarzt reden
Weiterhin kann die typische ACE-Hemmer-Nebenwirkung Reizhusten zu einer früheren Feststellung von Lungenkrebs geführt haben. „Die Beweiskraft der vorliegenden Studie ist somit eher gering und die Studienautoren selbst haben weitere Untersuchungen gefordert“, erklärt Professor Dr. Bernhard Krämer, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Hochdruckliga e.V. DHL® | Deutsche Gesellschaft für Hypertonie und Prävention.
„Wir hoffen, dass das Ergebnis nicht dazu führt, dass Patienten aus Sorge vor Krebs ohne Absprache mit ihrem Hausarzt die Blutdruckmedikation abbrechen.“ ACE-Hemmer haben in großen, randomisierten, kontrollierten Studien beim Bluthochdruck und bei der Herzschwäche eine deutliche Verminderung der Sterblichkeit auf Grund von Herz-Kreislauferkrankungen und der Gesamtsterblichkeit ermöglicht.
Die Blutdruckmedikamente einfach wegzulassen, kann gravierende Folgen haben, unbehandelt kann Bluthochdruck zu Schlaganfällen, Herzinfarkten, Nierenversagen oder Demenz führen – und das oft weit früher, als sich eine eventuelle Krebserkrankung entwickelt.
„Verunsicherte Patienten sollten daher mit ihrem Hausarzt reden und das individuelle Risiko besprechen. Bei Bedarf, also wenn der Patient beispielsweise ein erhöhtes familiäres Risiko für Lungenkrebs aufweist oder starker Raucher ist, kann der Arzt erwägen, eine andere blutdrucksenkende Therapie zu verschreiben. In jedem Fall muss aber die Bluthochdrucktherapie fortgesetzt werden“, erklärt der Experte.
Quelle: Deutsche Hochdruckliga e.V. DHL®
Publikationen:
- [1] Hicks BM, Filion KB, Yin H et al.; Angiotensin converting enzyme inhibitors and risk of lung cancer: population based cohort study; BMJ, 2018; DOI: 10.1136/bmj.k4209
- [2] Daten zu Krebs in Deutschland; Pressemitteilung des Robert-Koch-Instituts, 2015