Der Zebrafisch ist dem Menschen genetisch sehr ähnlich (homolog), daher sollten die Ergebnisse gut auf den Menschen übertragbar sein. Aus diesem Grund priorisiert die Medizinische Fakultät Mannheim zur Erforschung von Blutgefäßen und damit verbundener Krankheitsprozesse den Modellorganismus Zebrafisch und hat dafür eine Zebrafisch Core Unit eingerichtet.
In Deutschland sind gegenwärtig circa 7,6 Millionen Menschen an der Stoffwechselkrankheit Diabetes erkrankt. Das heißt, dass schon heute jeder achte bis zehnte Mensch in Deutschland Diabetiker ist. Viele diabetische Patienten entwickeln als Folge ihres erhöhten Blutzuckers Schädigungen an den Blutgefäßen, die wiederum zu Folgeerkrankungen wie der Entwicklung eines Herzinfarkts, eines Schlaganfalls oder von Nierenschädigungen führen können.
Einfluss auf Entstehung
Es ist bekannt, dass genetische Faktoren die Entstehung von Organschäden im Zusammenhang mit der Stoffwechselerkrankung Diabetes begünstigen können. So konnten in der Vergangenheit genetische Veränderungen in diabetischen Patienten identifiziert werden, die zum Beispiel die Entwicklung von Nierenschädigungen, wie die diabetische Nephropathie, begünstigen. Insbesondere in dem Genabschnitt ELMO1 finden sich solche Genveränderungen.
Jedoch war bislang nicht bekannt, ob und gegebenenfalls wie ELMO1 einen Einfluss auf die Entstehung von diabetischen Nierenveränderungen hat. Ein Team von Wissenschaftlern der Universitäten Heidelberg und Groningen (Niederlande), unter der Leitung von Professor Dr. Jens Kroll von der Medizinischen Fakultät Mannheim, hat jetzt am Zebrafisch und an Gewebeproben diabetischer Nierenpatienten zeigen können, dass unverändertes ELMO1 die Niere schützen kann, und zwar sowohl in ihrer Entwicklung als auch in Nieren, die einem hohen Blutglukosespiegel ausgesetzt waren.
Die Wissenschaftler nutzten dabei die Vorteile des transparenten Zebrafischembryos, in dem sich durch erhöhte Blutglukosekonzentrationen induzierte Organveränderungen gut darstellen und untersuchen lassen, um die Rolle von ELMO1 aufzuklären.
Untersuchungen in Modellsystemen
„Meine Daten im Zebrafisch zeigen sehr schön, dass ELMO1 die Nierenentwicklung positiv beeinflusst und die Niere außerdem vor Schädigungen unter erhöhtem Blutglukosespiegel schützen kann", so Krishna Sharma, Erstautorin der Publikation. „Wir suchen nach Faktoren, über die wir Diabetiker identifizieren können, deren Nieren besonders empfindlich auf hohe Blutzuckerspiegel reagieren, um diese Patienten entsprechend behandeln und vor Nierenschädigungen besser schützen zu können", ergänzt Professor Kroll.
Beide medizinischen Fakultäten der Universität Heidelberg, in Mannheim und Heidelberg, haben in den letzten Jahren einen starken Fokus auf die Erforschung diabetischer Spätkomplikationen gelegt. Davon zeugen zwei Forschungsverbünde: das internationale Graduiertenkolleg „Diabetic Microvascular Complications" (IRTG1874/1 DIAMICOM), gemeinsam mit der Universität Groningen, das von Professor Dr. Hans-Peter Hammes, Leiter der Sektion Endokrinologie an der Universitätsmedizin Mannheim geleitet wird, und der Sonderforschungsbereich SFB 1118 „Reaktive Metabolite als Ursache diabetischer Folgeschäden", unter der Leitung von Professor Dr. Peter Nawroth, Ärztlicher Direktor der Klinik für Endokrinologie, Stoffwechsel und Klinische Chemie des Universitätsklinikums Heidelberg.
Beide Forschungsverbünde untersuchen durch die Diabeteserkrankung verursachte Veränderungen des Stoffwechsels und Organschäden, sowohl in verschiedenen Modellsystemen wie dem Zebrafisch als auch an diabetischen Patienten. Die am Zebrafisch gewonnenen Erkenntnisse sind ein Ergebnis der Forschung von Professor Kroll im Rahmen dieser Forschungsverbünde. Die wichtige Frage, der sich die Wissenschaftler nun widmen ist, wie sie den die Niere schützenden Faktor, das Gen ELMO1, in der diabetischen Niere aktivieren können.
Quelle: Universitätsmedizin Mannheim
Publikation: Jens Kroll et al.; ELMO1 protects renal structure and ultrafiltration in kidney development and under diabetic conditions; Scientific Reports, 2016; DOI: 10.1038/srep37172