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Herausforderungen für die Herzmedizin

Die Risikofaktoren für Herzkreislauferkrankungen sind regional sehr unterschiedlich verteilt. © Peshkova / iStock / Thinkstock

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Risikofaktoren kontrollieren: Herausforderungen für die Herzmedizin

Herzkreislauferkrankungen sind, trotz verbesserter Überlebensrate, nach wie vor die Haupttodesursache in Deutschland. Regionale Unterschiede bei der Herzsterblichkeit sind mit der ungleichen Verteilung von Risikofaktoren über das Bundesgebiet assoziiert. Es gibt aber immer bessere Möglichkeiten, wichtige Risikofaktoren wirksam zu kontrollieren.

Im Gegensatz zur angeblichen „Cholesterinlüge“ ist vielfach belegt, dass Menschen mit erhöhten Blutfetten von einer LDL-Senkung profitieren: Je niedriger die Cholesterinwerte, desto besser. Genetische Tests finden zunehmend Eingang in die kardiologische Praxis. Es besteht die Hoffnung, dadurch die Risikoeinschätzung und die Präzision der Therapie zu verbessern. Das Herz-CT erlaubt einen sehr guten Ausschluss einer koronaren Herzkrankheit. Die Indikationsstellung zum Herz-CT und die Befundinterpretation erfordert kardiologische Expertise.

Sterblichkeits-Rückgang von über 20 Prozent

„Der aktuelle Deutsche Herzbericht zeigt in beeindruckender Weise auf, wie erfolgreich die moderne Herzmedizin zu Lebensqualität und Lebenserwartung beigetragen hat und weiter beiträgt“, betont Prof. Dr. Hugo Katus, Heidelberg, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie (DGK) aus Anlass der DGK-Jahrestagung in Mannheim. „Zwar gehören Herzerkrankungen nach wie vor zu den häufigsten Gründen für eine stationäre Aufnahme, aber die kardiovaskuläre Mortalität nimmt seit Jahren beständig ab.“

1990 starben noch 325 von 100 000 Einwohnern an den häufigsten Herzerkrankungen, 2014 waren es nur noch 256 – das entspricht einem Rückgang von mehr als 20 Prozent. Bei der Herzinsuffizienz und dem Herzinfarkt verzeichnen wir in diesem Zeitraum sogar einen Sterblichkeits-Rückgang um jeweils mehr als 30 Prozent. „Interessante Indikatoren für die Erfolge der Kardiologie sind auch Rehabilitations- und Rentendaten“, so Prof. Katus.

„Zum einen sehen wir einen kontinuierlichen Rückgang bei den Berentungen wegen verminderter Erwerbsfähigkeit bei Herz-Kreislauferkrankungen. Zum anderen ist eine Zunahme bei den Zuweisungen zu Rehabilitationsmaßnahmen zu verzeichnen. Das ist schon deshalb eine positive Entwicklung, weil eine im Vorjahr publizierte Metaanalyse nachweisen konnte, dass Rehabilitation bei Koronarkranken zu einer Mortalitätsreduktion von über 50 Prozent beiträgt.“

Herz-Risiko spiegelt soziale Faktoren wider

Die Daten im Deutschen Herzbericht würden aber auch die wesentlichen Herausforderungen für die Herzmedizin zeigen, insbesondere im Bereich der Prävention und Kontrolle von Risikofaktoren, so Prof. Katus: „Die wesentlichen Elemente für ein herzgesundes Leben sind wohl weitgehend bekannt. Dennoch ist die Prävalenz von kardialen Risikofaktoren in der Bevölkerung sehr hoch, wie der Herzbericht zeigt: So raucht etwa ein Viertel der Bevölkerung, etwa ebenso viele leiden an Bluthochdruck oder Adipositas, 36 Prozent haben einen erhöhten Taillenumfang.“

Diese Risikofaktoren sind, ebenso wie sozioökonomische Parameter und die kardiale Sterblichkeit, regional sehr unterschiedlich verteilt. So liegen etwa Bayern oder Baden-Württemberg bei sozioökonomischen Parametern über, aber bei der Häufigkeit von Risikofaktoren oder der Herzsterblichkeit unter dem Bundesdurchschnitt.

Umgekehrt nimmt etwa Sachsen-Anhalt in der Mortalitätsstatistik des Herzinfarkts und der ischämischen Herzkrankheit eine Spitzenposition ein. Dies ist möglicherweise durch die regional höhere Inzidenz von kardiovaskulären Risikofaktoren wie Bluthochdruck, Diabetes und ungünstigen sozioökonomischen Faktoren – höhere Arbeitslosigkeit, schlechteres Ausbildungsniveau – bedingt.

Risikofaktor Cholesterin: Je niedriger, desto besser

Die gute Nachricht, so Prof. Katus: „Wir haben immer mehr zuverlässige Möglichkeiten, diese Risikofaktoren wirksam zu kontrollieren. Im Gegensatz zur immer wieder spektakulär heraufbeschworenen angeblichen ‚Cholesterinlüge‘ ist vielfach durch Daten belegt, dass erhöhte Blutfettspiegel, und hier besonders das LDL-Cholesterin, einen wichtigen Risikofaktor für Arteriosklerose und damit auch kardiovaskuläre Erkrankungen darstellen und dass Menschen mit erhöhten Blutfetten von einer LDL-Senkung profitieren.“

Das haben aktuelle Studien zu den neuen cholesterinsenkenden PCSK9-Inhibitoren gezeigt. „Die soeben veröffentlichte FOURIER-Studie hat nun deutlich gemacht, dass sich mit der Senkung der LDL-Werte unter die in den Leitlinien definierten Ziele das Risiko für schwere kardiovaskuläre Ereignisse signifikant reduziert“, berichtet Prof. Katus. „Befürchtungen, so tiefe LDL-Spiegel könnten gesundheitsschädlich sein, zum Beispiel in Bezug auf das Nervensystem, haben sich bisher nicht bewahrheitet.“

Mehr Wissen über genetische Faktoren

Zunehmend besser versteht die moderne Kardiologie auch genetische Faktoren, die für ein familiäres Risiko von kardiovaskulären Erkrankungen verantwortlich sind. Eine monogenetische, also durch einen Defekt in einem einzigen Gen hervorgerufene, Erkrankung ist etwa die Hypertrophe Kardiomyopathie, eine eher seltene vererbte krankhafte Verdickung der Herzmuskulatur der linken Herzkammer.

Auch bei sehr weit verbreiteten Herzerkrankungen wie der Koronaren Herzkrankheit konnten komplexe genetische Einflüsse identifiziert werden. Und auch hinsichtlich der Wirksamkeit und Verträglichkeit von Therapien gibt es vermehrt Hinweise darauf, dass es genetische Unterschiede geben könnte.

„Mit solchen Einsichten gewinnen auch in der Kardiologie Gentests zunehmend an Bedeutung in der Praxis“, so Prof. Katus. „Dies sowohl für eine Abschätzung des Risikos und eine engmaschige Betreuung ausgewählter Personengruppen, als auch für eine individualisierte und auf die individuelle Situation zugeschnittene Auswahl von Therapien.“

Wichtige Rolle für Herz-CT

„Die Computertomographie zur Untersuchung der Herzkranzgefäße spielt eine zunehmend wichtige Rolle in der Früherkennung von Kalkablagerungen und Verengungen in den Herzkranzgefäß-Arterien“, beschreibt der DGK-Präsident einen weiteren aktuellen Trend. „Der negative prädiktive Wert des Kardio-CT ist hoch, man kann damit die Herzinfarktdiagnostik beschleunigen.

„Inzwischen gibt es ausreichend viele Daten, die zeigen, dass die adäquate Nutzung dieser modernen bildgebenden Verfahren eine große prognostische Bedeutung hat und den Patienten sonst übliche aufwendige Maßnahmen erspart werden können. Die richtige Anwendung setzt freilich umfassende pathophysiologische Kenntnisse und eine kardiologische Expertise voraus“, so Prof. Katus.

Quelle: Deutsche Gesellschaft für Kardiologie – Herz- und Kreislaufforschung e.V.

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