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Hilfe übers Internet

Für Menschen die an Depressionen leiden sollen Selbstmanagement-Programme aus dem Internet eine Hilfe sein. © hikrcn / iStock / Thinkstock

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Depressionen: Hilfe übers Internet

Im Internet gibt es eine ganze Reihe an Programmen, welche bei der Bewältigung von Depressionen hilfreich sein sollen, indem sie dem Nutzer psychotherapeutische Inhalte vermitteln. Wissenschaftler der Universität zu Lübeck haben in Kooperation mit sechs weiteren Universitäten herausgefunden, dass diese Programme wirklich helfen können.

Die meisten von ihnen zählen zu den sogenannten Selbstmanagement-Programmen. Das bedeutet, dass die Inhalte nicht durch einen Therapeuten vermittelt werden, sondern durch das Programm selber. Bereits vor der jetzt zu Ende gehenden Lübecker Studie war bekannt, dass derartige Programme in der Behandlung von depressiven Symptomen wirksam sein können.

Allerdings wurden in den vorherigen Studien meist die Nutzer des Programms selber nach ihren Beschwerden befragt. Die Beurteilung der Wirksamkeit beruhte also ausschließlich auf den Selbstauskünften der Nutzer. Daher waren viele Ärzte und Psychologen bislang skeptisch, ob dieser Wirksamkeitsnachweis auch erbracht werden kann, wenn Experten den Verlauf der depressiven Symptome beurteilen.

Regelmäßige Befragungen und Untersuchungen

Dr. Jan Philipp Klein © Uni LübeckDr. Jan Philipp Klein © Uni Lübeck

Im Rahmen ihrer Studie verteilten die Lübecker Forscher über 1000 Menschen mit leicht bis mittelgradigen depressiven Symptomen per Zufall auf zwei Gruppen. Die einen erhielten neben ihrer üblichen Behandlung Zugang zu einem über das Internet verfügbaren Selbstmanagement-Programm zur Depressionsbewältigung. Die anderen erhielten lediglich ihre übliche Behandlung.

Über ein Jahr hinweg wurden die Studienteilnehmer zu ihren depressiven Symptomen befragt und regelmäßig von Klinikern in Bezug auf ihre psychische Gesundheit untersucht. Das Ergebnis: Bei den über das Internet behandelten Studienteilnehmern nahm die Depressionsschwere im Verlauf der Behandlung stärker ab als bei solchen, die nur die übliche Behandlung bekamen. Im Laufe eines Jahres erreichten die Nutzer des Programms außerdem schneller und häufiger eine vollständige Besserung ihrer depressiven Beschwerden.

Besonders stark profitierten Patienten, die bislang nicht beim Psychiater oder Psychotherapeuten waren und keine antidepressiv wirksamen Medikamente nahmen. „Das Programm ist somit eine wichtige Bereicherung für Menschen, die wir mit den bestehenden Behandlungsmöglichkeiten nicht erreichen“, sagt der Koordinator der Studie, Dr. Jan Philipp Klein.

Dialog zwischen Programm und Nutzer

Prof. Dr. Fritz Hohagen © Carola PieperProf. Dr. Fritz Hohagen © Carola Pieper

Das im Rahmen der Studie untersuchte Programm heißt „deprexis“. Es wurde von dem Public-Health-Unternehmen GAIA AG in Hamburg entwickelt. Das Programm vermittelt Fertigkeiten zur Depressionsbewältigung, indem es eine Art Dialog mit dem Nutzer führt. Es stellt verschiedene aus der Psychotherapie bekannte Fertigkeiten kurz vor und vertieft diese dann abhängig von der Reaktion des Nutzers.

Der Leiter der Studie ist Prof. Dr. Fritz Hohagen, Direktor der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Universität zu Lübeck und des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein, Campus Lübeck. Koordiniert wurde die Studie von Dr. Jan Philipp Klein, Oberarzt an der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie in Lübeck, Prof. Dr. Steffen Moritz (Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf), Prof. Dr. Thomas Berger (Universität Bern) und Dr. Björn Meyer (Firma GAIA).

Ebenfalls beteiligt waren die Charité Berlin (Prof. Dr. Matthias Rose), die Universität Bielefeld (Prof. Dr. Wolfgang Greiner), die Universität Tübingen (Prof. Dr. Martin Hautzinger) und die Universität Trier (Prof. Dr. Wolfgang Lutz). Die Studie wurde vom Bundesgesundheitsministerium gefördert (II A 5 – 2512 FSB 052).

Quelle: Universität zu Lübeck


Publikation: Moritz S, Hohagen F et al.; Effects of a psychological internet intervention in the treatment of mild to moderate depressive symptoms: results of the EVIDENT study; Psychotherapy and Psychosomatics, 2016; DOI: 10.1159/000445355

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