Die WHO hat eine Warnung bezĂĽglich des Mpox-Virus herausgegeben und eine „Gesundheitliche Notlage internationaler Reichweite“ (PHEIC) ausgerufen. Was das bedeutet, um welchen Erreger es sich handelt, wie Menschen sich infizieren und welche Behandlungsmethoden es gibt, erklärt Professor Johannes Bogner. Er ist Internist und Leiter des Interdisziplinären Zentrums Klinische Infektiologie (KLIK) am LMU Klinikum MĂĽnchen.
Ăśbertragungswege der Mpox-Viren
Prof. Bogner, wie werden diese Viren ĂĽbertragen und welche Gefahr geht von den Viren fĂĽr den Menschen aus?
Johannes Bogner: Die Übertragung erfolgt durch direkten Schleimhaut- und Hautkontakt. Besonders ansteckend sind die charakteristischen Pocken-Läsionen. Die aktuelle Epidemie betrifft hauptsächlich die sexuelle Übertragung. Eine Übertragung über die Luft oder Aerosol ist NICHT bekannt und nicht zu fürchten. Menschen, die keinen ungeschützten Intimkontakt haben, haben kein Ansteckungsrisiko, wenn sie nicht Läsionen von Erkrankten ohne Handschuhe anfassen.
Die Gefahr für den Menschen hält sich in Grenzen. In einer jüngsten Veröffentlichung in Nature Medicine wird berichtet, dass nur 9 Prozent der Betroffenen bettlägerig waren. Jedoch hatten 59 Prozent Fieber und Krankheitsgefühl. Nur in Ausnahmefällen oder bei sehr schlechtem Immunsystem kann die Erkrankung auch tödlich enden.
Was ist an der neuen Mpox-Variante (Klade Ib) anders? Wie wirkt sich das auf Ansteckung und Krankheitsverlauf aus?
Der Unterschied zu Klade 2 wurde molekulargenetisch identifiziert und betrifft eine spezielle Mutation im so genannten APOBEC3-vermittelten Cytosin-Deaminations-Gen. Diese Mutation führt dazu, dass die Übertragung von Mensch zu Mensch leichter ermöglicht wird als bei den bisherigen Wildtyp-Varianten.
PCR-Methoden zur Virusdiagnose
Wie weist man den Virustyp im Labor nach?
Es wird ein Abstrich aus einer Hautläsion ins virologische Labor gesendet. Der Nachweis erfolgt über PCR. Der Labornachweis führt zur namentlichen Meldung an das Gesundheitsamt und zur Verhängung einer dreiwöchigen Quarantäne. Derzeit tritt das Virus vor allem in Ländern auf dem afrikanischen Kontinent vermehrt auf. Ein Einzelfall in Schweden wurde gestern bekannt. Die Wahrscheinlichkeit, dass es zu einer Epidemie oder Pandemie kommt, wird derzeit dennoch als gering eingeschätzt.
Wie sehen Sie das und warum?
Es wird auf alle Fälle zu einer weltweiten Ausbreitung durch sexuelle Kontakte (ähnlich wie bei der Mpox- Welle 2022-2023) kommen, auch wenn jetzt schon wieder einzelne Länder Einreiseverbote machen. Menschen reisen und Menschen haben Intimkontakte. Die Ausbreitung ist also kaum zu verhindern. Um die Ansteckungsgefahr zu reduzieren, empfiehlt sich zum Beispiel, Intimkontakte mit Unbekannten zu vermeiden.
VerfĂĽgbarkeit und Beschaffung von Impfstoffen
Gibt es Impfstoffe und Medikamente zur Prävention bzw. Behandlung?
Es gibt einen wirksamen Impfschutz. Dieser ist aber nicht normal über die Apotheken erhältlich und ist auch nicht für Menschen ohne Infektionsrisiko sinnvoll. Es ist davon auszugehen, dass die Impfstoffproduktion wieder voll angekurbelt wird.
Der Impfstoff ist aktuell nicht verfügbar und wird ähnlich wie in der Ausbreitungswelle im Jahr 2022 ganz spezifisch nach individuellen Erwägungen angewendet. Es gibt auch ein antivirales Medikament namens Tecovirimat, das bei einem schweren systemischen Verlauf erfolgreich eingesetzt werden kann.
Welche Zentren in München, Bayern und Deutschland können die Patienten behandeln?
Ich wĂĽrde meinen, dass jedes Zentrum, das als Infektiologisches Zentrum zertifiziert ist, die Behandlung ĂĽbernehmen kann. Das trifft fĂĽr das Zentrum Infektiologie der LMU Klinik zu.
Forschungseinrichtungen der LMU im Fokus
Was bedeutet der Beschluss der WHO, eine gesundheitliche Notlage internationaler Reichweite auszurufen, fĂĽr das Gesundheitssystem in Deutschland, aber auch fĂĽr unser Uniklinikum konkret?
Im Grunde bedeutet das zunächst nur, dass wir wie bisher auch schon jede Patientin und jeden Patienten nach seiner Reiseanamnese fragen und dass wir auch bei den geringsten verdächtigen Haut-Symptomen einen Test veranlassen werden, wenn die Person in die Demokratische Republik Kongo gereist ist oder Kontakt hatte zu einer Person, die sich dort befunden hat. Ich möchte noch darauf hinweisen, dass Mpox keine hoch-kontagiöse oder gefährliche Krankheit ist. Es ist auf keinen Fall mit Ebola oder hämorrhagischen Fieber-Krankheiten vergleichbar.
Welche Einrichtungen sind bei der Erforschung solcher Viren an der LMU zu nennen: Max-von-Pettenkofer-Institut, LMU Klinikum mit KLIK und Institut fĂĽr Tropenmedizin, Genzentrum?
Mpox ist für alle hier genannten Institute und Zentren von wissenschaftlichem Interesse. Der Beginn einer neuen Studie ist jedoch eher in konzertierter Aktion mit weiteren nationalen und internationalen Partnerinstituten zu erwarten. Die Zusammenarbeit der LMU-Institute im Deutschen Zentrum für Infektionsforschung (DZIF) und im Netzwerk Universitätsmedizin (NUM) führt dazu, dass auf kurzem Weg sinnvolle Projekte gemeinsam aufgelegt werden können. Aufgrund der Mpox-Pandemie 2022-2023 besteht in der Infektionsambulanz und im Tropeninstitut erhebliche Erfahrung und Expertise, mit der Erkrankung und auch mit der hierfür nötigen Impfung.
Quelle: Ludwig-Maximilians-Universität MĂĽnchenÂ
Originalpublikationen:Â
- Eva GrĂĽner et al.; Mpox-specific immune responses elicited by vaccination or infection in people living with HIV; Journal of Infectious Diseases, 2024, DOI:Â 10.1093/infdis/jiae138
- Veronica Ober et al.; [Monkeypox in the doctor’s office – will I recognize my first case?]; MMW Fortschritte in der Medizin, 2022, DOI: 10.1007/s15006-022-1905-9.
- Christian Hoffmann et al.; Clinical characteristics of monkeypox virus infections among men with and without HIV: A large outbreak cohort in Germany; HIV Medicine, 2022, DOI: 10.1111/hiv.13378