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Kampf gegen den eigenen Körper

Körpereigene Strukturen können fälschlicherweise zum Ziel des Immunsystems werden und es kommt zu einer Autoimmunkrankheit. © Ralwel / iStock / Thinkstock

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Autoimmunreaktionen: Kampf gegen den eigenen Körper

Wenn das Immunsystem körpereigene Strukturen bekämpft, können die Folgen verheerend sein. Forscher um RUB-Biochemiker Prof. Dr. Michael Hollmann und die Medizinerin Prof. Dr. Hannelore Ehrenreich vom Max-Planck-Institut für Experimentelle Medizin haben nun herausgefunden, dass solche Autoimmunreaktionen gegen einen bestimmten Rezeptor von Nervenzellen des Gehirns komplexer sind als bisher angenommen.

Im Gehirn des Menschen und anderer Säugetiere sind Glutamatrezeptoren für einen Großteil der erregenden Signalübertragung zwischen Nervenzellen verantwortlich. Ebenso wie andere körpereigene Strukturen können sie fälschlicherweise zum Ziel des Immunsystems werden – es kommt zu einer Autoimmunkrankheit. Dabei bilden sich Autoantikörper, die den Glutamatrezeptor angreifen und so schwere Symptome hervorrufen können, darunter epileptische Anfälle, Bewegungsstörungen, Psychosen und kognitive Ausfälle.

Antikörper gegen verschiedene Strukturen

© RUB / MarquardMichael Hollmann hat mit seinem Team Details über Autoimmun-Krankheiten des Gehirns herausgefunden. © RUB / Marquard

Vor allem der NMDA-Rezeptor, ein für Lernen und Gedächtnisbildung unverzichtbarer Glutamatrezeptortyp, kann zum Ziel von Autoantikörpern werden: Es entwickelt sich eine sogenannte Anti-NMDA-Rezeptor-Enzephalitis. In ihrer Studie zeigte die Arbeitsgruppe von Michael Hollmann, dass entgegen der vorherrschenden Lehrmeinung Autoantikörper gegen eine Vielzahl von unterschiedlichen Strukturelementen des NMDA-Rezeptors, sogenannten Epitopen, gebildet werden können.

Bislang hatte man angenommen, dass lediglich ein einziges an der Außenseite der Zelle gelegenes Epitop des Rezeptors die Autoantikörper-Bildung verursacht, und dass alle diese Autoantikörper vom selben Typ seien, dem Immunglobulin Typ G (IgG).

„Die Zielstrukturen auf dem normalerweise in der Zellmembran sitzenden Rezeptor können sowohl auf der Außenseite der Zelle als auch innerhalb der Membran und sogar im Zellinnern liegen“, erläutert Michael Hollmann. Außerdem zeigte sich, dass die von den Autoantikörpern erkannten Epitope unabhängig vom Krankheitsbild sind.

Sie kommen bei Patienten mit unterschiedlichsten neurologischen Störungen vor und darüber hinaus auch bei neurologisch gesunden Kontrollpersonen. Die Autoantikörper können von jedem Immunglobulin-Typ sein: Neben IgG- wurden auch IgM- und IgA-Antikörper gefunden.

Beeinträchtigte Übertragung von Signalen

Die Ursache für die teils gravierenden Symptome, die durch Antikörper gegen NMDA-Rezeptoren ausgelöst werden können, ist vermutlich eine Beeinträchtigung der Signalübertragung im Gehirn. „Sie kommt dadurch zustande, dass der Antikörper dazu führt, dass der Rezeptor aus der Zellmembran entfernt wird“, erklärt Michael Hollmann.

„Damit fehlt der Nervenzelle ein aktiver Rezeptor, so dass sie schwächer oder gar nicht mehr auf den Botenstoff Glutamat reagiert und Signale von benachbarten Zellen nicht mehr aufnehmen kann.“ Was die Forscher überraschte, war, dass alle Blutproben mit Autoantikörpern diese Wirkung auf Nervenzellen haben – egal, ob sie von Patienten oder gesunden Kontrollpersonen stammen.

Das bedeutet, dass Antikörper gegen NMDA-Rezeptoren zwar immer eine schwere Krankheit des Gehirns auslösen können, es aber häufig nicht tun. Insbesondere im Blut alter Menschen findet man teilweise bei über 20 Prozent der Untersuchten Antikörper gegen NMDA-Rezeptoren, doch nur ein kleiner Teil dieser Menschen erkrankt. 

„Damit tatsächlich eine Krankheit entsteht, muss wahrscheinlich gleichzeitig die Blut-Hirn-Schranke beschädigt sein, die normalerweise verhindert, dass die Antikörper aus dem Blut ins Gehirn eindringen können“, folgert Michael Hollmann. Die Konsequenz dieser Erkenntnis sei, dass ein positiver Bluttest auf Antikörper gegen NMDA-Rezeptoren allein kein Krankheitszeichen ist und keine das Immunsystem unterdrückende Behandlung rechtfertigt.

Quelle: Ruhr-Universität Bochum


Originalpublikation: Esther Castillo-Gómez et. al.; All naturally occurring autoantibodies against the NMDA receptor subunit NR1 have pathogenic potential irrespective of epitope and immunoglobulin class; Molecular Psychiatry, 2016; doi:10.1038/mp.2016.125

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