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Animierte Darstellung von Proteinstrukturen.

Neue NOS-Verknüpfungen zeigen, wie Proteine auf oxidativen Stress reagieren. © Design Cells / iStock / Getty Images Plus

Molekulare Forschung: KI entdeckt überraschende chemische Strukturen in Proteinen

Proteine gehören zu den am besten untersuchten Molekülen in der Biologie. Neue Forschungsergebnisse zeigen jedoch, dass sie überraschende Geheimnisse bergen. Forschende der Universität Göttingen haben bisher unbekannte chemische Bindungen in archivierten Proteinstrukturen entdeckt und damit eine unerwartete Komplexität der Proteinchemie offenbart.

Die neu identifizierten Stickstoff-Sauerstoff-Schwefel-Verknüpfungen (NOS) erweitern das Verständnis darüber, wie Proteine auf oxidativen Stress reagieren – einen Zustand, in dem sich schädliche Sauerstoffmoleküle ansammeln und Proteine, DNA und andere Bestandteile der Zelle schädigen. Die neuen Erkenntnisse wurden in der Fachzeitschrift Communications Chemistry veröffentlicht.

Analyse von 86.000 Proteinstrukturen

Das Forschungsteam analysierte systematisch über 86.000 hochaufgelöste Proteinstrukturen aus der „Protein Data Bank“, einem weltweiten öffentlichen Archiv für Proteinstrukturen. Dabei setzten sie erstmals ihren selbst entwickelten Algorithmus namens SimplifiedBondfinder ein. Dieser kombiniert maschinelles Lernen, quantenmechanische Modellierung und Methoden zur Strukturverfeinerung. So kann er subtile chemische Bindungen aufdecken, die herkömmliche Analyseverfahren bislang übersehen haben.

NOS-Verknüpfungen wurden zwar bereits vor einigen Jahren durch Forschungsarbeiten unter der Leitung von Prof. Dr. Kai Tittmann an der Universität Göttingen in Proteinen entdeckt. Die Ergebnisse der aktuellen Studie waren für die Forschenden dennoch unerwartet: Sie entdeckten die NOS-Verknüpfungen nicht nur zwischen bereits bekannten Aminosäure-Paaren, sondern erstmals auch zwischen den Aminosäure-Paaren Arginin-Cystein und Glycin-Cystein.

Verborgene Proteinstrukturen

„Unsere Arbeit zeigt, dass die ‚Protein Data Bank‘ noch immer verborgene chemische Informationen enthält“, sagt die Leiterin der Studie, Dr. Sophia Bazzi vom Institut für Physikalische Chemie der Universität Göttingen. „Durch die Entwicklung neuer digitaler Werkzeuge und die erneute Auswertung bestehender Daten haben wir chemische Wechselwirkungen aufgedeckt, die jahrzehntelang unbemerkt geblieben sind.“

Die NOS-Verknüpfungen wirken als molekulare Schalter, stabilisieren Proteine unter oxidativem Stress und könnten eine Vielzahl biologischer Prozesse beeinflussen. „Unser Ansatz hat weitreichende Bedeutung“, betont Bazzi. „Er kann übersehene chemische Bindungen aufdecken, zu verbesserten Protein-Modellen führen und Fortschritte in der Modellierung von Proteinen, der Entwicklung von Wirkstoffen und der synthetischen Biologie ermöglichen.“

Quelle: Georg-August-Universität Göttingen


Originalpublikation: Sophia Bazzi et al.; Revealing arginine-cysteine and glycine-cysteine NOS linkages by a systematic re-evaluation of protein structures; Communications Chemistry, Mai 2025, DOI: 10.1038/s42004-025-01535-w

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