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Kinder reagieren anders

Leiden die Kinder an Schlafmangel so wirkt sich das auf Hirnregionen aus, die sich noch entwickeln. © GeorgeRudy / iStock / Thinkstock

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Schlafentzug: Kinder reagieren anders

Ein Forscherteam der Universität Zürich hat die Auswirkungen von akutem Schlafentzug bei Kindern untersucht. Die Untersuchung zeigte, dass die Reaktionen anders als die von Erwachsenen sind: Verkürzter Schlaf führt zu einem erhöhten Bedarf an Tiefschlaf in jenen Hirnregionen, die sich entwickeln und ausreifen. Betroffen sind Regionen im hinteren Hirnbereich, die für das Sehen, die räumliche Wahrnehmung und die Verarbeitung multi-sensorischer Inputs zuständig sind.

Schlaf ist für den Menschen überlebenswichtig. Bleiben Erwachsene länger wach als gewöhnlich, reagiert das Gehirn mit einem erhöhten Bedarf an Tiefschlaf. Gemessen wird dieser in Form von „langsamen Wellen" („slow wave activity") mittels Elektroenzephalografie (EEG). Bei Erwachsenen sind diese Tiefschlafwellen am stärksten ausgeprägt im präfrontalen Kortex – jener Hirnregion, die Handlungen plant und steuert, Probleme löst und am Arbeitsgedächtnis beteiligt ist.

Schlafentzug bei Kindern steigert Tiefschlaf in hinteren Hirnregionen

Forschende der Universität Zürich (UZH) konnten nun erstmals zeigen, dass verkürzter Schlaf bei Kindern ebenfalls einen erhöhten Tiefschlaf zur Folge hat. „Allerdings reagiert das Gehirn von Kindern anders auf akuten Schlafentzug als das von Erwachsenen. Der Tiefschlafeffekt zeigt sich nicht wie bei Erwachsenen in den vorderen, sondern in den hinteren Hirnregionen – dem Parietal- und Okzipitallappen", unterstreicht Salome Kurth von der Klinik für Pneumologie des Universitätsspitals Zürich.

Das Forscherteam fand zudem heraus, dass bei Kindern der erhöhte Schlafbedarf – gemessen als Anstieg des Tiefschlafs – mit dem Myelingehalt in bestimmten Nervenfaserbündeln einhergeht: der Radiato Optica. Diese Hirnregion ist Teil des visuellen Systems, das für die räumliche Wahrnehmung und die Verarbeitung multi-sensorischer Inputs zuständig ist.

Der Gehalt an Myelin – eine fettreiche Schicht, die die Nervenfasern umwickelt und die Weiterleitung elektrischer Signale beschleunigt – ist ein Mass für die Hirnausreifung und nimmt im Verlauf der Kindheit und Jugend zu. Die neuen Resultate zeigen nun, dass je mehr Myelin in einer Hirnregion vorhanden ist, desto mehr ähnelt der Tiefschlafeffekt jenem von Erwachsenen.

Tiefschlafeffekt ist abhängig vom Ausmass der Gehirnausreifung

Um die Auswirkungen von Schlafentzug bei Kindern zu untersuchen, arbeiteten die Wissenschaftler der UZH mit Schlafforschern der University of Colorado Boulder (USA) zusammen. Diese massen bei 13 gesunden Kindern im Alter von 5 bis 12 Jahren die Hirnaktivität während des Schlafs. Die EEG-Messungen mit insgesamt 128 Elektroden wurden zwei Mal über Nacht zuhause bei den Familien durchgeführt.

Einmal gingen die Kinder zur normalen Bettzeit schlafen, ein zweites Mal blieben sie bis spät nachts wach und erhielten somit nur exakt die Hälfte der normalen Schlafdauer. Zusätzlich bestimmten die Wissenschaftler den Myelingehalt im Hirn mit Hilfe eines kürzlich entwickelten, nicht-invasiven Magnetresonanztomografie-Verfahrens. „Unsere Resultate zeigen, dass der Tiefschlafeffekt spezifisch in eine bestimmten Hirnregion auftritt und mit dem Myelingehalt in Verbindung steht», fasst Salome Kurth zusammen.

Möglich sei, so Kurth, dass dieser Effekt nur vorübergehender Natur sei, sprich nur in der Kindheit oder Adoleszenz während sensitiven Entwicklungsphasen auftritt. Die Wissenschaftler gehen davon aus, dass die Schlafqualität mitverantwortlich ist, damit sich die neuronalen Verbindungen während der Kindheit und Jugend optimal entwickeln. Entsprechend wichtig während dieser Lebensphase ist, ausreichend zu schlafen. Internationalen Richtlinien zufolge beträgt die empfohlene Schlafzeit für Kinder im Alter von 6 bis 13 Jahren zwischen 9 bis 11 Stunden pro Nacht.

Quelle: Universität Zürich


Publikation: Monique LeBourgeois et al.; Increased Sleep Depth in Developing Neural Networks: New Insights from Sleep Restriction in Children; Frontiers in Human Neuroscience, 2016; doi: 10.3389/fnhum.2016.00456

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