Die Umsetzung der Beschlüsse des Bewertungsausschusses durch die KBV-Vorgaben zur Honorarverteilung und die regionalen Honorarverteilungsmaßstäbe stellen einen der größten Einschnitte für die fachärztlichen Labore seit vielen Jahren dar. Selbst bei optimistischer Betrachtung ist kein Mehrwert für die Patientenversorgung erkennbar. Nach Auffassung der Labore wird diese EBM-Reform die Grundlagen der labordiagnostischen Patientenversorgung in Deutschland erheblich beeinträchtigen – insbesondere in strukturschwächeren Regionen.
„In enger Zusammenarbeit mit anderen Berufsverbänden haben wir in den vergangenen Monaten transparent dargestellt, was an dem Beschluss zur Laborreform falsch ist und warum diese Beschlussfassung die Wirtschaftlichkeit der Facharztlabore in Deutschland und damit auch die Patientenversorgung gefährdet. Gleichzeitig haben wir umfangreiche Verbesserungs- und Anpassungsvorschläge gemacht, die bisher von der KBV und den Kassenärztlichen Vereinigungen weitgehend ignoriert wurden. Es wird den Laboren entgegengehalten, dass es keine Änderungen an den Beschlüssen geben werde, solange nicht die Patientenversorgung negativ betroffen sei. Dabei ist insbesondere die willkürliche Absenkung der Mindestquote für das Honorar der ärztlichen Arbeit, der Kosten für die Laboruntersuchungen und der gerade erst neu eingeführten Pauschalen – etwa für das Entnahmematerial und die Bereitstellung von IT-Systemen zur Auftrags- und Befundkommunikation – sowie die erhöhten Pauschalen für die Transportkosten auf 85 Prozent inakzeptabel. Warum muss das Kind erst in den Brunnen fallen?“, fragt Dr. Michael Müller, Erster Vorsitzender des ALM e.V.
Honorarverteilung: Kleine Fachgruppen benachteiligt
„Aus Sicht der Facharztlabore ist es für die ärztliche Selbstverwaltung besonders beschämend, dass innerärztliche Verteilungsdebatten und -entscheidungen meist zulasten kleiner Fachgruppen getroffen werden, wobei man die Anforderungen an uns für eine bestmögliche Versorgung der Bevölkerung gern noch erhöht“, so Müller weiter.
Die Umsetzung der KBV-Vorgaben mit den Änderungen der Honorarverteilungsmaßstäbe (HVM) durch die Vertreterversammlungen in den KV-Bezirken bereitet den Laboren ebenfalls enorme Sorgen: „Es ist absehbar, dass in es in vielen Fällen zu erheblichen Verwerfungen zwischen den vertragsärztlich tätigen Facharztlaboren kommen wird“, warnt Prof. Dr. Jan Kramer, Stellvertretender Vorsitzender des fachärztlichen Berufsverbandes.
Essenzielle Untersuchungen in Gefahr
„Der Beschluss des Bewertungsausschusses hatte nach Vorstellung der KBV das Ziel der ‚Kostenneutralität‘, das heißt, dass die Facharztlabore nach der Reform ein ähnlich hohes Honorar für Ihre Arbeit erhalten wie zuvor. Wir wissen jedoch inzwischen, dass die Labore, bedingt durch die geänderten HVM in den KVen, weniger, teils drastisch weniger Honorar bekommen werden.“
Einige Kassenärztliche Vereinigungen sind zwar bemüht, die Auswirkungen der Laborreform auf die Labore abzumildern. Dennoch seien die Aufrechterhaltung des aktuellen Leistungsumfangs sowie die gewohnte Servicequalität durch die Facharztlabore in Gefahr. „Die Reduzierung der ausbezahlten ärztlichen Honorare auf die Mindestquote von 85 Prozent stellt eine erhebliche Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz für die niedergelassenen Labore dar“, betont Kramer.
„Ohnehin wird die Liste von Laboruntersuchungen, die seit langem nicht mehr kostendeckend durchgeführt werden können, immer länger. Zwei exemplarische Beispiele sind das mikroskopische Blutbild zur Erkennung einer Leukämie und der HIV-Blot zur Bestätigung eines positiven Verdachts nach einem auffälligen Test. Diese essenziellen Untersuchungen dürfen durch Honorarpolitik keinesfalls gefährdet werden“, so Kramer abschließend.
Folgen in der Patientenversorgung
„In der Coronapandemie hat man die rasche und effiziente Leistungsfähigkeit der deutschen Labore gesehen und bejubelt. Diese hohe Leistungsfähigkeit wird durch die Laborreform drastisch eingeschränkt, und viele Labore werden aus wirtschaftlichen Gründen gezwungen sein, ihr gewohnt qualitativ hochwertiges Leistungsangebot angesichts steigender Kosten deutlich zu reduzieren. Betroffen sind unter anderem die Probenlogistik, die Analysenfrequenz, das zeitnahe Leistungsangebot und die Weiterentwicklung der Diagnostik. Dies führt zu verzögerten Diagnosestellungen, beispielsweise bei akuten Infektionen, und verhindert Innovationen im Fachgebiet zur schnelleren Diagnosefindung. Dadurch verschlechtert sich zwangsläufig die Versorgungsqualität für Patienten durch Fehldiagnosen im ambulanten und dem ambulant-stationären Bereich“, fasst Dr. Dr. Thomas Fenner, stellvertretender Vorsitzender des BÄMI e.V., zusammen.