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Membranprotein bewahrt vor zellulärem Stress

Den Forschern war es möglich die Oberflächenstrukturen von Zellmembranen zu analysieren. © Design Cells / iStock / Getty Images Plus

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Schutzmechanismus: Membranprotein bewahrt vor zellulärem Stress

Eine Gruppe von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern von der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) hat einen Schutzmechanismus aufgedeckt, der bei Cyanobakterien und in den Chloroplasten von Pflanzenzellen abläuft. Ringförmige Proteinkomplexe lagern sich dabei an die Zellmembran an und lösen sich auf. Die einzelnen „freigelassenen“ Proteine breiten sich dann wie ein Teppich auf der Membranoberfläche aus.

„Mit diesem Schutzschild können sich die Bakterien oder Chloroplasten gegen Stress, der besonderes die Membranen betrifft, verteidigen“, sagt Prof. Dr. Dirk Schneider, Leiter der Abteilung Membranbiochemie im Department Chemie der JGU. Der Biochemiker hat mit seinem Team das Protein IM30 untersucht – das Innere Membranprotein mit einer Masse von etwa 30 Kilo-Dalton.

Bereits in früheren Studien konnte gezeigt werden, dass das Protein IM30 in Photosynthesezellen an der Bildung und Erhaltung des Membransystems beteiligt ist. Ohne IM30 kommt es zu einem Rückgang der Anzahl an Thylakoidmembranen, in denen die Lichtreaktion der Photosynthese abläuft, und schließlich zum Tod der Zelle.

Der bislang unbekannte Mechanismus der Membranstabilisierung konnte nun im Detail beobachtet und aufgeschlüsselt werden. „Wir wussten, dass IM30 mit Stress zu tun hat. Aber wir wussten nicht, wie diese Proteine es schaffen, die Zellen auf molekularer Ebene zu schützen“, erklärt Schneider den Ausgangspunkt der Untersuchungen.

Beobachtungen durch das Rasterkraftmikroskop

Das Rätsel wurde durch die Zusammenarbeit von Biochemie und Biophysik, insbesondere mit Prof. Dr. Stefan Weber vom Max-Planck-Institut für Polymerforschung und Prof. Dr. Eva Wolf vom Institut für Molekulare Biologie (IMB), gelöst. Mithilfe der Rasterkraftmikroskopie konnten die Forschenden beobachten, wie sich die Ringstrukturen auflösen und Teppiche bilden.

„Wir konnten so zum ersten Mal diese schönen Strukturen auf der Oberfläche von Membranen sehen“, so Schneider. IM30 gehört zu den intrinsisch ungeordneten Proteinen, eine Gruppe von Proteinen, die in den letzten Jahren immer stärker in den Fokus der Wissenschaft rückt.

Wenn IM30 an die Membran bindet, entfaltet es sich zur Hälfte – was die Untersuchung besonders schwierig macht. Das traditionelle Verständnis von Proteinen ging davon aus, dass ihre Funktion mit der Struktur in Verbindung steht und dass ungeordnete Strukturen mehr oder weniger keine Funktion übernehmen.

Studie deckt Rätsel auf

„Jetzt zeigt sich immer mehr, dass diese ungeordneten Proteinabschnitte durchaus an Interaktionen beteiligt sind“, so Schneider zur Einordnung der Ergebnisse in den größeren Zusammenhang. Die Studie beschreibt damit die bislang rätselhafte strukturelle Basis für die physiologische Funktion von IM30 und verwandten Proteinen, darunter auch das Phagen-Shock-Protein A, Hauptvertreter der Proteingruppe, zu der auch IM30 gehört.

„Die Studie wirft damit ein Schlaglicht auf das bisher unerkannte Konzept der Membranstabilisierung durch intrinsisch ungeordnete Proteine“, schreiben die Autoren in einer Veröffentlichung. Zwar wurde die Selbstorganisation von Proteinen auf Membranoberflächen, die in membranbedeckenden Proteinstrukturen resultiert, bereits früher beobachtet, zum Beispiel bei der Alzheimer-Krankheit oder Parkinson. In diesen Fällen ist die Folge allerdings eine Membran-Destabilisierung. Im Gegensatz dazu erhält der schützende Proteinteppich von IM30 die Integrität der Membran.

„Unsere Entdeckung beantwortet nun die Frage, wie das Protein die Membran schützt. Dadurch werden neue Fragen aufgeworfen, zum Beispiel wie die kleinen Proteine auf dem Teppich interagieren“, sagt Schneider zu den nun geplanten Arbeiten.

Quelle: Johannes Gutenberg-Universität Mainz


Originalpublikation: Benedikt Junglas et al.; IM30 IDPs form a membrane protective carpet upon super-complex disassembly; Communications Biology, 2020; DOI: 10.1038/s42003-020-01314-4

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