Antigene sind Fremdkörper, die eine Immunreaktion auslösen. Sobald sie in den Organismus eingedrungen sind, bilden sich Antikörper, die chemische Bindungen mit den Antigenen eingehen und diese im Idealfall unschädlich machen. Antikörper, die von identischen Immunzellen produziert werden, werden als monoklonal bezeichnet.
Sie werden in der medizinischen Forschung und Diagnostik häufig als Detektoren für Infektionen, zur Früherkennung von Krebs oder bei Schwangerschaftstests eingesetzt. Forschungsarbeiten der letzten Jahre haben jedoch gezeigt, dass die Verfahren zur Produktion monoklonaler Antikörper erhebliche Nachteile mit sich bringen: Bis heute werden zahlreiche Antikörper hergestellt, die auch an Teilstrukturen anderer Antigene binden können.
Folglich sind sie ungeeignet, um mit Gewissheit das Vorhandensein eines bestimmten Krankheitserregers diagnostizieren zu können. Zudem bleiben die molekularen Strukturen der hergestellten Antikörper im Detail oftmals undokumentiert.
Entwicklung neuartiger und zugleich kostengünstiger Moleküle
Hier setzt ein europäisches Forschungsvorhaben an, in dem Forschergruppen der Universität Bayreuth, der Aston University in Birmingham und der Universität Zürich zusammenarbeiten. Das neue Projekt mit dem Namen „PRe-ART“ wird seitens der Universität Bayreuth von Prof. Dr. Birte Höcker am Lehrstuhl für Biochemie koordiniert.
Das Ziel ist die Entwicklung neuartiger und zugleich kostengünstiger Moleküle, die im Bereich der medizinischen Diagnostik und in der Forschung alle Aufgaben übernehmen, für die man bisher monoklonale Antikörper eingesetzt hat. Diese Moleküle sollen hinsichtlich ihrer Strukturen vollständig definiert sein und sehr viel zielgenauer arbeiten als die Antikörper.
Insbesondere sollen sie das Vorhandensein spezieller Antigene absolut zuverlässig anzeigen. Ausgangspunkt des Vorhabens sind modular aufgebaute Proteine. Jedes Modul eines solchen Proteins ist in der Lage, in einem Antigen zwei benachbarte Aminosäuren zu erkennen und daran anzudocken. Bildlich gesprochen: Jedes Proteinmodul enthält Schlüssellöcher, in welche sich ein Abschnitt des Antigens mit seinen schlüsselartigen Bindungsstellen einfügt.
Bisher verwendete monoklonale Antikörper ersetzen
Entscheidend ist dabei, dass jedes Antigen eine Sequenz darstellt, die sich aus einer Vielzahl solcher Abschnitte zusammensetzt. Die Forscher in Bayreuth, Birmingham und Zürich wollen nun eine Vielzahl unterschiedlicher Proteine herstellen, die an bekannte Antigen-Sequenzen andocken.
Geplant ist ein Baukastensystem, das es ermöglicht, diese Proteinmodule wie Legosteine zu größeren Molekülen zusammenzusetzen. Es sind diese größeren Proteine, die eines Tages die bisher verwendeten monoklonalen Antikörper ersetzen sollen.
„Mit diesem Baukastensystem werden wir von vornherein wesentliche Nachteile vermeiden können, die mit den bisherigen industriellen Verfahren zur Antikörper-Herstellung verbunden sind. Die neuen Proteine werden im Organismus wie treffsichere Sonden agieren und spezielle Antigene zuverlässig anzeigen können. Sowohl für die Forschung, beispielsweise zur Entstehung von Infektionen oder Allergien, als auch für die medizinische Diagnostik eröffnen sich damit völlig neue Möglichkeiten“, erklärt Prof. Dr. Birte Höcker und ergänzt: „Seit dieses Vorhaben im Herbst 2017 gestartet ist, haben wir dank der engen Kooperation unserer drei Forschungsgruppen bereits Fortschritte erreichen können.“
Quelle: Universität Bayreuth