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Neue Wege in der Impfstoffentwicklung

Mit künstlicher Intelligenz soll die Vorhersage der Immunantwort nach der Impfung verbessert werden. © Esben H / iStock / Getty Images

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Weniger Tierversuche: Neue Wege in der Impfstoffentwicklung

Das INSPIRE-Team am Universitätsklinikum Jena arbeitet im Inno4Vac-Verbund an neuartigen Modellen für die Wirksamkeitstestung neuer Impfstoffe. Die Jenaer Gruppe wird an Infektionsmodellen des menschlichen Darms und der Lunge arbeiten, in denen sich auch die Interaktion mit Immunzellen untersuchen lässt. Langfristig sollen diese zur Verringerung der Tierversuche beitragen.

Impfungen sind eine der wirksamsten medizinischen Vorsorgemaßnahmen in der Geschichte, weltweit retten sie jedes Jahr das Leben von schätzungsweise 2,5 Millionen Menschen und schützen weitere Millionen vor Krankheiten und Behinderungen. Doch die klassische Impfstoffforschung und ‑entwicklung ist zeit- und kostenaufwändig: Im Durchschnitt dauert es mehr als zehn Jahre und kostet mehr als 800 Millionen Euro, einen neuen Impfstoff auf den Markt zu bringen.

Die beschleunigte Entwicklung von COVID-Impfstoffen hat gezeigt, dass Anwendung biomedizinischer und datenwissenschaftlicher Innovationen entscheidend zur Eröffnung neuer Wege für die Impfstoffentwicklung beitragen kann. Der jetzt gestartete Inno4Vac-Verbund will diese Innovationen gezielt beschleunigen.

Ein Partner ist die INSPIRE-Arbeitsgruppe geleitet von PD Dr. Alexander Mosig am Institut für Biochemie II des Universitätsklinikums Jena. Das Team nutzt Stammzellen zur Entwicklung physiologischer Modelle menschlicher Organe, die auch die Interaktion mit Immunzellen nachbilden können.

Vorhersagen der Immunantwort erleichtern

Im Inno4Vac-Verbund wird es an einem dreidimensionalen in-vitro-Modell für den menschlichen Darm und die Nachbildung von Infektion mit Noroviren und dem Bakterium Clostridium difficile im Labor arbeiten. Entsprechende Untersuchungen sind auch für die Lunge und Atemwegsinfektionen, unter anderem mit Influenzaviren, geplant.

„Dafür genügt die Organfunktion auf dem Biochip nicht, für die Infektion müssen sich die Erreger im Testsystem vermehren können, eine Immunantwort auslösen und die typischen Zell- und Gewebeschäden hervorrufen“, so Alexander Mosig. Diese Infektionsmodelle sollen Vorhersagen der Immunantwort erleichtern und die Bewertung der Impfstoffwirksamkeit ermöglichen.

Alexander Mosig: „Die Infektionsmodelle mit humanen Zellen sollen für die präklinische Testung bestehender und künftiger Impfkonzepte genutzt werden und langfristig auch zur Verringerung der nötigen Tierversuche beitragen.“ Das Jenaer Team in dem auf insgesamt fünf Jahre angelegten Verbundprojekt wird mit etwa 800.000 Euro gefördert. In seinem Projektteil wird es vor allem mit Partnern in Tübingen, Nottingham und Utrecht zusammenarbeiten.

41 Partnern aus elf europäischen Ländern

Neben den biologischen Systemen wird der Verbund auch mathematische Modelle entwickeln. Computersimulationen sollen mit Hilfe künstlicher Intelligenz die bessere Vorhersage der Immunantwort und der Wirksamkeit von Impfstoffen ermöglichen.

Eine modular aufgebaute Rechnerplattform soll zum Einsatz kommen, um die Herstellung von Impfstoffen und Stabilitätstests zu modellieren. Gemeinsames Ziel des Inno4Vac-Verbundes ist es, Testmodelle zur besseren Beurteilung der Leistungsfähigkeit von Impfstoffen zu entwickeln und damit die Entwicklung neuer Impfstoffe zu beschleunigen.

Koordiniert wird Inno4vac von der Europäischen Impfstoffinitiative; um die wissenschaftliche Koordination kümmert sich die italienische Sclavo Vaccines Association. Die europaweite öffentlich-privaten Partnerschaft mit 41 Partnern aus elf europäischen Ländern, darunter 37 akademische Einrichtungen sowie diverse Unternehmen wie GlaxoSmithKline, Sanofi Pasteur, CureVac und Takeda ist mit mehr als 33 Millionen Euro von der Innovative Medicines Initiative 2 (IMI2) ausgestattet.

Quelle: Universitätsklinikum Jena


Weitere Informationen: https://www.imi.europa.eu/projects-results/project-factsheets/inno4vac

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