Branche
on
Neuer Mechanismus zur Regulation entdeckt

Der Aktivierung von T-Helferzellen und der darauffolgenden Immunantwort liegt ein komplexes Signal-Netzwerk zugrunde. © selvanegra / iStock / Thinkstock

| | | | |

Immunantwort: Neuer Mechanismus zur Regulation entdeckt

Die T-Zell-Aktivierung ist ein entscheidender Schritt für das Funktionieren des Immunsystems. Ein internationales Forscherteam hat wesentlich zu einem besseren Verständnis des zugrundeliegenden regulatorischen Netzwerks beigetragen. Der Lübecker Immunologe Professor Jörg Köhl ist Co-Autor der jetzt veröffentlichten Erkenntnisse.

Prof. Dr. Jörg Köhl © privatCo-Autor Prof. Dr. Jörg Köhl, Exzellenzcluster Entzündungsforschung und Institut für Systemische Entzündungsforschung an der Universität zu Lübeck. © privat

T-Helferzellen sind die Spezialisten des Immunsystems, die dem angeborenen Immunsystem helfen, krankmachende Mikroorganismen wie Bakterien oder Viren zu erkennen und zu vernichten. Dazu müssen sie zunächst aktiviert werden. Der Aktivierung von T-Helferzellen und der darauffolgenden Immunantwort liegt ein komplexes Signal-Netzwerk zugrunde. Daran beteiligt sind auch Komplementsystem und Inflammasom, die zum angeborenen Immunsystem zählen. Ihr Beitrag für die Regulation der Immunantwort ist sehr viel bedeutender, als bislang angenommen.

Das belegen die jetzt veröffentlichten Ergebnisse einer internationalen Kooperation unter Leitung von Prof. Claudia Kemper (Kings College, London). Co-Autor ist Prof. Jörg Köhl, Vorstandsmitglied im Exzellenzcluster „Entzündungsforschung“ und Direktor des Instituts für Systemische Entzündungsforschung an der Universität zu Lübeck. So konnten die Wissenschaftler aus Großbritannien, den USA und Deutschland erstmals überhaupt nachweisen, dass auch humane T-Zellen, also Zellen des erworbenen Immunsystems, über ein funktionelles Inflammasom verfügen.

Bisher ging man davon aus, dass der als Inflammasom bezeichnete Proteinkomplex nur in Zellen des angeborenen Immunsystems wie zum Beispiel Makrophagen oder dendritischen Zellen aktiv ist und z. B. nach Erkennung von Bakterien zur Freisetzung des pro-entzündlichen Zytokins Interleukin (IL)-1β führt. „Wir haben aber nicht nur entdeckt, dass das Inflammasom in humanen T-Zellen aktiviert wird, sondern auch welche wichtige Funktion die Aktivierung des Inflammasoms dort erfüllt", so Köhl.

„Es ist entscheidend für die Differenzierung der T-Helferzellen zu sogenannten Th1-Zellen, die in großen Mengen das Zytokin Interferon (IFN-γ) ausschütten.“ Aktivierte T-Zellen können sich bekanntlich in verschiedene Subtypen mit unterschiedlichen Spezialaufgaben differenzieren. Th1-Zellen geben mit Ausschüttung von IFN-γ das Signal an Fresszellen des angeborenen Immunsystems zum Abtöten von intrazellulären Erregern wie Mykobakterien oder Parasiten.

Untersuchungen mit humanen T-Helferzellen

Eine weitere Neuentdeckung, über die das internationale Team berichtet, betrifft die Regulation der Inflammasom-Aktivierung in T-Helferzellen. Hierbei spielt das Komplementsystem und insbesondere die Komplementproteine C3 und C5 eine Rolle. Zunächst führt die Aktivierung der T-Helferzellen zur Produktion von C3 und C5 in diesen Zellen. Dadurch werden über mehrere Schritte reaktive Sauerstoffmoleküle gebildet, die letztlich zur Aktivierung des Inflammasoms mit nachfolgender Freisetzung des pro-entzündlichen Zytokins Interleukin (IL)-1β führen.

Die immunologischen Vorgänge wurden in Zellkulturstudien erforscht und anschließend in Tiermodellen für Kolitis und Virusinfektion geprüft. Köhl: „Für die Untersuchungen wurden humane T-Helferzellen von Probanden und später auch von Patienten isoliert, die einen Defekt in einem Teil des Inflammasoms haben.“ Dabei entdeckten die Forscher auch, dass Mutationen, die das Inflammasom betreffen, zu hyperaktiven Th1-Zellen mit verstärkter IFN-γ Produktion führen können.

In einem Virus-Infektionsmodell ging eine verminderte Inflammasom-Aktivierung in T-Helferzellen mit einer verminderten IFN-γ Produktion einher. Im experimentellen Kolitis-Modell führte die Inflammasom-Defizienz zur unkontrollierten Infiltration mit T-Helferzellen und massiver Verstärkung der Kolitis. Folgendes Fazit zieht der Lübecker Entzündungsforscher: Die Interaktion von intrazellulär aktiviertem Komplement und Inflammasom ist von fundamentaler Bedeutung für die Differenzierung von IFN-γ produzierenden Th1-Zellen.

Komponenten und Aktivierungswege, die bisher vor allem dem angeborenen Immunsystem zugeschrieben wurden, sind auch im erworbenen Immunsystem aktiv. Und beide Systeme sind stärker miteinander verknüpft als bisher angenommen. Diese Befunde eröffnen neue Therapieoptionen. Die Komplement-Inflammasom-Achse ist eine potenzielle therapeutische Zielstruktur, um die Th1-Antwort bei Infektionen und Autoimmunerkrankungen zu modulieren.

Quelle: Exzellenzcluster Entzündungsforschung


Originalpublikation: G. Arbore et al.; T helper 2 immunity requires complement-driven, NLRP3 inflammasome activity in CD4+ T cell; Science, 2016; DOI: 10.1126/science.aad1210

Newsletter abonnieren

Newsletter Icon MTA Blau 250x250px

Erhalten Sie die wichtigsten MT-News und Top-Jobs bequem und kostenlos per E-Mail.

Mehr zum Thema

Spitzmaus
Varizella-zoster-Viren

Das könnte Sie auch interessieren

MRT
Tampon
Spitzmaus