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Neues Diagnostikverfahren soll Sterblichkeitsrate senken

Bei einer Blutvergiftung ist die Zeit der entscheidende Faktor, um zügig helfen zu können. © Dr. Matthias Gründling / UMG

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Sepsis: Neues Diagnostikverfahren soll Sterblichkeitsrate senken

Die Blutvergiftung ist weltweit die häufigste Todesursache infolge einer Infektion. In der Universitäts- und Hansestadt konnte nachgewiesen werden, dass mit konkreten Maßnahmen auch die Sterblichkeit deutlich gesenkt werden kann und sich die Heilungschancen verbessern. Greifswalder Wissenschaftler testen nun ein neues Diagnostikverfahren, bei dem die Sepsiserreger schon nach sechs statt nach 48 Stunden im Blut nachgewiesen werden können.

Allein in Deutschland erkranken nach Daten des Kompetenznetzwerkes SepNet jährlich ca. 154 000 Patienten. Etwa 56 000 überleben die Erkrankung nicht. Weltweit erkranken jährlich etwa 50 Millionen Menschen an einer Blutvergiftung. In den vergangenen Jahren wurden zwar durch die Einführung einfacher und standardisierter Richtlinien Verbesserungen bei der Behandlung der Erkrankung erzielt, trotzdem weist die internationale Entwicklung eine zunehmende Tendenz bei der Verbreitung der Sepsis auf.

Eine Blutvergiftung tarnt sich oftmals als Begleiterscheinung einer anderen Erkrankung oder Operation und wird deshalb zu spät erkannt. Die Sepsis ist die aggressivste Form einer Infektion, hervorgerufen durch Mikroorganismen wie Bakterien oder Pilze und deren Gifte. Innerhalb weniger Stunden weisen alle lebenswichtigen Organe des Menschen durch außer Kontrolle geratene Entzündungsreaktionen Störungen auf und drohen zu versagen.

Der Tod kommt quasi im Zeitraffer. Frühe und oft im Krankenhausalltag verkannte Symptome einer Sepsis, gerade bei älteren Patienten, sind hohes Fieber, beschleunigte Atmung, schnellerer Herzschlag, niedriger Blutdruck und nachlassende Urinausscheidung sowie sehr häufig Verwirrtheit.

Höchste Überlebensquote bei Sepsis

Medizinisches Fachpersonal am Patienten © Dr. Matthias Gründling / UMGIn einer wissenschaftlichen Studie sollen die neuen Diagnoseschnellverfahren auf ihre Praxistauglichkeit untersucht werden. © Dr. Matthias Gründling / UMG

Greifswalder Forschern des Sepsisdialoges, eines Qualitätsprojektes zu Verbesserung der Vorbeugung, Diagnostik und Behandlung der Sepsis an der Universitätsmedizin Greifswald, ist es gelungen, die Krankenhaussterblichkeit von schweren Verlaufsformen (schwere Sepsis, septischer Schock) in den vergangenen 7,5 Jahren von 61,1 Prozent auf 40,2 Prozent zu reduzieren und somit mehr als 300 Patienten das Leben zu retten.

„Durch intensive Schulungsprogramme zur Früherkennung, mit einem PC-Programm zur Schnellauswertung von Laborwerten und eine zügige Erstbehandlung septischer Patienten konnte das Sepsis-Notfallmanagement Schritt für Schritt optimiert werden“, sagte Projektleiter Dr. Matthias Gründling von der Klinik für Anästhesiologie. „Unsere Patienten erhalten eine schnellere mikrobiologische Diagnostik, die richtigen Antibiotika werden zügiger verabreicht und die Organfunktionen der Patienten somit rascher stabilisiert. Wir liegen mit diesen Ergebnissen an der Spitze im bundesweiten Vergleich.“

Eine aktuelle Auswertung von Abrechnungsdaten für die Krankenkassen aus dem ersten Quartal 2016 (Quelle: Deutsche Qualitätsbündnis Sepsis – icosmos) zeigt, dass die Krankenhaussterblichkeit mit 31 Prozent in Greifswald deutlich geringer ausfällt als in den anderen teilnehmenden deutschen Kliniken (44 Prozent).

„Diese in Deutschland einmaligen Ergebnisse sind nur durch das langjährige gemeinsame Engagement von Pflegekräften, Ärzten, Hygienikern und Mikrobiologen möglich geworden“, betonte der Direktor der Klinik für Anästhesiologie, Prof. Klaus Hahnenkamp. „Darauf wollen wir uns jedoch nicht ausruhen, sondern weitere Verbesserungen erarbeiten“, so Hahnenkamp.

Ein gewaltiger Zeitgewinn

Wesentlich für den Erfolg der Behandlung bei einer Blutvergiftung ist die gezielte und zügige Therapie von Sepsispatienten mit Antibiotika. Um dieses zu ermöglichen, werden den Betroffenen Blutproben entnommen (Blutkulturen) und in speziellen Brutschränken bei 37 °C untersucht. Wenn in einer Blutkultur Bakterien wachsen, dann schließen sich weitere Untersuchungen an, die in der Regel nach etwa 48 Stunden vorliegen und genaue Auskunft über den Erreger und dessen Empfindlichkeit gegenüber Antibiotika geben.

„Im Greifswalder Team des Sepsisdialoges werden nun neueste Techniken eingesetzt (Accelerate Pheno™ System, Accelerate Diagnostics, Inc. USA und Univero-System, Curetis GmbH, Deutschland), die es ermöglichen, diese Ergebnisse bereits nach vier bis sechs Stunden zu erhalten“, erläuterte Dr. Matthias Gründling. „Für die Patienten bedeutet dieser Zeitgewinn, dass die Sepsiserreger noch schneller und effektiver bekämpft werden können. Bei Sepsis kommt es auf jede Stunde an.“

„Die neuen Diagnostikverfahren sollen im Rahmen einer wissenschaftlichen Studie in Greifswald erstmals für Patienten auf der Intensivstation und in der internistischen Notaufnahme eingesetzt werden“, kündigte Prof. Markus M. Lerch, Direktor der Klinik und Poliklinik für Innere Medizin A, an.

„Wir setzen große Erwartungen in die schnellen Diagnoseverfahren, die die bisherige positive Entwicklung noch weiter befördern sollen. Es kommt immer darauf an, sowohl den medizinischen Notfall einer Blutvergiftung möglichst frühzeitig zu erkennen als auch sofort entsprechend zu handeln. Jeder Zeitgewinn ist dabei kostbar. Dieses konsequente Vorgehen rettet, wie die bisherigen Greifswalder Ergebnisse eindrucksvoll belegen, vielen Sepsiskranken das Leben.“

Quelle: idw – Informationsdienst Wissenschaft

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