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Orientierungssinn der Bakterien

Sich teilende Zelle von Magnetospirillum gryphiswaldense mit Magnetitkristallen. © Frank Mickoleit / Universität Bayreuth

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Mikrobe des Jahres: Orientierungssinn der Bakterien

Magnetische Bakterien leben in Tümpeln und Meeren. Eine Kette winziger Magnete hilft ihnen bei der Orientierung im Wasser. Faszinierende Studien an Magnetospirillum liefern Grundlagen für die Erforschung des Magnetsinns bei Tieren und dienen als Modell für die Biosynthese kleiner Organellen.

Ein magnetisches Bakterium? Mit dieser Entdeckung stieß der Italiener Salvatore Bellini 1963 auf Unglauben. Doch mit der Verbreitung des Elektronenmikroskops bestätigte Richard Blakemore zwölf Jahre später seine faszinierenden Beobachtungen: In Schlammproben sah er Mikroorganismen mit Ketten magnetischer Kristalle.

Sie richten sich wie eine Kompassnadel im magnetischen Feld aus. Spezielle Enzyme transportieren Eisenionen aus der Umgebung in die Bakterienzelle. Es bilden sich Ketten aus 15 bis 30 Eisenoxid-Kristallen, die zusammen als Magnet wirken.

Ein Zellskelett aus langen Proteinfäden, ähnlich aufgebaut wie unsere Muskeln, hält die Kristalle in der Zellmitte und sortiert sie bei der Zellteilung gleichmäßig. Zusammen mit einem Sauerstoffsensor orientieren sich die Bakterien so im Wasser: Sie suchen gezielt Schichten mit dem für sie geeigneten geringen Sauerstoffgehalt auf.

Möglichkeiten für Biotechnologie und Medizin

Zellen © S.Borg / A.LohßeZellen von Magnetospirillum gryphiswaldense mit überaktiven Genen für die Synthese der Magnetosomen. Es bildet sich mehr als doppelt so viele und größere Magnetosomenkristalle. © S.Borg / A.Lohße

Die magnetischen Pole der Erde helfen ihnen, sich in der richtigen Wassertiefe auszurichten. Dank der detaillierten Erkenntnisse zur Biosynthese und Funktion der Magnetosomen gilt Magnetospirillum mittlerweile als wichtiger Modellorganismus für die Bildung bakterieller Organellen. Für Biotechnologie und Medizin bietet Magnetospirillum zudem faszinierende Möglichkeiten.

Die winzigen Magnete haben eine einheitliche Größe, Form und hohe Magnetisierung, die synthetische Nanopartikel nicht erreichen. Fremde Moleküle, gekoppelt an die Magnetosomenpartikel können ihnen zusätzliche nützliche Eigenschaften verleihen. In Laborversuchen übertreffen isolierte Magnetosomen die Wirksamkeit kommerzieller magnetischer Kontrastmittel deutlich, dies macht sie für die Magnetresonanztomographie (MRT) oder Bildgebungsverfahren in Forschung und medizinischer Diagnostik interessant.

Magnetosomen erzeugen zudem in Zellen oder Geweben Wärme, wenn ein starkes Magnetfeld angelegt wird, in Tierversuchen ließen sich damit Tumoren verkleinern. Forscher konnten den kompletten Biosyntheseweg aus Magnetospirillum in fremde Bakterien übertragen. So lassen sich möglicherweise Zellen künstlich magnetisieren und entsprechend „steuern“.

Quelle: Verband Biologie, Biowissenschaften und Biomedizin in Deutschland e.V.

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