Branche
on
Animierte Darstellung der Zellteilung.

Fehlerhafte oder unkontrollierte Zellteilung kann zu Erkrankungen wie Krebs führen. © anusorn nakdee / iStock / Getty Images Plus

| |

Molekularer Schalter: Plk1 sorgt für das richtige Timing beim Start der Zellteilung

Rund 100 Zellen teilen sich jede Sekunde in unserem Körper. Ein Schlüsselprotein in der Zellteilung ist Polo-like Kinase 1, kurz Plk1, denn es aktiviert weitere an diesem Prozess beteiligte Proteine. Auch in vielen Krebsarten wird Plk1 vermehrt produziert. Daher ist das Protein ein vielversprechender Angriffspunkt für Krebstherapien. Wirkstoffe, die Plk1 hemmen, erwiesen sich allerdings bisher häufig als wenig wirksam. Peter Lenart und Monica Gobran entdeckten eine bisher unbekannte Funktion des Plk1: Es steuert, dass Zellen rechtzeitig beginnen, sich zu teilen.

Durch Zellteilung entwickelt sich aus einer einzigen befruchteten Eizelle ein Lebewesen, erneuert sich unsere Haut oder heilen Wunden. Vor jeder Zellteilung, Mitose genannt, muss die genetische Information zunächst verdoppelt werden. Dadurch erhält jedes Chromosom in der teilungsbereiten Zelle zwei Kopien an genetischer Information. Einmal gestartet, durchläuft die Zellteilung im Normalfall alle Stadien, bis zwei genetisch identische Tochterzellen entstehen.

Dabei werden die Chromosomen mithilfe von molekularen „Zugseilen“ – dem sogenannten Spindelapparat – mit den Polen der Zelle verbunden, nebeneinander ausgerichtet und schließlich an die entgegengesetzten Zellpole gezogen. Zwischen den räumlich getrennten Chromosomensätzen wird dann die Zelle geteilt. Eine fehlerhafte oder unkontrollierte Zellteilung kann schwerwiegende Folgen haben: Sie kann zu Erkrankungen wie beispielsweise Krebs führen.

Plk1 und Zellteilung

Plk1 spielt eine zentrale Rolle in diesem Regulationsprozess. Es aktiviert weitere an der Zellteilung beteiligte Proteine, indem es ihnen ein molekulares Etikett, einen sogenannten Phosphatrest, anhängt. Seine genaue Funktion in der frühen Phase der Zellteilung war in der Forschung jedoch umstritten.

„Bisherige Forschungsergebnisse ließen vermuten, dass Plk1 unentbehrlich ist, damit sich Zellen überhaupt zu teilen beginnen“, sagt Peter Lenart, der am Max-Planck-Institut (MPI) für Multidisziplinäre Naturwissenschaften die Forschungsgruppe Dynamik des Zellskeletts in Oozyten leitet.

Rechtzeitiges Timing der Zellteilung

Seine Gruppe hat nun herausgefunden, dass Plk1 für den Start der Zellteilung nicht zwingend notwendig ist. „Vielmehr sorgt es als molekularer Schalter dafür, dass Zellen rechtzeitig mit ihrer Teilung beginnen. Plk1 ist entscheidend für das richtige Timing“, berichtet der Zellbiologe.

Hemmten die Forschenden Plk1 in lebenden Zellen, verharrten die Zellen bis zu 10 Stunden in der sogenannten Prophase der Mitose – normalerweise dauert diese nur etwa 15 Minuten. In dieser Phase bereitet sich die Zelle auf die Zellteilung vor, indem sich die Chromosomen verdichten, fachsprachlich „kondensieren“.

„Ein Schlüsselmoment im Labor war, als wir nach vielen Stunden plötzlich beobachteten, wie die Chromosomen kondensierten und die Zelle ihren Teilungszyklus fortsetzte“, berichtet Gobran, Erstautorin der jetzt im EMBO Journal veröffentlichten Studie.

Entscheidend für diese Beobachtung war ein neues Mikroskopieverfahren, das Gobran entwickelt hat. Der Doktorandin gelang es, hunderte lebender Zellen über einen Zeitraum von 24 Stunden dabei zu beobachten, wie sie während des Zellteilungszyklus ihre Chromosomen kondensieren.

Individuelle Zellteilung

Weitere wichtige Erkenntnisse der Molekularbiologin: Zellen teilen sich sehr individuell, selbst wenn sie demselben Zelltyp angehören. „Manche Zellen hinken im Zellzyklus hinterher, andere fangen gar nicht erst an, sich zu teilen.“ Auch auf das gehemmte Protein reagierten einzelne Zellen sehr unterschiedlich, wie Lenart ergänzt: „So wurde bisher übersehen, dass die Zellteilung auch ohne Plk1 beginnt, nur später als normal.“

Unterstützt von ihrem Teamkollegen Antonio Politi konnten die Forschenden dieses variable Verhalten der Zellen mithilfe mathematischer Modellierungen reproduzieren und dadurch erklären, wie Plk1 als Katalysator für den Start der Zellteilung wirkt.

Prophase gezielt untersuchen

In Kooperation mit den Expert*innen für Massenspektrometrie sowie Datenanalyse und Biostatistik am Institut, Henning Urlaub und Juliane Liepe, konnte das Team zudem identifizieren, welche Proteine in der frühen Phase mit einer Phosphatgruppe markiert werden.

„Mit diesem methodischen Ansatz steht nun erstmals eine Technik zur Verfügung, mit der wir Zellen in der Prophase vor Start der Zellteilung anhalten können. Diese Phase ist normalerweise sehr kurz und war bisher zellulär und biochemisch schwer zu untersuchen“, erklärt Lenart.

Neue Ansätze für Krebstherapien

Die Erkenntnisse der Forschenden könnten einen neuen Ansatz für zukünftige Krebstherapien liefern. „Wenn man Plk1-Hemmstoffe mit anderen Verbindungen kombiniert, die die Mitose verhindern, könnten sie einen größeren therapeutischen Nutzen haben“, so der Forschungsgruppenleiter.

Ein nächstes Ziel der Forschungsgruppe ist es nun, die Rolle von Plk1 bei der spezialisierten Teilung von Eizellen zu verstehen. Eizellen beim Menschen verbringen Jahrzehnte im Prophase-Zustand.

Quelle: Max-Planck-Institut für Multidisziplinäre Naturwissenschaften


Originalpublikation: Monica Gobran et al.; PLK1 inhibition delays mitotic entry revealing changes to the phosphoproteome of mammalian cells early in division; The EMBO Journal, März 2025, DOI: 10.1038/s44318-025-00400-9

Newsletter abonnieren

Newsletter Icon MTA Blau 250x250px

Erhalten Sie die wichtigsten MT-News und Top-Jobs bequem und kostenlos per E-Mail.

Mehr zum Thema

3D-animierte Darstellung des Bizeps.
3D-animierte Darstellung von Proteinen.

Das könnte Sie auch interessieren

Symbolbild für Epilepsie.
Plaques im Gehirn bei Alzheimer.
Animierte Darstellung der Fettleber in einem menschlichen Körper.