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Symbolbild Blutstropfen.

Forschende haben erste Ergebnisse einer Gentherapiestudie zur Behandlung der Bluterkrankheit Hämophilie A vorgestellt. © Fabian Montano / iStock / Getty Images Plus

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Hämophilie A: Positive Auswirkungen von Gentherapie auf Bluterkrankheit festgestellt

Die Hämophilie A ist die häufigste schwere Form der Bluterkrankheit. Sie betrifft nahezu ausschließlich das männliche Geschlecht. Die Behandlung erfolgt durch regelmäßige intravenöse oder subkutane Substitution des fehlenden Gerinnungsfaktors. Nun wurde eine Gentherapiestudie unter Beteiligung des Universitätsklinikums Bonn (UKB) veröffentlicht, welche das Leben der Hämophiliepatienten grundsätzlich verändern kann.

Bei Patient*innen mit einer Hämophilie A fehlt der Gerinnungsfaktor VIII, früher auch antihämophiles Globulin A genannt, und muss von außen zugeführt werden, damit das Blut gerinnt und die Patient*innen nicht bluten. Kaum eine Patient*innengruppe hat in der Vergangenheit so großes Leid ertragen müssen, wie die Hämophilie-Patient*innen.

In den 70er und 80er wurde zunächst Hepatitis und HIV durch die für die Behandlung aus Plasma hergestellten Medikamente übertragen. Zudem leiden viele Patienten an durch Blutungen hervorgerufenen schweren Gelenkschäden. Bei vielen Patient*innen ist die Lebensqualität durch diese Begleiterkrankungen stark eingeschränkt.

Nun  wurden die Zweijahresdaten der ersten Gentherapie der Hämophilie A veröffentlicht. Die Patient*innen wiesen anschließend im Median eine Faktor VIII-Aktivität von etwa zwölf Prozent auf und lagen damit nur noch im Bereich einer leichten Hämophilie A. Die jährliche Blutungsrate sank um 84,5 Prozent.

Von systemischer zu lokaler Behandlung

Das Bonner Hämophiliezentrum am Universitätsklinikum Bonn (UKB) schloss im Juli 2019 den ersten Patienten in Deutschland ein. Dieser Patient weist jetzt nach inzwischen mehr als dreieinhalb Jahren nach erfolgreicher Gentherapie immer noch eine fast normwertige Faktor-VIII-Aktivität von 60 Prozent auf, also deutlich besser als der Median der Patient*innen in der Studie.

Ein Grund dafür könnte das vergleichsweise frühe Umsetzen von einem systemischen (Prednisolon) auf ein mehr lokal wirkendes Corticosteroid (Budenosid) sein, das dann über weitere sechs Monate zur Immunsuppression gegeben wurde. Eine systemische hochdosierte Cortisontherapie hat über längere Zeiträume hat sehr erhebliche Nebenwirkungen wie Gewichtszunahme, Osteoporose, Diabetes ganz im Gegensatz zu der mehr lokal wirkenden.

Diese Therapieänderung wurde gemeinsam mit der Medizinischen Klinik I (Prof. Christian Straßburg, Prof. Ulrich Spengler) beschlossen, die eine große Erfahrung in der Behandlung von Autoimmunhepatitiden hat.

Freude über positiven Therapieverlauf

Da der Gentherapievektor in die Leber geht und dort der Gerinnungsfaktor VIII produziert wird, könnte hier ein analoger Zusammenhang zu einer Immunhepatitis bestehen. Der Patient ist sehr froh über diesen guten Verlauf der Gentherapie. Er hat seit dreieinhalb Jahren keine Hämophilie A mehr. Selbst eine unfallbedingte Fraktur im Hüftgelenk, ist bei dem Patienten ohne Blutung und ohne Komplikationen ausgeheilt. Besuche beim Zahnarzt sind seit der Gentherapie für den Patienten ohne vorbereitende Maßnahmen möglich.

Prof. Johannes Oldenburg, Direktor des Instituts für Experimentelle Hämatologie und Transfusionsmedizin am UKB, zu dem auch das Hämophiliezentrum gehört, stellt dazu fest: „Der Patient und das gesamte Studienteam freuen sich sehr über den guten Verlauf dieser Gentherapie der Hämophilie A. Die Immunsuppression, die bei 80 bis 90 Prozent der Patienten notwendig ist, kann sicher noch weiter verbessert werden. Unsere Erfahrungen sind ein erster Schritt in diese Richtung.“

Das Hämophilie-Zentrum am Universitätsklinikum Bonn (UKB) ist eines der größten Zentren in Europa. Etwa 15 Prozent der Hämophilie-Patienten in Deutschland werden dort behandelt.

Quelle: Universitätsklinikum Bonn (UKB)


Publikation: Pipe SW et al.; GENEr8-1 Trial Group. Two-Year Outcomes of Valoctocogene Roxaparvovec Therapy for Hemophilia A; N Engl J Med., 2023; doi: 10.1056/NEJMoa2211075

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