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Abbildung von Mitochondrien.

Mitochondrien sind die Kraftwerke unserer Zellen. © CIPhotos / iStock / Getty Images Plus

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Mitochondrien: Proteinstruktur in Zusammenhang mit Energieversorgung des Körpers untersucht

Im Körper ist es wie in der Wirtschaft: Schwächelt die Energieversorgung, hat das gesamte System ein Problem. Im Körper spielt eine Proteinstruktur namens MICOS eine wichtige Rolle. Funktioniert sie nicht richtig, können schwere degenerative und metabolische Krankheiten die Folge sein. Die Funktionsweise von MICOS haben Forschende der Universität des Saarlandes und des Max-Delbrück-Zentrums für Molekulare Medizin nun in einer gemeinsamen Veröffentlichung beschrieben.

Das aktuelle Thema Energieversorgung betrifft nicht nur unsere Gesellschaft und unsere Wirtschaft. Deren komplexes Zusammenspiel gerät in Gefahr, wenn einzelne zentrale Unternehmen oder wichtige Branchen, die Schwierigkeiten bei der Energieversorgung haben, auszufallen drohen. Wenn der Gasversorger schwächelt, kann auch der Bäcker kein Brot backen, vereinfacht ausgedrückt. Ganz ähnlich geht es auch im menschlichen Körper zu.

Den Energieversorgern in unserer Wirtschaft entsprechen im Körper die Mitochondrien, weshalb sie auch gemeinhin als „Kraftwerke der Zellen“ bekannt sind. Innerhalb der Mitochondrien spielen sich komplexe biochemische Prozesse ab, in deren Verlauf die über die Nahrung zugeführte Energie in den körpereigenen Energieträger Adenosintriphosphat (ATP) umgewandelt wird.

Dieses ATP dient dann als „Treibstoff“, mit dem alle Lebensprozesse befeuert werden. Gerät die ATP-Herstellung nun an einer Stelle ins Stocken, kann das gravierende Auswirkungen auf den menschlichen Körper haben, bis hin zu schwerer Krankheit und Tod.

Triebkraft für die ATP-Synthese

Die Bereiche in den Mitochondrien, an welchen die ATP-Synthese vonstatten geht, sind die so genannten Cristae, Ausstülpungen an der Innenmembran von Mitochondrien. „In den Cristae befinden sich molekulare Maschinen, die wie Turbinen wirken und den kontrollierten Strom von Wasserstoff-Ionen als Triebkraft für die ATP-Synthese nutzen“ erklärt Martin van der Laan, Professor für Medizinische Biochemie an der Universität des Saarlandes.

„Dieser elegante Mechanismus kann nur dann funktionieren, wenn die interne Feinstruktur von Mitochondrien und die Ausbildung von Cristae kontinuierlich aufrecht erhalten werden“, führt der Wissenschaftler weiter aus.

Er hat nun mit seinem Team sowie Kolleg*innen des Max-Delbrück-Zentrums für Molekulare Medizin in Berlin-Buch in einer gemeinsamen Veröffentlichung erste Einblicke in den molekulare Aufbau einer großen und kompliziert gebauten Gerüstprotein-Struktur der Cristae gewinnen können.

MICOS-Komponenten und der mitochondriale Energiestoffwechsel

Diese Struktur, das Mitochondrial Contact Site and Cristae Organizing System (MICOS), ist quasi das Eingangstor in die Cristae-Kompartimente. Bestimmte Proteine des MICOS, Mic60 und Mic19, können Membranen verformen, und sie lassen nur ausgewählte Moleküle ein- und austreten, ein „mitochondrialer Türsteher“ sozusagen.

Die Forscher können nun erklären, wie die MICOS-Komponenten Mic60 und Mic19 faserartige Bündel bilden, die sich zu einer molekularen Gewölbestruktur über dem Eingang in die Cristae zusammen lagern. „Dieses Gewölbe ist an der Membran der Mitochondrien elastisch aufgehängt“, erläutert Professor van der Laan. „Das Konstruktionsprinzip gibt wichtige Hinweise darauf, wie MICOS als flexibel regulierbare Schleuse den Zugang zu Cristae und damit den mitochondrialen Energiestoffwechsel kontrollieren könnte.“

Gute Voraussetzung für interdisziplinäre Studien

Möglich machte diesen Durchbruch erst die erfolgreiche Kombination von Erkenntnissen aus der Strukturaufklärung gereinigter und kristallisierter Fragmente von MICOS und der gezielten funktionellen Analyse von gentechnisch veränderten MICOS-Varianten in lebenden Zellen, die in Zusammenarbeit der beteiligten Arbeitsgruppen entstanden sind.

Die bahnbrechenden neuen Erkenntnisse bereiten den Boden für interdisziplinäre Folgestudien, die nun die Bedeutung der hier gezeigten Gewölbestruktur für die Struktur und Funktion der Cristae und für den mitochondrialen Energiestoffwechsel überprüfen und genauer analysieren werden.

„Voraussichtlich führen unsere Untersuchungen zu weiteren wichtigen Beiträgen, die für ein besseres Verständnis von Erkrankungen mit mitochondrialer Fehlfunktion sorgen werden“, blickt Martin van der Laan in die Zukunft.

Quelle: Universität des Saarlandes


Originalpublikation: Daumke, O. et al.; Structural insights into crista junctions formation by the Mic60-Mic19 complex; Science Advances, 2022; doi: 10.1126/sciadv.abo4946

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