Im Fokus stand ein psychologischer Schutzfaktor, der bislang in der Herzmedizin kaum berücksichtigt wurde: die Resilienz – also die Fähigkeit, mit Stress, Krisen und Schicksalsschlägen konstruktiv umzugehen. Die Forschenden nutzten dafür die international etablierte „Brief Resilient Coping Scale“, die misst, wie gut Menschen mit schwierigen Situationen umgehen können.
Die Ergebnisse zeigen: Menschen mit niedriger Resilienz hatten ein um 38 % erhöhtes Risiko, an einer Herz-Kreislauf-Erkrankung zu leiden, und ein um 36 % erhöhtes Risiko, innerhalb eines mittleren Beobachtungszeitraums von viereinhalb Jahren zu versterben – auch dann, wenn andere Risikofaktoren wie Alter, Bluthochdruck oder Rauchen einbezogen wurden. Besonders deutlich war der Zusammenhang bei der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit (pAVK), einer häufig unterschätzten, aber ernsthaften Erkrankung der Beinarterien.
Psychische Stärke als Schutzfaktor
„Unsere Daten suggerieren: Wer psychisch resilient ist, schützt sein Herz. Diese Schutzwirkung ist ähnlich wie bei klassischeren Faktoren wie körperliche Aktivität oder gesunde Ernährung“, sagt Studienleiter Dr. Omar Hahad vom Zentrum für Kardiologie – Kardiologie I der Universitätsmedizin Mainz. Die Ergebnisse könnten wichtige Implikationen für eine moderne Präventionsmedizin liefern, die Körper und Psyche gemeinsam in den Blick nimmt.
Auch aus gesellschaftlicher Perspektive ist das relevant: Resilienz ist nicht nur eine individuelle Fähigkeit, sondern wird auch von sozialen Faktoren wie Bildung, sozialer Unterstützung oder beruflicher Stabilität beeinflusst. Menschen in belastenden Lebenslagen sind daher gleich doppelt gesundheitlich gefährdet – psychisch und körperlich.
Neue Wege in der Prävention
Die Autor:innen der Studie plädieren dafür, psychische Schutzfaktoren künftig systematisch in der kardiologischen Versorgung und Vorsorge zu berücksichtigen – etwa durch Resilienztrainings, psychologische Begleitung bei chronischer Erkrankung oder stärkere Berücksichtigung psychosozialer Belastungen in der Hausarztpraxis.
Solche Maßnahmen könnten insbesondere auch älteren Menschen, Alleinerziehenden oder chronisch Kranken zugutekommen – also Gruppen, die häufig in mehrfacher Hinsicht gesundheitlich benachteiligt sind. Programme wie Achtsamkeitstraining, kognitive Verhaltenstherapie oder soziale Gruppenangebote könnten helfen, die psychische Widerstandskraft zu stärken – und damit das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu senken.
Quelle: Deutsches Zentrum für Herz-Kreislauf-Forschung e.V.
Originalpublikation: Omar Hahad et al.; Psychological resilience, cardiovascular disease, and mortality – Insights from the German Gutenberg Health Study; Journal of Psychosomatic Research, März 2025, DOI: 10.1016/j.jpsychores.2025.112116