Branche
on
3D-animierte Darstellung von Salmonellen.

Salmonellen dringen ins Darmgewebe ein und verursachen teils schwere Entzündungen, besonders bei Kindern & älteren Menschen. © urfinguss / iStock / Getty Images Plus

|

Infektionsforschung: Salmonellen könnten mit einem neuen Hemmstoff bekämpft werden

Ein internationales Team der Universität Tübingen und des Deutschen Zentrums für Infektionsforschung hat einen Stoff entdeckt, der Signalketten der Krankheitserreger bei der Zellinvasion hemmt.

Krankheitserregende Salmonellen injizieren Effektorproteine in Zellen des Magen- und Darmgewebes, um in diese einzudringen und sich dort zu vermehren. Dabei rufen die Bakterien, die meist über Lebensmittel aufgenommen werden, vor allem bei Kindern und alten Menschen gefährliche Magen-Darm-Entzündungen bis hin zu systemischen Infektionen hervor.

Nun hat ein internationales Forschungsteam unter der Leitung von Professor Samuel Wagner vom Exzellenzcluster der Universität Tübingen „Kontrolle von Mikroorganismen zur Bekämpfung von Infektionen“ (CMFI) und dem Deutschen Zentrum für Infektionsforschung (DZIF) eine Substanz entdeckt, die den Infektionsvorgang früh stoppen kann. Der künstlich erzeugte Stoff C26 hemmt die Injektion der Effektorproteine. Er könnte zu einem Medikament gegen Salmonelleninfektionen bei Mensch und Tier weiterentwickelt werden. Die Entdeckung wurde in der Fachzeitschrift Science Advances veröffentlicht.

Pathoblocker als Antibiotika-Alternative

Gegen Antibiotika, die das Wachstum von Bakterien hemmen oder diese abtöten, haben die gefährlichen Salmonellen vielfach Resistenzmechanismen entwickelt. Daher werden alternative Behandlungsmöglichkeiten dringend benötigt. Pathoblocker stellen eine solche Alternative dar.

Der entdeckte Stoff wirkt frühzeitig, bevor die Bakterien in das Gewebe eindringen, indem er gezielt die Infektionsmechanismen des Krankheitserregers stört. „Als Medikamente wirken sie sehr spezifisch und gezielt gegen Salmonellen. Nach heutigem Kenntnisstand dürfte die Wahrscheinlichkeit deutlich geringer sein, dass die Salmonellen Resistenzen gegen diese Stoffe von anderen Bakterien erwerben“, sagt Samuel Wagner.

Zentraler Regulator im Visier

Beim Angriff auf ihr Zielgewebe im Magen-Darm-Trakt setzen Salmonellen Sekretionssysteme in Gang, die sich auf mehrere Transkriptionsregulatoren stützen „Einer dieser Regulatoren, HilD, spielt eine zentrale Rolle beim Eindringen von Salmonellen in die Wirtszelle. Wir haben eine geeignete Zielstruktur bei HilD für neue Wirkstoffkandidaten identifiziert“, sagt Dr. Abdelhakim Boudrioua vom Exzellenzcluster CMFI, der Erstautor der Studie. Um die Signale zur Proteinherstellung weiterzuleiten, müssen die Regulatoren hochspezifisch an weitere Regulatoren und DNA binden und weitere Reaktionen auslösen.

Die Bindungsstelle bei HilD kann man sich auf molekularer Ebene vorstellen wie eine detailliert geformte dreidimensionale Tasche. Der entdeckte Stoff passt genau in diese Tasche und stört dadurch die Funktion des Regulators, erklärt der Forscher. Dadurch könne der Infektionsvorgang abgebrochen werden.

Zielgerichtete Behandlung mit C26

Das Forschungsteam durchsuchte große Substanzdatenbanken nach potenziellen Kandidaten. „Wir haben C26 als vielversprechendste Substanz identifiziert. Anschließend haben wir eine umfassende Analyse der Wirkungsweise und der genauen Bindungsstelle an der Struktur von HilD gemacht“, sagt Boudrioua. Es folgten zahlreiche Tests zur Effizienz von C26 bei der Unterdrückung der Infektion, zum Beispiel durch den Nachweis, dass der Hemmstoff die Pathogenität von Bakterien beeinträchtigt, die sich in Makrophagen – den Zellen des Immunsystems des Wirts – verstecken.

„Nach unseren Ergebnissen konnte C26 den Infektionsprozess der Salmonellen frühzeitig am zentralen Regulator HilD stoppen. Es scheint spezifisch auf die Krankheitserreger zu wirken und das nützliche menschliche Mikrobiom nicht weiter zu beeinflussen“, fasst Wagner zusammen. „Wir haben nun einen geeigneten Ausgangsstoff zur Weiterentwicklung als Medikament.“

Weiter Weg zum Medikament

„Die Entdeckung unterstreicht eindrucksvoll, wie unsere exzellente Grundlagenforschung an der Universität Tübingen innovative Lösungen für drängende medizinische Probleme hervorbringt“, ergänzt Professorin Dr. Dr. h.c. (Dōshisha) Karla Pollmann, die Rektorin der Universität Tübingen.

Bis zu einer neuen Therapie gegen Salmonelleninfektionen mit Pathoblockern wie HilD Regulatoren sei es noch ein weiter Weg, sagt Wagner. Außer für Menschen könnten hier auch Medikamente für Tiere entwickelt werden, vor allem für Geflügel. Die Anstrengungen könnten sich lohnen: Anders als bei Antibiotika, die vielfach auch die nützlichen Darmbakterien der Patientinnen und Patienten schä-digen, seien von spezifischen Pathoblockern keine negativen Auswirkungen auf den Körper und sein eigenes Mikrobiom zu erwarten.

Quelle: Eberhard Karls Universität Tübingen


Originalpublikation: Abdelhakim Boudrioua et al.; Discovery of synthetic small molecules targeting the central regulator of Salmonella pathogenicity; Science Advances, April 2025, DOI: 10.1126/sciadv.adr5235

Newsletter abonnieren

Newsletter Icon MTA Blau 250x250px

Erhalten Sie die wichtigsten MT-News und Top-Jobs bequem und kostenlos per E-Mail.

Mehr zum Thema

Animierte Darstellung von Bakterien im Darm.
Animierte Darstellung von Bakterien im Darm.

Das könnte Sie auch interessieren

Symbolbild für Epilepsie.
Plaques im Gehirn bei Alzheimer.
Animierte Darstellung der Fettleber in einem menschlichen Körper.