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Arzt führt den Test und die Untersuchung der DNA

Transkriptionsfaktoren agieren als molekulare Schalter und kontrollieren so die Aktivität unserer Gene. © Natali_Mis / iStock / Getty Images Plus

Molekularbiologie: Studie zeigt neue Mechanismen der Genregulation bei Entzündungen

Studie einer Pharmakologie-Arbeitsgruppe der Universität Gießen zeigt bislang unbekannte Interaktionen mit Proteinen und eröffnet innovative Einblicke in die molekulare Genregulation der Entzündung.

Neue Erkenntnisse zu der komplexen Welt der Genregulation durch Transkriptionsfaktoren haben Forschende der Justus-Liebig-Universität Gießen (JLU) gewonnen. Eine nun im Fachjournal „EMBO Reports“ veröffentlichte Studie unter Federführung des Pharmakologen Prof. Dr. Michael Kracht vom Rudolf-Buchheim-Institut für Pharmakologie der JLU zeigt durch moderne hochauflösende Untersuchungen die Interaktionen eines medizinisch bedeutsamen Transkriptionsfaktors im Zellkern. Diese Ergebnisse eröffnen innovative Ansätze für Therapien der Zukunft.

Transkriptionsfaktoren agieren als molekulare Schalter und kontrollieren so die Aktivität unserer Gene. Rund 1.600 Transkriptionsfaktoren werden im menschlichen Genom kodiert, sie bilden eine der größten Proteinfamilien. „Das Verständnis der Interaktionen und Beziehungen von Transkriptionsfaktoren untereinander sowie mit den weiteren Proteinen im Zellkern ist jedoch noch sehr begrenzt“, so Prof. Kracht.

Genregulation entschlüsselt: Neue Ansätze

Die von ihm geleitete Studie konzentriert sich auf den medizinisch bedeutsamen Transkriptionsfaktor p65 NF-κB (RELA), der eine Schlüsselrolle im NF-κB-System spielt, einem Signalweg von hoher biomedizinischer Relevanz. Die insgesamt fünf Transkriptionsfaktoren aus der NF-κB-Familie regulieren in unterschiedlichen Kombinationen eine Vielzahl von Prozessen während der Entwicklung, der Immunantwort einschließlich Entzündungsreaktionen und auch bei Krebs.

Prof. Kracht und sein Team nutzten innovative proteomische und molekularbiologische Methoden, um das Interaktom von p65 NF-κB zu untersuchen – ein Netzwerk aus Proteinen, mit denen dieser Faktor interagiert. Hierfür markierten die Forschenden in lebenden Zellen die p65 NF-κB interagierenden Proteine mit dem Molekül Biotin und identifizierten so 366 Interaktoren, von denen fast 90 Prozent zuvor unbekannt waren.

Dynamik der Genregulation enthüllt

Die Ergebnisse erweitern das Verständnis der komplexen Genregulation. Sie zeigen die Interaktion von p65 NF-κB mit sehr vielen weiteren Mitgliedern aus anderen Transkriptionsfaktorfamilien sowie epigenetischen Regulatoren und decken damit bisher unbekannte genregulatorische Netzwerke auf. Die Daten weisen auch darauf hin, dass das Interaktom dynamisch durch bestimmte pro-inflammatorische Signale wie dem Zytokin Interleukin-1 beeinflusst wird.

Diese Erkenntnisse könnten den Weg für neue therapeutische Ansätze ebnen – insbesondere bei der Entwicklung spezifischer Medikamente, welche die Aktivität von p65/RELA fördern, zum Beispiel bei einer zu schwachen Immunantwort, oder hemmen, wie bei chronisch entzündlichen Erkrankungen oder Krebs, bei denen der NF-κB-Signalweg oft hyperaktiviert ist.

Neue Einblicke ins NF-κB-System

„Unsere Studie liefert einen entscheidenden Beitrag zum Verständnis des NF-κB-Systems und bietet eine reiche Ressource für weitere molekulare Untersuchungen“, so Prof. Kracht. „Wir hoffen, dass unsere Arbeit dazu beiträgt, das Potenzial der Genregulation für die Entwicklung innovativer Therapien zu nutzen.“

Dr. Johanna Meier-Sölch, eine weitere Letztautorin der Studie, betont die Vorteile des verwendeten Biotin-Tagging-Ansatzes: „Dieser Ansatz ermöglicht es uns, einen dynamischen Schnappschuss von Proteinkomplexen in lebenden Zellen zu erhalten und sogar schwache oder temporäre Wechselwirkungen zu erfassen. Die Ergebnisse erscheinen wie ein Puzzle, bei dem jeder interagierende Faktor eine ganz bestimmte Funktion in dem NF-κB-Netzwerk übernimmt.“

Innovative Forschung am NF-κB-System

Der Biotin-Marker ermöglichte die Aufreinigung dieser Proteine und ihre Identifizierung und Quantifizierung mit modernen massenspektrometrischen Verfahren in Zusammenarbeit mit dem Chemiker Dr. Uwe Linne, dem Leiter der massenspektrometrischen Abteilung des Fachbereichs Chemie der Philipps-Universität Marburg, der gemeinsam mit Prof. Kracht bis Ende 2024 das zentrale Proteomik-Projekt des SFB1021 geleitet hat.

Das hochrelevante NF-κB-System wird an der JLU schon seit vielen Jahren durch die Arbeitsgruppen von Prof. Dr. Michael Kracht aus der Pharmakologie und Prof. Dr. Lienhard Schmitz aus der Biochemie untersucht, unter anderem in den vor kurzem ausgelaufenen Sonderforschungsbereichen SFB1021 zu RNA-Viren und TRR81 zur Regulation der Chromatin-Dynamik. Beide Arbeitsgruppen sind sehr gut vernetzt – lokal wie international. Dies zeigt auch eine internationale Tagung mit 80 Expertinnen und Experten zum NF-κB-System, die Prof. Kracht und Prof. Schmitz im vergangenen Jahr organisiert haben.

Quelle: Justus-Liebig-Universität Gießen


Originalpublikation: Lisa Leib et al.; The proximity-based protein interactome and regulatory logics of the transcription factor p65 NF-kappaB/RELA; EMBO Rep, 2025, DOI: 10.1038/s44319-024-00339-8

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