Im Vergleich zu Zellen im gesunden Gewebe zeigen Tumorzellen eine Vielzahl charakteristischer Veränderungen, zu denen auch Unterschiede im Stoffwechsel (Metabolismus) gehören. Diese metabolischen Veränderungen – beispielsweise der hohe Energieumsatz von Krebszellen – sind nicht nur diagnostisch relevant, sondern bieten auch potenzielle Angriffspunkte für therapeutische Maßnahmen.
In einer interdisziplinären Zusammenarbeit haben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Gießen, Marburg und Frankfurt am Main untersucht, inwieweit das Wachstum von Tumorzellen durch die kombinierte Hemmung bestimmter Stoffwechselwege blockiert werden kann. Dabei fanden sie heraus, dass das Wachstum von Tumorzellen spezifisch durch die Kombination zweier Substanzen gehemmt werden konnte, während die Einzelsubstanzen keine signifikanten Effekte aufwiesen.
Linrodostat zeigt neue Wirkung
Den Forschenden ist es zudem gelungen, einen neuen Wirkmechanismus von einer der Substanzen zu entschlüsseln. Während die erste Substanz den Abbau von Zucker verlangsamt, zeigte die zweite Substanz, die bereits in klinischen Studien unter dem Namen Linrodostat verwendet wird, eine völlig neue und unerwartete Wirkung: Linrodostat kann neben seiner bekannten Funktion als metabolischer Inhibitor auch die Zellatmung in den Mitochondrien, den „Kraftwerken der Zellen“, stören.
Durch die gleichzeitige Hemmung des Zuckerabbaus und der Zellatmung in den Mitochondrien sind die Tumorzellen nicht mehr in der Lage, genügend Energie und Bausteine für ihr rasches Wachstum zu produzieren, was letztlich zu einem Stopp des Krebswachstums führt.
Notwendigkeit vernetzter Forschung
„Besonders überraschend war für mich die Entdeckung des bislang unbekannten Wirkmechanismus von Linrodostat“, so Dr. Jan Dreute, der Erstautor der Studie. „Dieser Aspekt sollte bei künftigen klinischen Studien unbedingt berücksichtigt werden.“
Die Forschungsarbeiten wurden durch das GRK 2573 („Das inflammatorische Tumorsekretom: Vom grundlegenden Verständnis zu neuen Therapien“) der Deutschen Forschungsgemeinschaft unterstützt. „Für mich ist diese Studie ein weiteres Beispiel für die Notwendigkeit vernetzter Forschung“, sagt Prof. Lienhard Schmitz. „Die Beteiligung von mehr als zehn Instituten an dieser Arbeit zeigt, wie wichtig kooperative Netzwerke für innovative Forschungsprojekte sind.“
Quelle: Justus-Liebig-Universität Gießen
Originalpublikation: Jan Dreute et al.; Synergistic targeting of cancer cells through simultaneous inhibition of key metabolic enzymes; Cell Death & Differentiation, Juni 2025, DOI: 10.1038/s41418-025-01532-5