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Wie Bakterien Sand besiedeln

Blick auf ein Sandkorn unter dem Fluoreszenzmikroskop: Die grünen Pünktchen sind eingefärbte Bakterien, die sich vor allem in Vertiefungen auf dem Sandkorn angesiedelt haben. © MPIMM/CC-SA BY 4.0

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Mikrobiologie: Wie Bakterien Sand besiedeln

Stel­len Sie sich vor, Sie sit­zen an ei­nem son­ni­gen Strand und las­sen sich ge­nüss­lich den war­men Sand durch die Fin­ger rin­nen. Mil­lio­nen von Sand­kör­nern. Was Sie sich da­bei ver­mut­lich nicht vor­stel­len: Gleich­zei­tig rie­seln auch Mil­li­ar­den Bak­te­ri­en zwi­schen Ih­ren Fin­gern hin­durch. Denn ei­ner Untersuchung von Forschern des Max-Planck-Instituts für Marine Mikrobiologie in Bremen zufolge le­ben zwi­schen 10.000 und 100.000 Mi­kro­or­ga­nis­men auf je­dem die­ser Körn­chen.

Dass Sand ein dicht be­sie­del­ter und ak­ti­ver Le­bens­raum ist, ist schon län­ger be­kannt. Nun be­schrei­ben Da­vid Pro­bandt und sei­ne Kol­le­gen erst­mals, wie es ge­nau auf ei­nem ein­zel­nen Körn­chen Sand aus­sieht. Sie nutz­ten dazu Pro­ben aus der süd­li­chen Nord­see nahe Hel­go­land. Die vie­len Tau­send Bak­te­ri­en be­sie­deln die Sand­kör­ner nicht gleich­mäs­sig. Wäh­rend ex­po­nier­te Flä­chen fak­tisch un­be­sie­delt sind, tum­meln sich die Bak­te­ri­en in Ris­sen und Kuh­len.

„Dort sind sie gut ge­schützt“, er­klärt David Pro­bandt vom Max-Planck-Institut für marine Mikrobiologie. „Wenn die Sand­kör­ner vom Was­ser um­strömt und her­um­ge­wir­belt wer­den und an­ein­an­der rei­ben, fin­den die Bak­te­ri­en in sol­chen Ein­buch­tun­gen ein si­che­res Plätz­chen.“ Auch vor Räu­bern, die die Ober­flä­che der Sand­kör­ner nach Nah­rung ab­gra­sen, sind sie so ei­ni­ger­ma­ßen si­cher.

Doch nicht nur die An­zahl, auch die Viel­falt der Bak­te­ri­en be­ein­druckt. „Auf je­dem ein­zel­nen Sand­korn fan­den wir tau­sen­de ver­schie­den Ar­ten von Bak­te­ri­en“, so Pro­bandt. Man­che Ar­ten und Grup­pen von Bak­te­ri­en fin­den sich auf al­len un­ter­such­ten Sand­kör­nern, an­de­re tre­ten nur ver­ein­zelt auf.

Beeindruckende Vielfalt

Probenentnahme © Dr. Andreas Neumann / HZGDavid Probandt bei der Probenahme. © Dr. Andreas Neumann / HZG

„Mehr als die Hälf­te der Be­woh­ner gleicht sich auf al­len Kör­nern. Wir ver­mu­ten, dass die­se bak­te­ri­el­len ‚Stamm­spie­ler’ auf je­dem Sand­korn eine ähn­li­che Funk­ti­on aus­üben“, er­klärt Pro­bandt. „Je­des Korn hat qua­si die glei­che grund­le­gen­de Be­set­zung und In­fra­struk­tur.“ Aus der Un­ter­su­chung ei­nes ein­zel­nen Sand­korns kön­nen die For­sche­rIn­nen also viel über die ge­ne­rel­le bak­te­ri­el­le Viel­falt des San­des er­fah­ren. 

Die sand­lie­ben­den Bak­te­ri­en spie­len eine be­deu­ten­de Rol­le für das Öko­sys­tem Meer und die welt­wei­ten Stoff­kreis­läu­fe. Da die­se Bak­te­ri­en bei­spiels­wei­se Koh­len­stoff und auch Stick­stoff aus dem Meer­was­ser und aus ein­strö­men­den Flüs­sen ver­ar­bei­ten, wirkt Sand wie ein rie­si­ger, rei­ni­gen­der Fil­ter. Vie­les von dem, was das Meer­was­ser in den Bo­den spült, kommt nicht wie­der her­aus.

„Je­des Sand­korn funk­tio­niert wie eine klei­ne Bak­te­ri­en-Vor­rats­kam­mer“, er­klärt Pro­bandt. Es lie­fert den nö­ti­gen Nach­schub, um die gro­ßen Stoff­kreis­läu­fe von Koh­len­stoff, Stick­stoff und auch Schwe­fel am Lau­fen zu hal­ten. „Wie auch im­mer die Be­din­gun­gen sind, de­nen die Bak­te­ri­en­ge­mein­schaft auf ei­nem Sand­korn ge­ra­de aus­ge­setzt ist – durch die gro­ße Viel­falt ih­rer ‚Stamm­spie­ler’ fin­det sich im­mer je­mand, der die Sub­stan­zen aus dem Um­ge­bungs­was­ser ver­ar­bei­tet.“

Quelle: Max-Planck-Institut für marine Mikrobiologie


Originalpublikation: Kat­rin Knit­tel et al.; Microbial life on a sand grain: from bulk sediment to single grains; The ISME Jour­nal, 2017; DOI: 10.1038/ismej.2017.197

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