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Wie Tumorzellen sich schützen

Die Erkenntnisse können zukünftig für die Erforschung neuer Therapieansätze gegen Bauchspeicheldrüsenkrebs genutzt werden. © decade3d / iStock / Thinkstock

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Bauchspeicheldrüsenkrebs: Wie Tumorzellen sich schützen

Göttinger Wissenschaftler haben einen möglichen Ansatz für Erforschung neuer Therapieansätze gegen Bauchspeicheldrüsenkrebs entdeckt. Die Forscher fanden heraus, dass das Chemotherapeutikum Gemcitabine durch Bindegewebszellen abgefangen wird und sich dadurch die Wirkung auf die Tumorzellen verringert.

Forscher der Universitätsmedizin Göttingen (UMG) haben jetzt eine Art „Schutzschild“ des Bauchspeicheldrüsenkrebs entdeckt, das herkömmliche Chemotherapien nicht ausreichend zur Wirkung kommen lässt. Nach den Erkenntnissen der Göttinger Forscher sind spezialisierte Bindegewebszellen, so genannte „Tumorfibroblasten“, im umgebenden Bindegewebe von Bauchspeicheldrüsenkrebs ein wichtiger Baustein dieses Schutzschildes.

Aktivierte Tumorfibroblasten „speichern“ Chemotherapeutika, indem sie diese in sich aufnehmen – hierdurch verringert sich die Wirkung der Therapeutika auf Tumorzellen von Bauchspeicheldrüsenkrebs. Auch weitere molekulare Details des Wirkmechanismus konnten die Göttinger Forscher klären. Erstmals haben sie die Verstoffwechselung (Metabolisierung) und die Wirkung von Chemotherapeutika in Tumorfibroblasten im Bauchspeicheldrüsenkrebs genauer untersucht.

Bauchspeicheldrüsenkrebs originaltreu abbilden

Die neuen Erkenntnisse können zukünftig für die Erforschung neuer Therapieansätze gegen Bauchspeicheldrüsenkrebs genutzt werden. „Eine gezielte pharmakologische oder genetische Manipulation von Fibroblasten könnte dieses Schutzschild einreißen und die Wirkung bestimmter Chemotherapien erhöhen“, sagt Priv.-Doz. Dr. Dr. Albrecht Neeße, Leiter der von der Deutschen Krebshilfe geförderten Max Eder Nachwuchsgruppe an der UMG.

Die Rolle von Tumorfibroblasten bei Bauchspeicheldrüsenkrebs bei der Anflutung und Wirkung des Chemotherapeutikums Gemcitabine hat das Forscherteam aus Göttingen zusammen mit Forschern der Cambridge University (UK) und dem Karolinska Institut in Stockholm (Schweden) erstmals genauer untersucht. „Wir wissen, dass Gemcitabine von Patienten relativ gut vertragen wird, jedoch die hemmende Wirkung auf das Tumorwachstum sehr schwach ist. Im Gegensatz dazu wirkt Gemcitabine auf isolierten Tumorzellen in der Petrischale hervorragend und tötet in geringer Konzentration viele Tumorzellen ab.

„Unsere Hypothese ist, dass diese Diskrepanz maßgeblich von den Tumorfibroblasten verursacht wird“, sagt Neeße. Die Wissenschaftler benutzten eine Vielzahl von genetisch modifizierten in vitro und in vivo Modellen, um die Situation des menschlichen Bauchspeicheldrüsenkrebs möglichst originaltreu abzubilden. Mittels Liquid-Chromatographie Tandem Massenspektrometrie hat die Göttinger Forschungsgruppe verschiedene native und aktivierte Gemcitabine-Metabolite (Stoffwechsel-Zwischenstufen des Chemotherapeutikums Gemcitabine) in kleinsten Tumorgewebeproben und Lebermetastasen gemessen.

Forschungsergebnisse im Detail

Erstaunlicherweise fanden sich deutlich mehr Metabolite des Chemotherapeutikums in Tumoren mit viel Bindegewebe als in Metastasen mit weniger Bindegewebe. Dementsprechend wiesen kultivierte Bindegewebszellen intrazellulär signifikant mehr Gemcitabine-Metabolite auf als Tumorzellen. Weiterführende Analysen zeigten, dass die Inaktivierung der Chemotherapie in Bindegewebszellen deutlich verlangsamt wird. Somit kommt es zu einer Umverteilung von Gemcitabine in Bindegewebszellen und weg von der Tumorzelle.

Durch mehrfache Phosphorylierung von Gemcitabine, also das Anhängen von Phosphatgruppen an das Chemotherapeutikum, kann dieses nicht mehr die Zellmembran passieren und ist somit in Bindegewebszellen „gefangen“. Simultan kultivierte Bindegewebszellen und Tumorzellen bestätigten den Verdacht, dass die Wirkung der Chemotherapie durch Anwesenheit von Bindegewebszellen vermindert wird. Molekulare Analysen zeigten, dass bestimmte Enzyme, die die an Gemcitabine angehängten Phosphatgruppen wieder abspalten (dephosphorylieren) und dadurch das Chemotherapeutikum inaktivieren, nur sehr gering in Tumorfibroblasten exprimiert werden.

Ein solches Enzym ist z.B. die zytosolische Nukleotidase Nt5c1A. Eine genetische Re-expression von Nt5c1A und eine nachfolgende Behandlung mit Gemcitabine bestätigten die ursächliche Rolle dieser Enzyme bei der intrazellulären Anreicherung von Gemcitabine. Massenspektrometrische Analysen bestätigten schließlich, dass die intrazellulär gemessene Gemcitabine Konzentration nach genetischer Re-expression von Nt5c1A deutlich sank.

Quelle: Universitätsmedizin Göttingen


Originalpublikation: Neesse A. et al.; Fibroblast drug scavenging increases intratumoural gemcitabine accumulation in murine pancreas cancer; Gut, 2017; doi: 10.1136/gutjnl-2016-311954

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