Warum ist Fieber auf der Intensivstation relevant?
Fieber ist ein häufiges Symptom bei Patienten auf Intensivstationen und dient als wichtiger Frühindikator für Infektionen oder andere entzündliche Prozesse. Es wird als eine Erhöhung der Körperkerntemperatur über 38 °C definiert und kann infektiöser als auch nichtinfektiöser Natur sein. Zu den nichtinfektiösen Ursachen zählen Autoimmunerkrankungen, rheumatische Erkrankungen oder Tumore.
Nicht jedes Fieber erfordert eine eingehende Untersuchung, wie zum Beispiel Fieber direkt nach einer Operation oder bei bekannter nichtinfektiöser Ursache. Die aktualisierten Leitlinien legen einen Schwerpunkt auf das Erkennen infektiöser Ursachen und deren frühzeitige Behandlung, da dies die Prognose signifikant verbessern kann.
Wesentliche Empfehlungen
Die Leitlinien basieren auf der Methodik „Grading of Recommendations Assessment, Development, and Evaluation“ (GRADE), die es ermöglicht, Empfehlungen anhand der Stärke der Evidenz zu bewerten. Zwölf Experten aus den Bereichen Intensivpflege, Mikrobiologie, Organtransplantation, Gesundheitspolitik sowie klinischer Forschung haben an der Aktualisierung mitgewirkt. Die Leitlinien richten sich an multidisziplinäre Teams, die schwerkranke Patienten auf Intensivstationen betreuen.
Die genaue Erfassung der Körperkerntemperatur ist essenziell. Empfohlen werden zentrale Methoden wie Thermistoren in Pulmonaliskathetern, Blasenkathetern oder ösophagealen Ballonthermistoren. Alternativ können orale oder rektale Messungen verwendet werden, andere Messmethoden wie die Achseltemperatur werden nicht empfohlen.
Über bildgebende Verfahren wie Ultraschall oder CT können potenzielle Infektionsquellen wie Abszesse oder Pneumonien identifiziert werden. Fortschrittliche molekulare Tests können Krankheitserreger schneller identifizieren und eine gezielte antimikrobielle Therapie ermöglichen. Biomarker wie Procalcitonin können helfen, zwischen infektiösen und nichtinfektiösen Ursachen zu unterscheiden und die Dauer der Antibiotikatherapie zu optimieren.
Die routinemäßige Anwendung von Antipyretika zur Temperatursenkung soll vermieden werden, wenn dadurch keine Linderung erfolgt.
Neue Schwerpunkte der Leitlinien
Die Leitlinie beinhaltet zwölf spezifische Empfehlungen und neun Best-Practice-Statements, die verschiedene Aspekte der Diagnose und Therapie abdecken. Ein Schwerpunkt liegt auf der Nutzung moderner Diagnostik, wie der Kombination von Biomarkern und bildgebenden Verfahren, um Fieber, das erstmals nach der Aufnahme auf der Intensivstation auftritt, effektiv zu behandeln. Darüber hinaus wird betont, dass die allgemeingültigen Empfehlungen nicht ausreichen, um Patienten mit schwerer Immunschwäche zu behandeln. Für diese Patientengruppe sind spezialisierte Ansätze erforderlich.
Die Taskforce hebt hervor, dass weiterhin Wissenslücken bestehen und es für manche Empfehlungen nur schwache Evidenzen gibt. Weitere Forschung in den verschiedenen Bereichen ist daher notwendig. Ziel ist es, Diagnostik und Therapie weiter zu verbessern und die Versorgung kritisch kranker Patienten zu optimieren.
Fazit
Die aktualisierten Leitlinien der SCCM und IDSA bieten evidenzbasierte Empfehlungen für das Management von Fieber bei erwachsenen Intensivpatienten. Durch den Einsatz moderner Diagnostik und gezielter Behandlung können Infektionen frühzeitig erkannt und effektiv behandelt werden, was die Prognose und Lebensqualität der Patienten deutlich verbessert. Gesundheitsteams wird empfohlen, die Leitlinien in ihre Praxis zu integrieren und gleichzeitig neue Erkenntnisse aus der Forschung zu berücksichtigen, um die Behandlung weiter zu optimieren.
Heike Lachnit
Quellen
- O´Grady et al.; Society of Critical Care Medicine and the Infectious Diseases of Society of America Guidelines for Evaluating New Fever in Adult Patients in the ICU; Critical Care Medicine 51(11), November 2023, DOI: 10.1097/CCM.0000000000006022
- Flexikon Doccheck – Definition Fieber / Fieber unklarer Genese