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Stethoskop und Richterhammer.

Zu den entscheidenden Neuerungen des MTA-Reformgesetzes zählt die neue Berufsbezeichnung „Medizinische Technologin und Medizinischer Technologe“ (MT). © Ben Gingell / iStock / Getty Images Plus

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MTA-Reformgesetz: Alles unter Dach und Fach? – Teil 1

Das MTA-Reformgesetz tritt am 1. Januar 2023 in Kraft. Es wird begrüßt! Denn die Ausbildungsreform für medizinisch-technische Fachkräfte war längst überfällig. Das alte MTA-Gesetz stammt aus dem Jahr 1993. Seit der Zeit hat sich jedoch in der Medizin viel geändert.

Eine Ausbildungsvergütung mit Ausbildungsvertrag, die Möglichkeit der Teilzeitausbildung, neue Berufsbezeichnungen, Schulgeldfreiheit, mehr Praxiszeit im Curriculum, pädagogische Praxisanleitung und vieles mehr sollen dem Fachkräftemangel entgegenwirken sowie den MT-Beruf attraktiver und moderner gestalten: MTA-Reformgesetz1

Neue Berufsbezeichnung

Zu den entscheidenden Neuerungen zählt die neue Berufsbezeichnung „Medizinische Technologin und Medizinischer Technologe“ (MT) für alle vier Berufsgruppen der Laboratoriumsanalytik (MTL), Radiologie (MTR), Funktionsdiagnostik (MTF) und Veterinärmedizin (MTV). Die frühere Bezeichnung wie beispielsweise Röntgenassistent*in oder Laborassistent*in, auch in der Abkürzung „MTA“ enthalten, reflektiert schon lange nicht mehr die hohe Kompetenz dieser medizinischen Fachberufe mit Staatsexamen.

MT-Ausbildung wird dualer durch MTA-Reformgesetz

Die schulische und praktische Ausbildung für Medizinische Technologen und Technologinnen (MT) wird durch das MTA-Reformgesetz moderner und auch deutlich „dualer“. Als Ausbildung in einem Gesundheitsberuf unterliegt sie jedoch nicht dem Berufsbildungsgesetz (BBiG). Sie bleibt wie gehabt eine schulische Ausbildung an einer Berufsfachschule.

Daher nicht zu verwechseln mit der Berufsschule bei der „klassisch“ dualen Ausbildung, beispielsweise im Handwerk. Die MT-Azubis schließen einen Ausbildungsvertrag mit dem Träger ihrer Ausbildung ab, beispielsweise mit einem Krankenhaus oder einem Labor. Von ihrem Arbeitgeber erhalten Azubis eine angemessene monatliche Vergütung.

Die Schule schließt mit dem Träger der praktischen Ausbildung eine Kooperationsvereinbarung ab. Dabei trägt die Schule die Gesamtverantwortung für die Koordination des gesamten Schulunterrichts mit der praktischen Ausbildungszeit in der jeweiligen Gesundheitseinrichtung.1

In Vollzeit dauert die MT-Ausbildung drei Jahre. Als Zugangsvoraussetzung ist mindestens ein mittlerer Schulabschluss (Fachoberschulreife) nötig. Neu ist überdies ab 2023 die Möglichkeit der Teilzeitausbildung, die sich dann auf maximal fünf Jahre verlängert.

Alles schon unter Dach und Fach für die Reform der MT-Ausbildung?

Das MTA-Reformgesetz beinhaltet zahlreiche wichtige Änderungen. Deshalb möchte MTA – Das Portal wissen: Ist die praktische Umsetzung des Gesetzes bei den Ausbildungsstätten an Schulen, deren Kooperationspartnern wie Krankenhäusern und Kliniken, den niedergelassenen Laboren und medizinischen Instituten schon geregelt?

MTA – Das Portal hat mehrere MTA-Schulen für Labor und Röntgen in Deutschland interviewt sowie ein Labornetzwerk mit bundesweit angeschlossenen MVZ-Laboren an 40 Standorten bundesweit. MT-Azubis kommen ebenfalls zu Wort. Dieser Artikel erscheint in mehreren Teilen.

Viele positive Meinungen zum MTA-Reformgesetz

MT-Schüler*innen mit Schulleitung Axel Müller, 2.v.r. © BildungsZentrum Klinikum Fulda / Peter Jacobs

In einem Punkt herrscht Einigkeit: Generell begrüßen alle befragten Schulen, ausbildenden Arbeitgeber und angehende MT-Fachkräfte die Reform als richtigen Schritt. „Das alte Gesetz ist von 1994 und daher nicht auf dem heutigen Stand des Berufs sowie der Technik“, bekräftigt Axel Müller von der Schulleitung der MTA-Schule am BildungsZentrum Klinikum Fulda.

„Die Reform des Gesetzes war längst überfällig“, pflichtet ihm Dr. Katrin Scholz, Schulleiterin der MTA-Schule am RBZ Rheinisches Bildungszentrum Köln bei.

„Aus unserer Sicht erfahren die MT-Ausbildung und der Beruf durch die Reform eine deutliche Aufwertung“, ergänzt Martin Überall, Leiter Personal bei der SYNLAB Holding Deutschland.

Das meint auch Irem Kuzu, Auszubildende MTA aus dem Labor Dr. Wisplinghoff in Köln. „Auch wenn sich praktisch oder finanziell für mich kaum etwas durch das neue Gesetz geändert hat, finde ich, dass eine Ausbildung mit Vergütung viel attraktiver als eine ohne ist.“

Obendrein Schulgeld zahlen zu müssen, wie es vor 2021 an privaten Schulen der Fall war, sei nun endlich vorbei. Die Balance zwischen Theorie, Schulpraxis und der praktischen Arbeit im Labor sei bei ihr gut. Zudem könne sie in verschiedenen Abteilungen des Labors Einblicke bei den manuellen und automatisierten Methoden gewinnen und so breite Erfahrungen sammeln.

Martin Überall, Leiter Personal SYNLAB © Synlab / Simon Koy

„Mehr Praxiszeit und vor allem die Ausbildungsvergütung sind elementar wichtig und sprechen auch diejenigen an, die sich beruflich umorientieren möchten“, sagt Karina Winter, Auszubildende MTA des SYNLAB Labors in Trier. Denn bekanntlich herrscht seit geraumer Zeit ein großer Mangel an qualifizierten medizin-technischen Fachkräften in Laboren aber auch im Röntgen. Deswegen können nicht alle MT-Stellen besetzt werden.

Schulleiterin Dr. Karin Scholz an der MTA-Schule RBZ Köln © RBZ Köln / Fabian Gehrmann

Die COVID-Pandemie habe nochmals deutlich gemacht, dass wir einen sehr großen Fachkräftemangel haben, konstatiert Dr. Katrin Scholz und hofft, dass sich durch die Reform mehr junge Leute an diesem medizinisch-technischen Beruf Gefallen finden. Man müsse zudem bedenken: „In den nächsten Jahren gehen viele MTA aus den geburtenstarken Jahrgängen in Rente. Dann wird sich der Fachkräftemangel noch mehr verstärken“, befürchtet die Schulleiterin aus Köln.

Schulleiter Axel Müller wartet mit Spannung darauf, mit der Reform endlich veraltete Lerninhalte an der MTA-Schule in Fulda streichen zu dürfen und bald modernere Elemente in die Ausbildung für Labor und Radiologie einfließen lassen zu können.
Die neuen Inhalte werden in Kürze für den neuen Rahmenlehrplan2  veröffentlicht.

Irem Kuzu, Auszubildende MTLA im Labor Dr. Wisplinghoff Köln © Danish Yousef

Einen weiteren Grund zur Freude hat Axel Müller: „Die Azubis haben nun mehr praktische Anteile, die bei uns in Instituten im Klinikum Fulda und anderen kooperierenden Gesundheitseinrichtungen stattfinden. So werden sie noch besser auf ihren späteren Einsatz vorbereitet.“

„Mit dem steigenden praktischen Anteil erfährt die MT-Ausbildung auch einen deutlichen Mehrwert für Azubis,“ findet Martin Überall. So könnten sich Auszubildende von Anfang an mit der Arbeit im Labor vor Ort vertraut machen, sogar fachliche Präferenzen in der Diagnostik suchen und das ausbildende Unternehmen besser kennenlernen.

Karina Winter, Auszubildende MTA des SYNLAB Labor Trier © Beate Winter

SYNLAB ist ein langjähriger Kooperationspartner des RBZ Köln. Gemeinsam und mit weiteren anderen Laboren wurde im Jahr 2020 auch die hybride MTLA-Ausbildung (MTA 2.0) erstmalig umgesetzt. Das Besondere daran: In der MTA-Labor-Ausbildung 2.0 lernen Azubis deutschlandweit die Theorie zu einem großen Teil im interaktiven Online-Unterricht der Schule während ihrer Arbeitszeit, die praktische Tätigkeit in einem der 16 bundesweiten Partner-Ausbildungslabore des RBZ Köln.

Ein „typischer“ Tag wäre: morgens drei Stunden Unterricht im virtuellen Klassenzimmer, danach fünf Stunden Arbeit im Ausbildungslabor. Wesentliche Phasen der Ausbildung wie unter anderem das Propädeutikum und die Prüfungsvorbereitung finden jedoch in Präsenz in Köln im Block statt. Wichtig ist Dr. Katrin Scholz der Hinweis: Die „Lehrinhalte unserer MTLA-Ausbildung 2.0 sind mit den Inhalten der rein schulischen MTLA-Ausbildung zu 100 Prozent identisch“.

In Teil II geht es um die Frage, warum das MTA-Reformgesetz noch bei der Finanzierung einige Lücken aufweist. Derzeit betroffen sind vor allem MTA-Schulen ohne Krankenhaus-Kooperation und ambulant tätige Labore. Jedoch sind niedergelassene Labore die wichtigsten Ausbildungsstätten für die Labor-MT-Ausbildung.

Beatrix Polgar-Stüwe


Links zu den befragten MTA-Schulen/Auszubildende und Laboratorien:


Quellen:

1 MTA-Reformgesetz BT-181120
2 Rahmenlehrplan 2022

Das Deutsche Institut zur Weiterbildung für Technologen/Technologinnen und Analytiker/Analytikerinnen in der Medizin e.V. DIW-MTA wurde vom Bundesministeriums für Gesundheit beauftragt, die Ausgestaltung der Abschlusskompetenzen für die vier MT-Berufe wissenschaftlich-fachlich zu unterstützen. Zusammen mit dem Dachverband für Technologen/-innen und Analytiker/-innen in der Medizin Deutschland e.V. (DVTA) erstellten sie die Rahmenlehr- und Rahmenausbildungspläne für Humanmedizin für

  • Medizinische Technologie für Laboratoriumsanalytik (MTL)
  • Medizinische Technologie für Radiologie (MTR)
  • Medizinische Technologie für Funktionsdiagnostik (MTF)

Die Ergebnisse werden den zuständigen Ministerien der Bundesländer als Empfehlung zur Entwicklung schuleigener Curricula zur Verfügung gestellt.

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