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Eine Phänotypisierung der äußerlich sichtbaren Merkmale via DNA-Analyse beruht auf Häufigkeitswahrscheinlichkeiten. © stevanovicigor / iStock / Getty Images Plus

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Rechtsgrundlage und Verfahren: DNA-Untersuchung zur Aufklärung von Straftaten

Für die Beauftragung einer DNA-Analyse zur Aufklärung von Straftaten bedarf es immer einer Anordnung der Gerichte (Richtervorbehalt).

Das Verfahren zur DNA-Untersuchung regelt die Strafprozessordnung nach § 81e-h. Die vorherigen Gesetzesbuchstaben a-d regeln unter anderem die Zulässigkeit für körperliche Eingriffe (z.B. Blutprobe), andere erkennungsdienstliche Maßnahmen (z.B. Fingerabdrücke) und welche Personen untersucht werden dürfen. Im Ermittlungsverfahren liegt die Zuständigkeit beim Ermittlungsrichter, nach der Anklageerhebung bei dem mit dem Fall befassten Gericht.

Ganz so schnell und einfach wie im Krimi, geht es nicht: Die Anordnung einer DNA-Analyse hat immer schriftlich zu erfolgen. In der Regel ergeht auch ein schriftlicher Beschluss, der den Zweck beschreibt. Die Staatsanwaltschaft informiert den Betroffenen.

Nur bei Gefahr im Verzug gibt es eine Ausnahme. Dann ist die Staatsanwaltschaft oder eine Ermittlungsperson der Staatsanwaltschaft zur Anordnung einer DNA-Untersuchung berechtigt. Die Polizei ist beispielsweise nicht ermächtigt, eine Speichelprobe anzuordnen. Soweit eine beschuldigte Person in die Untersuchung schriftlich einwilligt, entfällt der Richtervorbehalt.

Was wird bei einer angeordneten DNA-Untersuchung identifiziert? Kurz das Wichtigste

1) Anhand des rechtmäßig erworbenen Spurenmaterials, das einer Person zugeordnet werden kann, dürfen mittels molekulargenetischer Untersuchung das DNA-Identifizierungsmuster, die Abstammung und das Geschlecht der Person festgestellt werden. Das Ergebnis darf mit Vergleichsmaterial abgeglichen werden, soweit es erforderlich ist. Weitere Feststellungen dürfen nicht erfolgen.
2) Nur wenn es unbekannt ist, von welcher Person das Spurenmaterial stammt, dürfen zusätzlich Feststellungen über die Augen-, Haar- und Hautfarbe sowie das Alter der Person getroffen werden.
3) Die erhobenen Daten dürfen beim Bundeskriminalamt gespeichert und nach gesetzlichen Maßgaben verwendet werden. Die Daten dürfen nur für ein Strafverfahren, die Gefahrenabwehr und die internationale Rechtshilfe übermittelt werden.
4) Auch DNA-Reihenuntersuchung bedürfen einer gerichtlichen Anordnung.

Pro und kontra DNA-Phänotypisierung

Bis einschließlich 2018 war es in Deutschland nicht erlaubt, persönliche oder äußerliche Merkmale – mit Ausnahme des Geschlechts – aus der DNA zu erheben und in einem Strafprozess zu verwenden. Im Dezember 2019 wurde jedoch eine entsprechende Änderung von Strafprozessordnung § 81 verabschiedet.

Die Phänotypisierung (die Erfassung von äußerlichen Merkmalen) erlaubt nun in einem bestimmten Fall für ein Strafverfahren auch die Bestimmung von Augen-, Haar-, Hautfarbe und des Alters anhand von DNA. Dies aber nur, wenn nicht eindeutig feststellbar ist, von welcher Person die DNA stammt. Darüber hinaus ist die Bestimmung der biogeographischen Herkunft nur in Ausnahmefällen und auf besondere Anordnung möglich.

Im Gegensatz zur in Teil I beschriebenen STR-Analyse für eine Individualisierung einer Spur oder die Erstellung eines DNA-Profils werden für die Phänotypisierung die Bereiche der DNA untersucht, die kodierend sind und zur Ausprägung bestimmter äußerlicher Merkmale (Phänotyp) beitragen. Auch ist es möglich, das Alter mittels DNA-Methylierungstests einzugrenzen. Das ist aber relativ langwierig, die Genauigkeit dieser Test ist vor allem bei älteren Menschen ungenau.

Warum ist die Phänotypisierung umstritten?

Eine Phänotypisierung der äußerlich sichtbaren Merkmale via DNA-Analyse beruht auf Häufigkeitswahrscheinlichkeiten. Sie ist umstritten, weil sie keine absolut sicheren, belastbaren Merkmale bestimmt. Anders gesagt: Die Gemeinsamkeit dunkle Haare mit braunen Augen kommt häufig vor. Ebenso ein genetischer Bezug zu Süd- oder Osteuropa oder anderen ethnischen Bevölkerungsgruppen.

Letztere werden oft landläufig als „südländischer oder osteuropäischer Typ“ charakterisiert, ohne jedoch unbedingt einen aktuellen biogeographischen Bezug zu haben. Der regionale genetische Bezug könnte sogar hunderte Jahr her gewesen sein. Man denke zum Beispiel daran, dass die Römer und Franzosen lange in Köln waren und ihre genetischen Spuren hinterlassen haben. Auch die großen Fluchtbewegungen nach dem 2. Weltkrieg von Ost nach West könnten im Genom nachweisbar sein. Ebenso, aus welcher Weltregion die Vorfahren einer Person stammen.

Phänotypisierung nur ein Baustein

Durch solche phänotypischen DNA-Analysen lassen sich keine Personen vorab und eindeutig identifizieren. Von Fall zu Fall können sie jedoch als ein Baustein bei der Ermittlungsarbeit helfen, einen Täterkreis einzugrenzen, beispielsweise bei ungenauen oder widersprüchlichen Zeugenaussagen. Phänotypische DNA-Ergebnisse werden in der Regel nicht in der BKA-Datenbank gespeichert, das heißt nur die nicht-kodierenden Bereiche der DNA-Analyse (STR-Analyse) gehen in die Sammlung ein.

Informationen über das Aussehen, Krankheiten, Ethnien oder andere Merkmale der Person sind nicht in der BKA-Datenbank erfasst. Es geht um die Feststellung einer Identität, nicht darum, aus Speichel oder Blut ein Persönlichkeitsprofil zu erstellen. Bereits der TV-Tatort aus dem Schwarzwald „Rebland“ thematisierte die Grauzone von phänotypischen Ermittlungen, die zu Vorurteilen gegenüber bestimmten Menschengruppen und vermeintlichen „Tatverdächtigen“ führen können.

Hier geht es zu Teil 1 des Artikels.

Beatrix Polgar-Stüwe


Quellen:

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