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Einblicke in die Arbeit einer Pathologie-Assistentin

Im Maastricht University Medical Center arbeiten Niederländer, Belgier, Deutsche und andere Mitarbeiter aus europäischen Ländern eng zusammen. © DC Productions / Photodisc / Thinkstock

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Karriere-Interview: Einblicke in die Arbeit einer Pathologie-Assistentin

Das Berufsbild der MTA ist eng verwandt mit anderen Assistenzberufen der Naturwissenschaften und bietet zahlreiche Schnittfelder. Die Biologisch-technische Assistentin Dorit Rennspiess ist in die Niederlande gezogen und hat sich zur Pathologie-Assistentin ausbilden lassen – einen Beruf, den es in Deutschland gar nicht gibt.

Dorit Rennspiess: „Wichtige Techniken lernt man nicht in der Ausbildung, sondern im Berufsalltag.“ © privat

Welchen Schulabschluss besitzen Sie und warum haben Sie sich für den Beruf BTA entschieden?

Dorit Rennspiess: Nachdem ich die Schule mit der fachgebundenen Hochschulreife abgeschlossen hatte, entschied ich mich für den Beruf BTA. Dieser bot mir viele mögliche Einsatzgebiete in der Biologie und in der Medizin. Ich musste mich nicht zu früh festlegen.

Sie haben einige Jahre in der Pathologie gearbeitet. Welche Herausforderungen ergaben sich während dieser Zeit?

Rennspiess: Es war sehr abwechslungsreich, denn ich habe immer wieder neue Techniken erlernt. Besonders spannend fand ich die Implementierung neuer Methoden in der Pathologie. Als erste Assistentin in Deutschland durfte ich den Gewebeprozessor Xpress von Sakura – ein mikrowellenbasiertes Entwässerungsgerät – in der Pathologie in Freiburg nutzen.

Was waren Ihre Gründe, die Stelle zu wechseln – noch dazu in ein anderes Land?

Rennspiess: Nach acht Jahren in der Pathologie im Universitätsklinikum Freiburg bot mir Prof. Axel zur Hausen, Ärztlicher Direktor des Departments für Pathologie des Maastricht University Medical Center, an, mit ihm zusammen nach Maastricht zu gehen. Dort sollte ich in der Histologie und in der Forschung arbeiten. Ich sagte zu, da ich Herausforderungen liebe und mich das Erlernen einer neuen Sprache sowie das Miteinander von Menschen aus verschiedenen Ländern sehr reizte. Im dortigen Department für Pathologie arbeiten Niederländer, Belgier, Deutsche und andere Mitarbeiter aus europäischen Ländern eng zusammen.

Welche Länder bieten ein Studium zum Pathologist’s Assistant an?

Rennspiess: Diese seit 1969 existierende Ausbildung gibt es als zweijähriges Masterstudium in den USA, in Kanada und Großbritannien. Die Kosten dafür betragen in den USA rund 44 000 Dollar. Aufgrund anderer Gesetze in den Niederlanden wurde das Studium auf die dortige Situation angepasst und startete im Jahr 2009. Die duale Ausbildung kostet circa 6000 Euro und dauert eineinhalb Jahre. Bislang wurden schon rund 100 Pathologist’s Assistants ausgebildet.

Welche Voraussetzung mussten Sie für den Studiengang mitbringen und was sind die Ausbildungsschwerpunkte?

Rennspiess: Voraussetzungen sind zum einen die Ausbildung zur MTA – der Bachelor ist erwünscht – und zum anderen mindestens zwei Jahre Assistenz im Zuschnitt als MTA. Die Ausbildung erfolgt dual. Pathologen in einer zentralen Ausbildungsstätte, beispielsweise in der Hogeschool Leiden, lehren in insgesamt 72 Stunden die Theorie. Daneben findet die Praxis in der eigenen Pathologie statt. Dort sollte jeder Lernende mindestens acht Stunden pro Woche Makrozuschnitt ausführen.

Erfahrene Pathologen begleiten und beurteilen die Auszubildenden. Auf dem Lehrplan stehen die häufigsten eingesandten Organe: Haut, Darm, Mamma, Gallenblase etc. werden in der Klinik, Diagnostik, TNM-Klassifikation (Anm. d. Red.: Einteilung bösartiger Krebserkrankungen in die Stadien Tumor, Nodes, Metastasen), Histologie und Karzinogenese behandelt.

Welche Aufgaben hat ein Pathologist’s Assistant im Berufsalltag?  

Rennspiess: Unsere Hauptaufgabe ist der Makrozuschnitt. Wir beschreiben Präparate makroskopisch und stellen dabei Schnitte her. Daneben überwachen wir die Vorgänge und sind verantwortlich für die Einhaltung dieses standardisierten Zuschnittes (Anm. d. Red.: NEN-EN-ISO 15189:12 des Raad voor Accreditatie). Ebenso arbeiten wir neue Pathologist’s Assistants oder auch Assistenzärzte anhand einfacher Präparate ein. Spannend finde ich auch die Etablierung neuer Zuschnittprotokolle, die Mitarbeit an Forschungsprojekten und die Evaluierung neuer Mitarbeiter.

Entsprechen Verantwortung und Bezüge Ihrer neuen Qualifizierung?

Rennspiess: Als Pathologist’s Assistant wird man eine Gehaltsstufe höher eingestuft als die Kollegen, die im Labor arbeiten. Allzu große Gehaltssprünge gibt es also nicht, doch spannend ist das Erlernen und Verstehen der Organe – und die Ätiologie, die sich hinter den Krebsarten verbergen kann. Unsere Arbeit endet nicht mit dem Zuschnitt oder dem Weglegen des Messers. Besonders interessante Fällen verfolgen wir weiter und kommen dabei auf neue Forschungsideen, wie es eine wissenschaftliche Arbeit von mir zum Polyomavirus zeigt.

Zudem können wir gemeinsam mit Pathologen oder Forschungsmitarbeitern an Studien teilnehmen. Wir tragen eine große Verantwortung den Patienten gegenüber. Im Gegensatz zu meinen Kollegen in den USA, die allein verantwortlich sind, liegt die Hauptverantwortung in den Niederlanden jedoch beim Pathologen.

Sie arbeiten Sie jetzt in einem internationalen Team mit unterschiedlichen Qualifikationen. Welche Unterschiede gibt es?

Rennspiess: Ob man als BTA oder MTA in einer Pathologie arbeitet, ist in Deutschland kein großer Unterschied, denn die wichtigen Techniken lernt man nicht in der Ausbildung, sondern im Berufsalltag. In den Niederlanden und in Belgien teilt sich die Ausbildung anders als in Deutschland in zwei Bereiche auf: die MLO (Anm. d. Red.: Middelbare Laboratorium Opleiding/mittlere Ausbildung) und die HBO (Anm. d. Red.: Hogere Beroeps Opleiding/höhere Ausbildung). Die vierjährige MLO wird an verschiedenen Schulen im ganzen Land angeboten. Im dritten und vierten Jahr findet ein Praktikum in einem Labor statt – und zwar in dem Bereich, in dem man später gerne arbeiten möchte. Dieses Praktikum dauert insgesamt ein Jahr. MTA mit einem MLO-Abschluss sind beispielsweise im Histologie-Labor tätig.

Die HBO ist ähnlich gegliedert, nur etwas theoretischer, und endet mit einem Bachelor-Abschluss. HBO-Absolventen dürfen in der Immunhistochemie, Molekularpathologie oder in der Forschung arbeiten. Für MTA mit MLO-Abschluss gibt es noch die Möglichkeit, eine verkürzte HBO-Ausbildung durchzuführen, falls sie beruflich aufsteigen oder andere Zusatzqualifikationen erlernen möchten. In Belgien findet die Ausbildung nach einem ähnlichen Schema statt, die Abschlüsse heißen dort A1 und A2.

Wie beeinflussen diese verschiedenen Qualifikationen und Nationalitäten die Zusammenarbeit?

Rennspiess: Die unterschiedlichen Ausbildungen beeinträchtigen die Zusammenarbeit in keiner Weise. Jeder hat seine Aufgaben und Befugnisse, die im System festgelegt werden. Es gibt aber auch Unterschiede zwischen MLO- und HBO-MTA: Von HBO-MTA wird erwartet, dass sie aufgrund ihrer Ausbildung strukturierter und methodischer an neue Dinge herangehen. Sie stehen dementsprechend in einer höheren Gehaltsstufe als MLO-MTA. Diese können aber dieselbe Gehaltsstufe erreichen, indem sie neue Techniken erlernen und ausführen. Eine MLO-MTA kann jedoch nie die Leitung eines Labors oder eines Laborbereiches übernehmen. Dafür benötigt sie einen Bachelor-Abschluss.

Die Zusammenarbeit funktioniert trotz, oder gerade wegen, unterschiedlicher Nationen hervorragend und ich fühle mich hier mehr als anderswo als „Europäerin“. Auch gemeinsame Aufgaben mit verschiedenen Forschungsgruppen, die aus Experten aller Nationen bestehen, machen die Pathologie Maastricht zu einem der attraktivsten, multikulturellen Arbeitsplätze in der Pathologie in Europa, in dem man gerne arbeitet.

Sind Sie für oder gegen eine Akademisierung der Assistenzberufe?

Rennspiess: Ich bin für eine Akademisierung – und zwar so, wie sie beispielsweise in den Niederlanden angeboten wird. Ich sehe darin keine Zweiklassengesellschaft. Jedem steht es frei, zu wählen, ob er mit einer Laufbahn im Histologie-Labor zufrieden ist, oder ob er den nächsten Schritt auf der Karriereleiter erreichen möchte. Ebenfalls halte ich eine Vereinheitlichung und Standardisierung der Ausbildung für sinnvoll. Dies wäre mit einer Bachelor-Ausbildung gewährleistet. In Deutschland gibt es wegen zu erwartender höherer Lohnkosten jedoch Vorbehalte, diese höher qualifizierten Mitarbeiter einzustellen. Dabei ist zu bedenken, dass sich diese Investitionen jedoch mittel- und langfristig auszahlen.

Das Gespräch für MTA – Das Portal führte Mirjam Bauer.

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