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Einblicke in die MTA-Ausbildung in Europa – Teil 1

In Deutschland erfolgt die MTA-Ausbildung nach wie vor ausschließlich an Berufsfachschulen. © SeventyFour / iStock / Getty Images Plus

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Strategien gegen den Fachkräftemangel: Einblicke in die MTA-Ausbildung in Europa – Teil 1

Die Ausbildung Medizinischer Technologinnen und Technologen in den humanmedizinischen Fachrichtungen in Europa rückt nicht zuletzt auch infolge der SARS-CoV-2-Pandemie zunehmend in den Fokus der Aufmerksamkeit. Zwar hat der Verlauf der Corona-Pandemie auch einer breiteren Öffentlichkeit ins Bewusstsein gebracht, dass die Berufe in der medizinischen Technologie, der medizinischen Diagnostik und Therapie, sowie bei der Versorgung von Patientinnen und Patienten auf Intensivstationen eine Schlüsselfunktion für die gesamte Gesellschaft einnehmen. Gleichzeitig jedoch trat in diesem Zusammenhang auch die kritische Personallage bzw. der Personalmangel in diesen systemrelevanten Berufen einmal mehr überdeutlich zutage.

Eine neuere Studie des Deutschen Krankenhausinstituts (DKI)1 aus dem Jahr 2019 offenbart die Brisanz des Fachkräftemangels in den humanmedizinischen MTA-Berufen. Bereits heute hat ein erheblicher Teil der Krankenhäuser Schwierigkeiten, vakante Stellen neu zu besetzen. Und die Diskrepanz zwischen Bedarf und Neubesetzung wird sich in den kommenden Jahren weiter spürbar vergrößern: Bis 2030 liegt laut der DKI-Studie der Personalmehrbedarf an MTA-Vollzeitkräften in Deutschland bei knapp 13 000, allein für Kliniken. Der Fachkräftebedarf in außerklinischen Großlaboren oder radiologischen Netzwerken ist dabei nicht einmal berücksichtigt, da keine Daten zum außerklinischen Bereich verfügbar sind.

Um dem Personalmangel in den MTA-Berufen entgegenzuwirken, werden seit geraumer Zeit Überlegungen zu einer umfassenden Ausbildungsreform in den vier Fachrichtungen der medizinischen Technologie angestellt. Eines der Ziele dieser Überlegungen besteht ausdrücklich auch darin, die MTA-Berufe zeitgemäßer und attraktiver auszugestalten. Neben der als dringend empfundenen Reform des MTA-Gesetzes stellt die Rekrutierung von Fachkräften im Ausland ein probates Mittel dar, dem Problem des Personalmangels zu begegnen.

Ausbildungssituation in der EU

In diesem Zusammenhang ist ein vergleichender Blick auf die MTA-Ausbildungsgänge im europäischen Ausland von besonderem Interesse. Jenseits administrativer, berufsständischer und arbeitsrechtlicher Fragen bietet ein solcher Vergleich die Möglichkeit, im Ausland erworbene Qualifikationen hinsichtlich ihrer Übertragbarkeit auf eine eventuelle spätere Berufstätigkeit der Absolventen in Deutschland zu überprüfen.

Dabei kann es weniger um Detailanalysen der Ausbildungssituation in den einzelnen europäischen Staaten als vielmehr um die Darstellung wesentlicher Besonderheiten und Unterschiede im Vergleich zu Deutschland gehen.

Bereits bei den Zugangsvoraussetzungen zur MTA-Ausbildung bestehen erhebliche Unterschiede zwischen Deutschland und der überwiegenden Mehrheit der anderen europäischen Länder. Während nahezu überall in Europa zwölf Jahre Schulausbildung vorausgesetzt werden, genügen in Deutschland zehn Jahre. Mit der zwölfjährigen Schulausbildung sind zugleich die Voraussetzungen dafür geschaffen, die Ausbildung auf universitärem (bzw. universitätsnahem) oder Fachhochschul-Niveau und damit im sogenannten Tertiärbereich anzusiedeln.

In Deutschland dagegen erfolgt die MTA-Ausbildung nach wie vor ausschließlich an Berufsfachschulen, die auf Sekundarstufe II angesiedelt sind. Zwar gibt es auch in einigen wenigen anderen europäischen Ländern wie Luxemburg, Spanien, Frankreich, Schweiz und England noch eine ansatzweise vergleichbare Ausbildungssystematik.

In der überwiegenden Mehrheit der EU-Länder jedoch entwickelte man rege Aktivitäten im Zusammenhang mit der Schaffung eines gemeinsamen europäischen Bildungsraums mit dem Ziel, hohe „Qualität und Innovation in den Berufsbildungssystemen zum Nutzen aller Lernenden“ zu erreichen, „um die europäische Berufsausbildung weltweit wettbewerbsfähig zu machen“ (Kommuniqué von Maastricht, 2004).

Akademisierung

Die Umsetzung der Vorgaben der Bologna-Erklärung von 1999 zur Schaffung eines gemeinsamen europäischen Hochschulraums, der ausdrücklich die Gesundheitsfachberufe einschließen sollte, hatte zur Folge, dass europaweit die bestehenden Studiengänge dem gestuften konsekutiven System mit den beiden Hauptzyklen Bachelor und Master zugeordnet und das European Credit Transfer System (ECTS) zur besseren Vergleichbarkeit von europäischen Studienabschlüsse eingeführt wurde.

In diesem Rahmen wurden in den europäischen Nachbarländern auch für die Gesundheitsfachberufe neue Bachelor- und Masterstudiengänge konzipiert, so dass dort – abgesehen von wenigen Ausnahmen – die Ausbildung in den medizinisch-technischen Berufen im tertiären (Hochschul-)Sektor erfolgt. Im Gegensatz dazu werden die berufszulassenden Abschlüsse in Deutschland nach wie vor – und wohl noch auf absehbare Zeit – im sekundären Bildungssektor und nicht an Hochschulen erworben.

(Die Besonderheiten des deutschen Ausbildungssystems im Vergleich zu den europäischen Nachbarländern und die Folgen sowohl für die Anerkennung der Gleichwertigkeit der Berufsqualifikationen als auch für die Personalrekrutierung von Fachpersonal im Ausland wird Thema des 2. Teils dieses Artikels sein.)

Bernd Wilczek


Publikation:

1 Blum, K.; Fachkräftemangel und Fachkräftebedarf bei MTA im Krankenhaus; das Krankenhaus 2019 (10), S. 860-862

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