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Illustration von trauriger Frau.

Einsamkeit kann alle Altersgruppen betreffen. © Denis Novikov / iStock / Getty Images Plus

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Psychologie: Einsamkeit kann krank machen

Häufig sind sich Menschen gar nicht darüber bewusst, wie wichtig soziale Kontakte für die Gesundheit und die Lebensqualität sind – bis sie plötzlich fehlen.

Der Mensch ist ein soziales Wesen und auf Freundschaften, Liebe, Bezugspersonen, Geborgenheit und Kommunikation angewiesen. Sich vollkommen alleine und einsam zu fühlen, ist ungesund und kann zu unterschiedlichen Problemen führen. Bereits vor einigen Jahren verglichen die Forscher Julianne Holt-Lunstad und Timothy Smith von der Brigham Young University im US-Bundesstaat Utah die Einsamkeit mit anderen Gesundheitsrisiken und folgerten, dass Einsamkeit der Gesundheit genauso schadet wie der Konsum von 15 Zigaretten täglich, wie Alkoholmissbrauch oder wie körperliche Inaktivität.

Alleine sein versus Einsamkeit

Es gibt jedoch auch Menschen, die sich wohl fühlen, wenn sie alleine sind. Einige Personen leben alleine und fühlen sich nicht einsam. Einsamkeit ist somit als subjektives, negatives Gefühl einzustufen. Im Umkehrschluss können sich Personen, die viele soziale Kontakte haben, einsam fühlen.

Um den Schweregrad der eigenen Einsamkeit zu bestimmen, kann man die UCLA Einsamkeitsskala einsetzen, die aus 20 Fragen besteht. Anhand der Ergebnisse wird eine drohende Einsamkeit erkannt, sodass Betroffene aktiv werden, die Einsamkeit bekämpfen und sich entsprechend Hilfe suchen sollten.

Generell kann Einsamkeit in allen Altersstufen vorkommen, allerdings sind Senioren besonders stark gefährdet, da im höheren Alter Freunde oder Familienangehörige, die zu den Bezugspersonen gehören, zunehmend versterben. Hinzu kommt, dass sie manchmal krank oder weniger mobil sind, und dadurch mehr Zeit alleine in ihrer Wohnung verbringen.

Es gibt allerdings Studien, die darauf hindeuten, dass nicht nur alte Menschen, sondern jeder Zehnte zwischen 35 und 74 Jahren unter Einsamkeit leidet. Auch bei Personen um das 35. Lebensjahr gibt es also statistisch gesehen Betroffene, die sich einsam fühlen. Bleibt das Gefühl der Einsamkeit über einen längeren Zeitraum bestehen, steigt das Risiko für eine Depression, Angst- oder Zwangsstörung um das 2,5-fache. In Deutschland gibt es eine große Anzahl an Singlehaushalten, die dieses Problem verstärken könnten.

Eine Arbeitsgruppe der University College London kam nach einer zwölf Jahre andauernden Untersuchung zu dem Ergebnis, dass fast ein Fünftel aller Depressionen bei Menschen über 50 Jahren mit Einsamkeit zusammenhängen. Einsamkeit schädigt allerdings nicht nur die Psyche, sondern auch den Körper: Der Stressor wirkt sich negativ auf das vegetative Nervensystem, das Immunsystem und auf die Stresshormone aus.

Die Wahrscheinlichkeit für Erkrankungen wie Krebs, Schlaganfall oder Herzinfarkt nimmt durch das Gefühl der Einsamkeit zu. Bestehen keine Interaktionen mit anderen Menschen, verkümmert das Gehirn, sodass Alzheimer und Demenz wahrscheinlicher werden. In einer Metastudie zeigte Holt-Lunstad, dass Menschen mit sozialen Beziehungen seltener unter den Erkrankungen litten.

Die Wissenschaftler beobachteten außerdem, dass Einsamkeit mit gesundheitsschädlichen Verhaltensweisen (zum Beispiel mit einer schlechten Ernährung) korreliert und Betroffene schlechter schlafen. Dass Einsamkeit als „Krankheit“ zu betrachten ist, zeigt auch der sogenannte Verwitwungseffekt: Stirbt ein Partner eines älteren Ehepaares, ist die Wahrscheinlichkeit, dass der überlebende Partner ebenfalls in den nächsten sechs Monaten verstirbt, um das Fünffache erhöht.

Maßnahmen gegen Einsamkeit

In Deutschlang gibt es das „Kompetenznetz Einsamkeit“, das sich mit den Ursachen und Folgen von Einsamkeit auseinander setzt und mögliche Präventions- und Interventionsmaßnahmen erarbeitet. Die Erkenntnisse sollen in die politische und gesellschaftliche Praxis einfließen. Andere Länder sind bereits einen Schritt weiter: So hat England bereits seit 2018 und Japan seit 2021 ein eigenes Einsamkeitsministerium.

Martina Görz


Quellen:

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