Der Fachkräftemangel ist in aller Munde, der Bedarf an radiologischen Leistungen wird trotz KI-Unterstützung weiter ansteigen. Doch wie den Menschen im Gesundheitswesen in der anstrengenden Zeit ein freundliches Lächeln gelingen kann, zeigte ein dreistündiger Workshop für MTR. „Wie Sie sich besser ärgern“ lautete der Titel, zu dem Referentin Heike Jänicke anschaulich die Mechanismen hinter dem Ärger erklärte und Strategien vermittelte, wie man die Stressoren verstehen und bewältigen kann.
Mechanismen und Strategien gegen Ärger
Leider haben Menschen keinen Schalter zum Umlegen, um den Ärger einfach auszuschalten, sondern müssen sich kontinuierlich selbst reflektieren und weiterentwickeln. Deshalb durften die Teilnehmerinnen zu Beginn Situationen schildern, die sie auf die Palme bringen beziehungsweise welche Sätze sie wütend, zornig oder traurig machen. In der anschließenden Diskussion wurden Techniken, die bei Ärger weiterhelfen oder langfristig für mehr innere Ruhe sorgen, vorgestellt. Die gewaltfreie Kommunikation unterstützt dabei, hinzu kommen Ich-Botschaften, Atemtechniken und das Aussteigen aus Mustern.
Ein schönes Beispiel lieferte diese bekannte Situation: Ein Patient beschwert sich, weil er lange warten muss. Er fragt nach, warum das so ist. Statt sich von ihm angegriffen zu fühlen, hilft es, zunächst beobachtend und ohne Bewertung festzustellen: Ich habe hier einen Patienten, der schon lange wartet. Anschließend versucht man, sein eigenes Gefühl zu verstehen – das ist nicht immer einfach.
Doch wenn man merkt, dass man sich persönlich betroffen fühlt, obwohl man dauerhaft arbeitet und sich bemüht, kann man auf der Sachebene das eigene Bedürfnis erklären: „Wir möchten hier alle Patienten der Reihe nach behandeln, aber ein Notfall hat uns etwas aus der Bahn gerissen“. Mit dem nachfolgenden Satz, höflich bittend formuliert, hofft man auf Verständnis: „Es wäre toll, wenn sie unsere Arbeit honorieren könnten, wir bemühen uns hier bestmöglich!“ Sollte sich der Patient darauf nicht einlassen, weil es eine Bitte und keine Forderung war, fängt man von vorne an und spielt die Situation noch einmal durch; möglicherweise immer wieder.
Zum Abschluss des Workshops empfahl Jänicke verschiedene Bücher zum Thema, unter anderem von Serena Rust, Vera F. Birkenbihl und Susanne Marx. Die Teilnehmerinnen fühlten sich zufrieden mit dem Gelernten, eine Kardiologin erklärte: „Solche Themen sind einfach wichtig, auch für die Ärzteschaft, ich bin froh, dass ich dabei sein durfte!“.
Nachwuchs für die Radiologie begeistern und qualifizieren
In diesem Diskussionsforum wurden verschiedene Umfragen dargestellt, die sich mit intrinsischer und extrinsischer Motivation für die radiologische Routinearbeit oder die Forschung sowie mit New-Work-Faktoren beschäftigen. Obwohl die Medizin weiblicher wird, herrscht weiterhin eine hohe Genderdiskrepanz in den Führungsebenen. Gründe dafür sind die fehlende Kinderbetreuung und unflexible Arbeitsmodelle.
Hier besteht großer Bedarf zur Veränderung, damit jede:r die wichtigen Fort- und Weiterbildungen wahrnehmen kann. Der amtierende Präsident der Deutschen Röntgengesellschaft, Prof. Konstantin Nikolauo, bestätigte, dass es eine schwierige Zeit sei, die neue Strategien erfordere. Arbeit gebe es genug, sowohl für Ärzte als auch für MTR. Hilfreich seien die vielen Möglichkeiten durch KI, weil diese unterstützen und dem Burnout beim radiologischen Fachpersonal vorbeugen können.
Sein Plädoyer für die Radiologie, die „mit einem breiten Spektrum begeistert, Therapie und Diagnostik aus einer Hand liefert und als technischer Vorreiter in Effizienz und Effektivität gilt“, deutet auf eine positive Zukunft in den künftigen 20 Jahren. Notwendig sei es zudem, gute Generalisten auszubilden, denn eine fortschreitende Spezialisierung führe letztendlich zu Spezialkliniken – was in Deutschland allerdings nicht ausschließlich gewünscht sei. Der ärztliche Direktor der Abteilung für Diagnostische und Interventionelle Radiologie am Universitätsklinikum Tübingen empfahl die Ausbildung von interventionellem Nachwuchs, die sichtbare Vertretung in politischen Gremien, stärkere Lobbyarbeit und die Wahrnehmung der Radiologie als therapeutisches Fach.
Andere Länder, andere Voraussetzungen
Wie MTR in unterschiedlichen Rollen und Ländern agieren, verdeutlichte ein spannender Vortrag einer Abschlussklasse der MTR-Schule in Oldenburg. Die Schülerinnen Agath Abdul Hadi und Lena Bruns ermittelten unterschiedliche Voraussetzungen der Ausbildung im internationalen Vergleich. So ist mindestens ein Realschulabschluss, manchmal Fachabitur oder die allgemeine Hochschulreife notwendig, daneben werden Aufnahmeprüfungen verlangt (Kroatien) oder gute Noten in naturwissenschaftlichen Fächern (Dänemark und Indien).
Die Finanzierung beziehungsweise Vergütung variiert enorm: von hohen Studiengebühren – in den USA, Australien oder den Niederlanden – über die Neutralität bis hin zur altersabhängigen oder lehrjahrgebundenen Vergütung ist alles möglich. Auch die Arbeitsbedingungen für deutsche MTR im Ausland zeigen ein ähnlich buntes Bild: Neben Sprachkenntnissen werden unter anderem absolvierte Berufsjahre, die Mitgliedschaft in Berufsverbänden, Prüfungen, diverse Anerkennungen durch Behörden oder Führungszeugnisse verlangt.
Ihr Fazit: Es gibt viele Arbeitsmöglichkeiten im Ausland, auch ohne Studium und zahlreiche inhaltliche Überschneidungen. In Deutschland erhält man eine generalistische Ausbildung in der radiologischen Diagnostik, der Strahlentherapie und der Nuklearmedizin. In anderen Ländern ist die Ausbildung häufig spezialisierter. Eine umfangreiche Aufstellung mit 14 Länderbeispielen findet man in diesem PDF der Schule.
Von der Radiologie zur IT
Martin Knoflach, MTR aus Österreich, schilderte seinen Karriereweg aus der Radiologie in die IT. Im Universitätsklinikum Innsbruck liegen die radiologischen Abteilungen verstreut in mehreren Gebäuden und oft gab es dort Probleme, welche die IT-Abteilung nicht verstand. Aufgrund der daraus resultierenden Missverständnisse und komplizierten Supportbearbeitungen wurde eine Radiologie-interne IT implementiert und zusätzlich mit einem MTR besetzt, da dieser die Bedürfnisse des medizinischen Personals und die Klinikabläufe besser kennt.
Eine seiner ersten Aufgaben war der geplante Austausch eines CT-Gerätes inklusive vollautomatisierter Rekonstruktion. Das Gerät sollte auch im Notfall rund um die Uhr eingesetzt werden. Knoflach war zuständig für die Anschaffung eines Servers, das Abklären technischer Voraussetzungen, die Teilnahme an Gesprächen, das Festlegen von Zeitabläufen bis zur Inbetriebnahme und der Einhaltung des vorgegebenen Zeitfensters. Nach acht Wochen konnte der Server starten, die Akzeptanz stieg innerhalb kürzester Zeit auf ein Maximum und trotz eines hohen Fehleraufkommens konnten die Behebung und die Kommunikation mit dem Hersteller deutlich beschleunigt werden. Der MTR war zentraler Anlaufpunkt für alle internen Berufsgruppen und Fremdhersteller. Mittlerweile werden bis zu 800 MPR-Rekonstruktionen (die multiplanare Reformatierung / MPR ist ein Verfahren der zweidimensionalen Bildrekonstruktion) täglich vollautomatisiert durchgeführt.
Neue Möglichkeiten für jede Lebensphase
In einem speziell für MTR angebotenen Lunch-Symposium von Siemens Healthineers ging es um Weiterbildung und Austausch. Das ehemalige MTR-Frühstück lief zum zweiten Mal als Mittagssession und war mit rund 150 Teilnehmenden mehr als gut besucht. Zunächst stellten Nadin Sander und Birgit Dusch neue Geräte, das Herz-CT Somatom ProPulse und das MRT Magnetom Flow, vor. Bei der interaktiven Abfrage erklärten mehr als 60 Prozent der Workshop-Besucher, dass sie die in den Geräten integrierten KI-Tools bereits kennen und nutzen. Tomasz Bienias, MTR aus Frankfurt, stellte vor, wie er seit zweieinhalb Jahren Remote für das LMU Klinikum München arbeitet.
An zwei Standorten in München sind sieben Scanner intern und mit ihm vernetzt. Er arbeitet an seinem Arbeitsplatz im Home-Office mit drei Monitoren, Telefon und PC; vorher war er allerdings zwei Monate vor Ort, um die Gegebenheiten in der Innenstadt und Großhadern kennenzulernen. Der begeisterte MRT-Spezialist sagt, er könne sich so besser fokussieren, habe aber auch eine hohe Eigenverantwortung. Die Kolleg:innen in München stehen für den Patientenkontakt zur Verfügung, sie arbeiten immer im Team und sind gleichberechtigt. Circa 70 Prozent der MTR würden gern im Homeoffice arbeiten, es gibt aber auch Personal, das die direkte Arbeit mit den Patienten bevorzugt. So wird die Technik den Beruf weiterhin verändern und schafft neue Möglichkeiten für jede Lebensphase.
Mirjam Bauer