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RSV-bedingte Hospitalisierungen, intensivmedizinische Behandlungen, Todesfälle und Versorgungsengpässe könnten vermieden werden. © CIPhotos / iStock / Getty Images Plus

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Frühe Prävention: STIKO empfiehlt RSV-Impfung für Neugeborene

Die letzten beiden Winter sorgten mit überfüllten Kliniken aufgrund von RSV-Erkrankungen (Respiratorische Synzytial-Virus) für Schlagzeilen. Vor allem Säuglinge und Kleinkinder waren von dieser Erkrankung der Atemwege betroffen. Nun empfiehlt die Ständige Impfkommission (STIKO) eine Immunisierung aller Neugeborenen als Schutz vor der Erkrankung.

Im Herbst beginnen sich die Wartezimmer zu füllen, die Zahl hustender und schnäuzender Kinder nimmt zu. Vor allem zwischen Oktober und März kommen die Kinder zum Arzt, die sich mit dem Respiratorischen Synzytial-Virus angesteckt haben. Fast jedes Kind hat sich bis zum Ende des zweiten Lebensjahres einmal mit diesem Virus infiziert. Bisher gab es nur für Kinder mit Vorerkrankungen, wie eine Herzerkrankung, eine passive Immunisierung. Nun sollen alle Neugeborenen die Impfung gegen RSV erhalten.

Der RSV-Erreger

Das Respiratorische Synzytial-Virus ist ein behülltes, einsträngiges RNA-Virus der Familie Pneumoviridae, welches weltweit vorkommt. Insbesondere bei Säuglingen und Kleinkindern, aber auch bei älteren Erwachsenen ist es die häufigste Ursache akuter Infektionen der unteren Atemwege und kann zu lebensbedrohlichen Komplikationen führen.

Die Hochsaison ist im Januar und Februar. Nach aktuellen Schätzungen treten RSV-assoziierte akute Atemwegserkrankungen weltweit jährlich mit einer Inzidenz von rund 95 Fällen und 16 hospitalisierten Fällen pro 1000 Kindern im 1. Lebensjahr auf. In Deutschland befinden sich rund 25000 Säuglinge jedes Jahr in klinischer Behandlung. Die Patienten wurden bisher symptomatisch durch Freihalten der Atemwege und Zufuhr von genügend Flüssigkeit behandelt, da es keine geeignete Therapie gab.

Für Risikopatienten gab es eine Immunisierung mit dem Antikörper Palivizumab, der das Virus erkennt und unschädlich macht. Jedoch ist dieser Antikörper sehr instabil und die Kinder mussten die ganze Saison über monatlich immunisiert werden. Das ist für Risikopatienten möglich, aber nicht für alle Neugeborenen eines Jahrgangs umsetzbar.

Impfstoff gegen RSV

Seit letztem Jahr gibt es einen zweiten Antikörper auf dem Markt, den monoklonalen Antikörper Nirsevimab. Er ist stabiler als der bekannte Antikörper und muss nur einmal zu Beginn der Saison gegeben werden. Da sich durch die Immunisierung kein aktiver Immunschutz aufbaut, sondern der Antikörper seine Wirkung nach einer Weile verliert, handelt es sich hierbei um eine passive Immunisierung.

Diese Immunisierung wirkt direkt nach der Gabe, baut jedoch keinen langanhaltenden Schutz auf. Um einen schweren Verlauf der RSV-Erkrankung bei Neugeborenen und Säuglingen zu verringern, empfiehlt die STIKO, alle Neugeborenen gegen RSV zu impfen.

RSV-bedingte Hospitalisierungen, intensivmedizinische Behandlungen und Todesfälle und damit einhergehend die klinischen Versorgungsengpässe könnten dadurch ebenfalls vermieden werden. Säuglinge, welche vor September geboren wurden, sollen die Impfung im Herbst vor Beginn ihrer ersten RSV-Saison erhalten, Neugeborene zwischen Oktober und März sollten die Immunisierung rasch nach der Geburt erhalten.

Studien zur RSV-Impfung

Ihre Empfehlung stützt die STIKO auf zahlreiche Studien, die zeigen, dass mit Nirsevimab eine Schutzwirkung von rund 75 Prozent über sechs Monate besteht. Frankreich, Spanien und die USA haben bereits im letzten Jahr mit der Verabreichung von Nirsevimab begonnen und es zeigten sich kaum Nebenwirkungen. Meist gebe es nur eine Schwellung oder Rötung an der Einstichstelle. Die schweren Erkrankungen gingen in diesen Ländern bis zu 80 Prozent zurück.

In den Ländern wurde auch geprüft, wie hoch die Immunisierungsquote nach Einführung war. Von 59 Prozent in Spanien bis zu 84 Prozent in Luxemburg wurde die Impfung sehr unterschiedlich angenommen. In den Studien konnte eine Effektivität von Nirsevimab zwischen 70 und 90 Prozent nachgewiesen werden. Auch zeigte sich im Vergleich zum Vorjahr eine Senkung in den Hospitalisierungen aufgrund schwerer Erkrankungen.

Allerdings ist es schwierig, einen Vergleich zum Vorjahr zu ziehen, da die RSV-Saison in den verschiedenen Ländern sehr unterschiedlich ausgeprägt sein konnte. Auch gab es teilweise Lieferengpässe des Impfstoffes vor allem in den USA, so dass dort nur Risikopatienten immunisiert worden sind.

Immunisierung mit Nirsevimab

In Spanien fand eine Kohortenstudie (MELODY-Studie) mit 1177 Neugeborenen statt. 92 Prozent (1083) der Neugeborenen erhielten eine Immunisierung mit Nirsevimab. Bei den nicht-immunisierten Kindern betrug das Risiko einer RSV-bedingten Hospitalisierung 8,5 Prozent, während dieses Risiko bei immunisierten Kindern bei 0,7 Prozent lag. Die Effektivität lag damit bei 88,7 Prozent.

Die Studie hat sich ebenfalls mit der Frage beschäftigt, ob eine Immunisierung im ersten Lebensjahr zu einer Verschiebung einer schweren RSV-Erkrankung ins zweite Lebensjahr führen könne. Diese Studie zeigte auf, dass es zu keiner Verschiebung kam. Kinder, die vor der ersten RSV-Saison immunisiert wurden, hatten in der zweiten RSV-Saison eine geringe Häufigkeit von RSV-bedingten Atemwegserkrankungen.

Heike Lachnit


Quellen:

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