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„Unsere Facebookgruppe unterstützt viele MTA in ihrer Arbeit”

Zutritt nur mit Autorisierung: Die Gruppe legt Wert auf echte Mitglieder. © Ingram Publishing / Thinkstock

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Interview: „Unsere Facebookgruppe unterstützt viele MTA in ihrer Arbeit”

Die MTLA Nina Barthelmäs hat vor fünf Jahren die geschlossene Gruppe "Dinge, die ein/eine MTLA nicht sagt" bei Facebook gegründet. Was mit wenigen Mitgliedern begann, ist heute auf über 2000 registrierte Nutzer angewachsen, die über relevante Berufsthemen diskutieren und sich gegenseitig unterstützen und informieren.

Mit über 2000 Mitgliedern liefert die Community Antworten auf zahlreiche berufliche Fragen.Mit über 2000 Mitgliedern liefert die Community Antworten auf zahlreiche berufliche Fragen.

Warum hast du die geschlossene Gruppe "Dinge, die ein/eine MTLA nicht sagt" gegründet?

Nina Barthelmäs: Ich wollte, dass sich in dieser Gruppe vor allem Personen austauschen können, die aus dem MTLA-Beruf oder angrenzenden Fachgebieten kommen und sich gut mit den Themen auskennen. Außerdem bietet eine geschlossene Gruppe den Mitgliedern den Schutz, dass nicht jeder auf Facebook sehen kann, was in der Gruppe geschrieben wird. Zunächst waren dort auch nur Bekannte und Leute aus meiner Abschlussklasse Mitglied, aber das hat sich schnell vervielfacht. Heute hat die Gruppe über 2000 Mitglieder.

Hast du die Betreuung der Seite von Anfang an allein gestemmt?

Nina: Anfangs ja, aber irgendwann kamen immer mehr Fakeprofile dazu, die gelöscht und gesperrt werden mussten und ich habe das allein nicht mehr geschafft. Nach einem Aufruf von mir haben sich einige Freiwillige gemeldet, die jetzt auch Administratoren sind. Für die Admins gibt es zusätzlich einen privaten Chat, in dem wir uns über alles, was in "Dinge, die ein/eine MTLA nicht sagt" so passiert, austauschen. Die Administratoren beachten einfach gemeinschaftlich, dass die Gruppenregeln eingehalten werden und schlichten auch, wenn nötig.

Ist das schon oft vorgekommen?

Nina: Oft nicht, aber es gab bereits Konflikte. Zum Beispiel fühlten sich schon mal Gruppenmitglieder von anderen angegriffen. Solche Meinungsverschiedenheiten lassen sich aber in der Regel schlichten. Außerdem müssen neue Mitglieder mittlerweile erst ein paar Fragen beantworten, bevor sie Mitglied werden dürfen. So versuchen wir bereits rauszufiltern, wer es ernst meint.

Welche Vorteile hat denn die Mitgliedschaft in eurer Gruppe? 

Nina: Sehr viele. Jungen Mitgliedern wie Schülern wird von den erfahrenen Mitgliedern bei Fachfragen geholfen. Viele Mitglieder teilen dort Stellenanzeigen und bieten Fachbücher zum Verkauf an. Man kann also relativ unkompliziert Material an andere weitervermitteln. Dann gibt es oft Informationen aus der Community zu Fortbildungen und interessanten Terminen. Aber es kommt auch zu konkreten Situationen, in denen direkt nach Hilfe gefragt wird.

Zum Beispiel?

Nina: Zum Beispiel gab es einmal eine Anfrage zum Verdacht auf Wurmeier mit Bild. Das Mitglied war sich aber nicht sicher. Wir haben aber auch zu solchen Themen Spezialisten in der Gruppe, die bei der Auswertung geholfen haben. Andere Beispiele sind Fragen zur Urindiagnostik, seltsamen Blutwerten oder zu Bedienung von Geräten, die in der Diagnostik verwendet werden. Ich selbst habe zu Beginn meiner beruflichen Laufbahn auch mal eine dringende Frage gehabt und mein damaliger Vorgesetzter war nicht erreichbar. Im Nachtdienst zum Beispiel ist man ja meistens allein im Labor. Auch da kam sofort Hilfe von den Mitgliedern, irgendwer ist immer online. Es gab auch mal einen Fall, bei dem es um ein Serumröhrchen ging, bei dem der Überstand grün war. Es wurde viel diskutiert, woran es wohl liegen könnte. Später stellte sich heraus, dass es an dem Kontrastmittel lag, das der Patient zuvor bekommen hatte. Von den Mitgliedern, die in der Histologie arbeiten, werden zudem öfter Rezepte in der Gruppe ausgetauscht.

Was muss man sich darunter vorstellen?

Nina: Da geht es vorrangig um Färbungen und mit welchen Tipps und Tricks welche Färbung gut funktioniert. Ähnlich wie bei einem Kochrezept. Das spannende an dem Beruf sind ja immer die Ergebnisse der Untersuchungen. Ärzte könnten ohne die Labordiagnostik auch nicht handeln, die brauchen uns schon noch. 

Wie gut wird der Datenschutz in der Gruppe gewahrt?

Nina: Sehr gut. Wir achten ganz besonders darauf, dass keine privaten Patientendaten oder Ähnliches erkennbar sind und wenn doch, dann wird der Post entfernt. 

Diskutiert ihr in der Gruppe auch über den MTA-Fachkräftemangel?

Nina: Allein an den vielen geposteten Stellenanzeigen in der Gruppe, zeigt sich der hohe Fachkräftemangel. Die Problematik müsste politisch gelöst werden, wie auch der generelle Notstand im Gesundheits- und Pflegesektor. Das beginnt bereits mit der Ausbildung. Wer möchte heute noch eine schulische Ausbildung machen, bei der man noch Geld mitbringen muss? Alle jüngeren Schulabsolventen, die ich kenne, wollen lieber Abitur machen und direkt studieren, um schnell mehr Geld zu verdienen. Gefühlt möchte niemand nach der Schule nochmal drei Jahre Schule machen und nichts verdienen. Bei anderen Ausbildungen gibt es wenigstens Ausbildungsgeld.

Das dürfte den Schulen auch nicht passen.

Nina: Stimmt, viele Schulen schließen ja bereits aus Mangel an Interessenten. Das kann man zunehmend beobachten und die, die MTA werden wollen, trifft es dadurch härter, weil sie immer weiter von zuhause weg müssen. Dann kommen auf die Ausbildungsgebühren noch die Kosten einer Wohnung. Wer Glück hat, bekommt Bafög. Mich mussten auch meine Eltern unterstützen. Aber ganz klar fehlt es im gesamten Gesundheitssektor an Fachkräften – auch im Pflegebereich. Ich würde mir wünschen, dass in der Gesundheitspolitik auf Worte endlich Taten folgen. Im Vorfeld wurde viel über Verbesserungen im Gesundheitssektor diskutiert, mal schauen, wie viel in dieser Legislaturperiode letztlich passiert.

Diskutiert ihr die Themen Berufspolitik und Akademisierung auch in der Gruppe?

Nina: Ja, ich habe erst kürzlich dazu eine Umfrage gestartet. Hier gab es eine Reihe spannender Meinungen. Zum Beispiel, dass es zu begrüßen wäre, wenn mehr MTA-Schulen Werbung für den Beruf machen würden und dass sich diese nicht verstecken sollten. Viele ärgern sich auch darüber, dass immer mehr Kliniken die Labore outsourcen und alles in den privaten Sektor übergeht.  

Was stört die Mitglieder noch?

Nina: Dass es kein Geld in der Ausbildung gibt und trotz der absehbaren Personalengpässe die Löhne nicht steigen. Viele stören sich auch an dem Thema Akademisierung, weil sich die studierten MTA mit den derzeitigen Gehältern nicht zufrieden geben werden. Da heißt es zum Beispiel, wer als Arbeitgeber nur gute Abiturienten wolle und diese auch noch neben der Ausbildung ein Studium vorweisen, könne sie hinterher nicht ‚Assistent‘ nennen und ihnen 1800 Euro brutto als Einstiegsgehalt zahlen. Wenn viele MTA und auch die Ärztekammer eine Akademisierung wirklich wollen, dann müssten da auch die Arbeitgeber mitziehen und entsprechend Jobs mit höherer Entlohnung schaffen. Die Befürchtung dabei ist, dass es dann im Labor zwei gut bezahlte MTA mit Studium gibt und der Rest der Arbeit von angelernten Hilfskräften gemacht wird.

Und was denkst du?

Nina: Die meisten Kliniken zahlen noch richtig gut, dennoch kenne ich genügend Beispiele, wo die Mitarbeiter sogar unter dem sogenannten Einstiegsgehalt arbeiten. Zum Thema Akademisierung denke ich, dass ein Studium erst nach der Ausbildung Sinn machen kann. Ansonsten würde da vielleicht die Praxis fehlen und zu viel Theorie im Mittelpunkt stehen. Mit Studium sehe ich das Problem, später eine Stelle zu finden, die der höheren Ausbildung gerecht wird. So viele Stellen gibt es ja nicht, die besser bezahlt sind. Wenn ich nicht gerade weit wegziehen möchte, dann könnte es schwer werden. Ich sehe außerdem die Tendenz, dass es immer mehr große Labore geben wird und weniger kleine. 

Vielleicht dient es der Bekanntheit des Berufes?

Nina: Das wäre zu begrüßen, aber da sollte lieber mal auf der Ausbildungsebene mehr getan werden, auch damit der Beruf in der Öffentlichkeit präsenter wird. Nicht jeder weiß, dass es den Beruf gibt und was wir eigentlich für wichtige Arbeit leisten. Trotz der manchmal schwierigen Arbeitsbedingungen ist der MTA-Beruf ein schöner Beruf. Wer sich dafür entscheidet, arbeitet sehr abwechslungsreich und kann zwischen vielen Einsatzgebieten wählen. Ich hoffe, dass sich auch noch weiterhin junge Menschen dafür entscheiden.

Zur Person

© privat© privat

Nina Barthelmäs ist Jahre 28 alt und hat 2011 ihren Abschluss zur Medizinisch-technischen Laboratoriumsassistentin an der MTA-Schule in Fulda absolviert. Danach hat sie in verschiedenen Laboren gearbeitet, unter anderem in Frankfurt und Bad Langensalza. Anschließend war Nina als Qualitätsprüferin in einer Firma tätig. Während dieser Zeit hat sie über die Facebookgruppe weiterhin am Laboralltag teilgenommen und sich mit anderen MTA ausgetauscht. Zur Zeit arbeitet sie wieder in der Labordiagnostik in einer mittelständischen Klinik in Franken. 


Das Interview führte Myrna Apel

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