Anfang des Jahres soll eine elfjährige Schülerin einer Berliner Schule Suizid begangen haben, weil sie immer wieder Opfer von Mobbingattacken wurde. Das Beispiel zeigt, wie gravierend die Folgen des Schikanierens sind – sie reichen von Leistungsabfall über Angst vor dem Schulbesuch bis hin zu Depressionen oder gar Selbstmord. Bei Betroffenen sind die Lebensfreude sowie das Zugehörigkeitsgefühl zur eigenen Schule stark vermindert.
Magen-Darm-, Schlaf- oder Herz-Kreislauf-Störungen, Kopfschmerzen, Verunsicherung sowie ein geringes Selbstwertgefühl sind ebenfalls Begleiterscheinungen des Mobbings. 2017 ergab eine Sonderauswertung zum Lernumfeld von 15-Jährigen, dass in Deutschland nahezu jeder sechste Neuntklässler mehrmals monatlich zum Mobbing-Opfer wird.
Der Potsdamer Mobbing-Forscher Sebastian Wachs vermutet, dass etwa zehn Prozent der Schüler betroffen sind und Mobbing an jeder Schule vorkommt. Einer britischen Studie zufolge wurde jeder dritte Erwachsene in Großbritannien, der unter Depressionen leidet, als Kind gemobbt.
Gravierende Konsequenzen
In einer Untersuchung an isländischen Schülern stellten Wissenschaftler um Dr. Pernilla Garmy von der Universität in Kristianstad in Schweden fest, dass 46 Prozent der gemobbten Schüler mindestens einmal wöchentlich Kopfschmerzmittel einnahmen. Dagegen konsumierten nur 30 Prozent der Schüler, die keine Opfer von Drangsalierungen wurden, Analgetika.
Bei schikanierten Schülern lagen neben der nachteiligen psychosozialen Entwicklung häufig somatische Beschwerden vor, die zu dem vermehrten Gebrauch von Analgetika führten. Garmy befürchtet, dass schikanierte Kinder zu chronischen Schmerzkrankheiten wie Migräne sowie zu einem Medikamentenübergebrauch neigen.
Definition
Mobbing bezeichnet einen Vorgang, bei dem einzelne Personen einer sozialen Gruppe bewusst ausgegrenzt, schikaniert und terrorisiert werden. Das Phänomen kommt in unterschiedlichen Zusammenhängen vor, häufig ist Mobbing in Schulen, am Arbeitsplatz, im Internet oder in Gefängnissen verbreitet. Die Attacken finden wiederholt, über einen längeren Zeitraum und mit der Absicht, die Person zu schädigen, statt.
Die Täter stellen den vermeintlich Schwächeren bloß, missachten seine Privatsphäre, demütigen ihn verbal oder körperlich und verbreiten nicht selten Gerüchte über ihn. Viele Menschen werden am Arbeitsplatz gemobbt, denn die Berufswelt schafft Gelegenheiten für viele Arten von Konflikten. Auslöser sind Frust, Neid, Existenzangst, überzogener Ehrgeiz oder einfach eine Antipathie gegen das Mobbingopfer.
Mobbing geschieht zum Beispiel durch organisationale Maßnahmen (wie Kompetenzentzug), durch soziale Isolation, durch Angriffe auf die Person, durch verbale Aggression, durch das Androhen oder Ausüben körperlicher Gewalt sowie durch das Verbreiten von Gerüchten. Die Schikanen sind allerdings von normalen Streitereien und Missverständnissen im Alltag abzugrenzen.
Extremer Stress
Aus stresstheoretischer Sicht stellt Mobbing eine Extremform sozialer Stressoren dar. Mobbingopfer tragen auf Dauer starke gesundheitliche Beeinträchtigungen davon, sie leiden unter körperlichen und seelischen Problemen und begehen im schlimmsten Fall Suizid. Betroffene möchten den Ort des Geschehens am Liebsten meiden und weisen erhöhte Fehlzeiten am Arbeitsplatz oder in der Schule auf.
Hilfe suchen
Um Mobbing zu beenden, sollten Konflikte und Ursachen angesprochen werden, sodass den Schikanen die Grundlage entzogen wird. Betroffene sollten sich möglichst an Vertrauenspersonen wenden und zusätzlich außerschulische bzw. außerbetriebliche Unterstützung beanspruchen. Bei sehr hohen Belastungen empfiehlt es sich, auf professionelle Hilfe (durch einen Psychologen oder eine Mobbingberatungsstelle) zurückzugreifen.
Martina Görz
Quellen:
- Notfall: Mobbing-Debatte nach Todesfall einer Grundschülerin; Ärzte Zeitung online, 2019
- Mobbing-Opfer im PISA-Fokus Wenn Schule zum Spießrutenlauf wird; Ärzte Zeitung online, 2017
- Mobbing im Hochschulstudium – Eine quantitative Pilotstudie; Das Hochschulwesen, 6/2014
- Mobbing und seine Folgen; onmeda.de
- Mobbing, Goethe-Universität Frankfurt am Main
- Mobbing; Lexikon der Psychologie; spektrum.de
- So wehren sich Betroffene erfolgreich gegen Mobbing; therapie.de
- Spätfolgen: Viele Mobbing-Opfer sind ein Leben lang gezeichnet; Die Welt, 2015
- Mobbing in der Schule steigert Schmerzmittelkonsum in: Ärztezeitung, 2019/ Nr. 84-157D, S. 7