Laut dem letzten Wochenbericht des Robert Koch-Institutes (RKI) vom 5. November leiden rund sechs Millionen Menschen in Deutschland an einer akuten Atemwegserkrankung. Auch wenn die Inzidenz aufgrund der Herbstferien zur Vorwoche leicht gesunken ist, liegt sie noch immer sehr hoch und befindet sich über dem Niveau der meisten Vorjahre seit 2011.
RSV, das Respiratorische Synzytial-Virus, spielt im aktuellen Infektionsgeschehen eine eher untergeordnete Rolle, doch die Nachfrage nach einer Immunisierung ist groß – was zu Engpässen führt.
Überblick zur aktuellen Erkältungswelle
Die Daten für seine Erhebungen bezieht das RKI aus dem GrippeWeb, in welchem es jede Woche bei den über 8000 Registrierten nach Infektionen fragt und daraus seine Schätzungen ableitet. Zudem fließen die Daten aus den Laboren ein, wobei diese nur von Menschen stammen, welche Symptome haben und im Krankenhaus behandelt werden. Zum Dritten gibt es Daten aus dem Abwassermonitoring für Corona- und Grippeviren. Alle genannten Zahlen basieren auf Hochrechnungen.
Rund 26 Prozent der aktuellen Erkältungsfälle sind auf die klassischen Erkältungsviren, die Rhinoviren, zurückzuführen. Diese RNA-Viren verursachen Infektionen in den oberen Atemwegen (Rhinitis). An zweiter Stelle folgen die Coronaviren mit 14 Prozent. Bei der Coronavariante XEC gehen die Experten jedoch von höheren Zahlen aus, da sich nicht mehr jeder, vor allem nicht bei milden Symptomen, testet. Daher nehmen die Mediziner an, dass die Ansteckungen wieder zunehmen. Die XEC-Variante verursacht laut RKI jedoch selten schwere Krankheitsverläufe.
Engpass bei RSV-Immunisierung
Auch wenn die Respiratorische Synzytial Viren (RSV) aktuell noch keine große Rolle im Infektionsgeschehen spielen, sind sie Thema in den Nachrichten, denn für das Arzneimittel Beyfortus® von Sanofi zur passiven Immunisierung gibt es derzeit Lieferengpässe. Im Juli hat die Ständige Impfkommission (STIKO) eine Immunisierung aller Neugeborenen sowie Säuglingen vor und in ihrer ersten RSV-Saison als Schutz vor der Erkrankung empfohlen, da die letzten beiden Winter überfüllte Kliniken aufgrund von RSV-Erkrankungen für Schlagzeilen sorgten.
Davor gab es das Medikament nur für Kinder mit einem erhöhten Risiko. Die Nachfrage der Eltern sei hoch, dies sorge für Lieferengpässe. Mit Ware aus Frankreich, Spanien und den USA versucht Sanofi, den zahlreichen Bestellungen nachzukommen. Weil dies so schleppend läuft, befürchtet der Bundesverband der Kinder- und Jugendärzte wieder überfüllte Kliniken im Winter mit RSV-Erkrankungen. RSV ruft schwere Atemwegserkrankungen hervor, welche gerade für die Kleinsten gefährlich werden können.
Jährlich betrifft dies laut RKI über 200 000 Neugeborene und Säuglinge, rund 25 000 von ihnen müssen im Krankenhaus behandelt werden. Da bisher nur die Symptome behandelt werden können, ist die passive Immunisierung einen wichtigen Schritt zur Prävention.
Die Hochsaison für RSV ist im Januar und Februar, weshalb es wohl aktuell im Geschehen der Erkältungswelle noch keinen großen Anteil besitzt.
Erhöhte Belastung in der Erkältungszeit
Treten mehrere Erkältungsviren nebeneinander auf, ist dies eine Herausforderung für das Gesundheitssystem. Wenn sich viele Menschen auf engem Raum befinden, wird eine Ansteckung begünstigt. Zudem zieht es uns in der kalten Jahreszeit nach drinnen in geschlossene Räume. Die Schleimhäute sind trockener und die Viren können leichter eindringen.
Daher ist regelmäßiges Händewaschen angeraten. Vor allem ältere Menschen sollten sich von ihrem Arzt beraten lassen und sich dann gegen Grippe, Corona und Pneumokokken impfen lassen. Ab 75 Jahren oder ab 60 Jahren bei Vorerkrankungen ist eine Impfung gegen RSV ebenfalls ein Thema, welches mit dem Arzt besprochen werden sollte.
Heike Lachnit
Quellen:
- Viele sind krank: Rhinoviren und neue Corona-Variante verantwortlich; WDR
- GrippeWeb-Wochenbericht; Robert-Koch-Institut
- Es gibt keinen RSV-Impfstoff für Kinder; Pharmazeutische Zeitung
- STIKO empfiehlt RSV-Impfung für Neugeborene; MT-Portal
- Kinderärzte warnen vor Engpass bei RSV-Impfstoff für Babys; MDR
- Was hilft gegen Ansteckung bei Erkältung?; MDR