Erst in den letzten Jahrzehnten begann die starke Ausbreitung des Traubenkrauts. Als wichtigster Allergieauslöser im Pollen der Pflanze gilt bisher ein Protein mit dem Namen Amb a 1. Denn gegen diese Substanz entwickelt der Großteil der Menschen, die mit Ambrosia-Pollen in Kontakt gekommen sind, Antikörper – eigentlich ein Schutzmechanismus des Körpers gegen unerwünschte Stoffe oder Erreger. Im Falle der Allergie werden sie aber fälschlicherweise produziert.
Neues experimentelles Krankheitsmodell
Gelangen Ambrosia-Pollen in die Atemwege, lösen sie starke Entzündungen im Lungengewebe aus, was Atemprobleme oder sogar Asthma erzeugen kann. Ein Team des TUM-Lehrstuhls für Umweltmedizin und des Zentrums Allergie und Umwelt der TUM sowie des Helmholtz Zentrums München, untersuchte diese allergischen Effekte jetzt erstmals in einem experimentellen Krankheitsmodell. Die Wissenschaftler testeten damit, wie die einzelnen Bestandteile des Pollens auf das Lungengewebe wirkten.
„Wir konnten zeigen, dass das Hauptallergen Amb a 1 alleine kaum Entzündungen auslöste – im Gegensatz zum gesamten Pollenextrakt, der sehr allergen war“, beschreibt Dr. Maria Wimmer, Hauptautorin der Studie, die Ergebnisse.
Im Rahmen des experimentellen Krankheitsmodells wurden über elf Tage unterschiedliche Bestandteile des Pollens intranasal verabreicht. Anschließend untersuchten die Forscher die Lungen auf entzündliche Merkmale unter anderem das Vorhandensein spezieller Immunzellen im Gewebe. Bei der Studie wurde zum einen der gesamten Pollenextrakt oder das Protein Amb a 1 verabreicht, zum anderen eine proteinfreie Fraktion des Pollenextrakts.
Adenosin im Pollen wirkt als Allergie-Verstärker
„Entgegen unserer Erwartungen löste lediglich der Gesamtextrakt einen allergischen Effekt aus. Die Vermutung war, dass eine andere Substanz neben Amb a 1 für die Wirkung des Pollens verantwortlich ist.“, so Dr. Francesca Alessandrini, ebenfalls Hauptautorin der Studie. Bei der Suche nach einem Kandidaten, kam den Wissenschaftlern eine frühere Studie aus eigenen Reihen zu Hilfe: der Stoff Adenosin konnte in hoher Konzentration in Birkenpollen nachgewiesen werden. „Adenosin ist auch im Ambrosia-Pollen in großen Mengen vorhanden – es war somit ein interessanter Kandidat“, ergänzt die Forscherin.
Um diese Hypothese zu testen, entfernten die Wissenschaftler Adenosin aus dem gesamten Pollenextrakt und verabreichten das Gemisch nochmals. Das Ergebnis: Nur noch sehr geringe Entzündungszeichen waren zu sehen. Gaben die Wissenschaftler Adenosin alleine, wurde ebenfalls keine deutliche allergische Reaktion in der Lunge beobachtet.
Adenosin kommt auch natürlich im menschlichen Körper vor und ist an vielen Prozessen beteiligt. Deshalb tragen fast alle Zellen spezielle Erkennungsmoleküle auf der Oberfläche. „Wie genau Adenosin bei Allergien verstärkend wirkt, können wir leider noch nicht sagen. Aber offensichtlich bindet das Pollenadenosin an die körpereigenen Rezeptoren und kann in Kombination mit anderen Stoffen Allergien auslösen“, erklärt Wimmer.
In experimentellen Studien konnte bereits gezeigt werden, dass so genannte Adenosin-Rezeptor-Antagonisten als Medikamente gegen Asthma helfen können. Sie blockieren die Adenosin-Rezeptoren im Körper. Da Adenosin laut unserer Studie ein entscheidender Faktor bei der Ambrosia-Allergie sei, wollen man im nächsten Schritt testen, ob diese Substanzen auch hier die asthmatischen Symptome lindern oder vorbeugen könne, fasst Wimmer die weiteren wissenschaftlichen Pläne zusammen.
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