Bei der Suche nach abgestürzten Flugzeugen oder gesunkenen Schiffen kommt häufig die Bayes’sche Statistik zum Einsatz, mit der das Wissen über eine Situation und der Prozess des Hinzulernens mathematisch beschrieben werden können. Dabei erstellt das Suchteam zunächst eine Karte mit den wahrscheinlichen und weniger wahrscheinlichen Orten des Unglücks und aktualisiert diese Karte dann fortlaufend mit den neuesten einlaufenden Informationen, um so die tatsächliche Unglücksstelle einzukreisen.
In der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift Nature Communications zeigen Physiker der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU), wie sie über das „Bayesian Updating" Einblicke in das Verhalten von Tumorzellen erhalten haben. Bei ihren Beobachtungen stellten die Wissenschaftler um Prof. Dr. Ben Fabry, PD Dr. Claus Metzner und M.Sc. Christoph Mark am Lehrstuhl für Biophysik der FAU zunächst fest, dass die Tumorzellen ihr Bewegungsverhalten immer wieder ändern, manchmal langsam, gelegentlich aber auch sprunghaft.
Ein solches „superstatistisches" Verhalten bedeutet allerdings, dass sich über die Zeit gemittelt keine deutlichen Unterschiede zwischen verschiedenen Zelltypen erkennen lassen. Dies erschwert zuverlässige Prognosen, wie sich Tumorzellen bei unterschiedlichen Krebsformen im Körper ausbreiten.
Die „Fingerabdrücke“ der Zellen
Markiert man jedoch, so die Beobachtung der FAU-Forscher, die scheinbar chaotische Folge der Bewegungsabläufe in einer „Bayes-Karte", so ergibt sich ein klares Muster, das jeweils für bestimmte Krebszellen und bestimmte Gewebearten typisch ist und wie ein Fingerabdruck gelesen werden kann.
Die Wissenschaftler erhoffen sich, dass derartige statistische Fingerabdrücke in Zukunft dabei helfen können, die Aggressivität von Krebszellen genauer einzuschätzen und entsprechende Therapieformen zu entwickeln. Darüber hinaus untersucht die Arbeitsgruppe, wie sich die Methode des Bayesian Updating als neues Erkenntniswerkzeug in verschiedenen anderen Bereichen einsetzen lässt, so etwa für die Analyse von Bewegungsmustern bei Pinguinen, Zugvögeln und Walen, bei der Auswertung von Grubenunglücken und bei der Risikoabschätzung im Aktienhandel.
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