Seit Mai 2022 hat das Affenpockenvirus einen internationalen Ausbruch mit derzeit mehr als 70.000 Infektionen in mehr als 100 Ländern verursacht. Zum Glück sterben nur wenige Menschen an der Infektion, doch sind die Affenpocken mit einer erheblichen Krankheitslast verbunden.
Oft müssen die Betroffenen ins Krankenhaus, die Infektion ruft teilweise starke Schmerzen hervor, es können Narben zurückbleiben, im schlimmsten Fall kann sie sogar zu Blindheit führen. Mehr als 90 Prozent der mit dem Affenpockenvirus infizierten Patienten entwickeln charakteristische Hautveränderungen.
Dies inspirierte Dr. Alexander Thieme, die „PoxApp“ zu entwickeln. Thieme ist Teilnehmer des Digital Clinician Scientist Programms von Charité und BIH und forscht derzeit als Visiting Scholar an der Stanford University zum Thema „KI gestützte Frühwarnsysteme für Pandemien“.
Fragebogen und Fotodokumentation
Die App schätzt das Risiko einer Affenpockeninfektion anhand von Fotos der Hautläsionen und der Antworten der Benutzer in einem Fragebogen ein. Thieme leitet das Team, das die PoxApp entwickelt hat, bestehend aus Ärzten, Forschern, Computer- und Datenwissenschaftlern der Charité – Universitätsmedizin Berlin, des Robert-Koch-Instituts, des Hasso-Plattner-Instituts, der Stanford University/USA, des Toronto University Hospital/Kanada und des Universitätsklinikums Bologna/Italien.
Die „PoxApp“ kann von jeder Person mit einem Smartphone genutzt werden. Die App stellt fünf Fragen und bittet dann, ein Foto ihrer Hautläsion mit dem Smartphone aufzunehmen. PoxApp verfügt über ein eingebautes Programm, das die Antworten und die Fotos der Hautläsionen analysiert.
Die Daten verbleiben dabei auf dem Smartphone und garantieren damit die Anonymität des Nutzers. Innerhalb weniger Minuten erstellt die „PoxApp“ eine personalisierte Risikobewertung.
App schätzt Infektionsrisiko ab
„PoxApp“ ist die erste App, die Methoden der künstlichen Intelligenz (KI) in Kombination mit medizinischem Expertenwissen nutzt, um das Risiko einer Affenpockeninfektion abzuschätzen. Die KI der „PoxApp“ wurde mit Hilfe von Tausenden von Bildern von Hautläsionen mit und ohne Affenpocken trainiert und getestet.
In einem automatisierten Lernprozess war die KI in der Lage, Bildmerkmale auf Fotos von Hautläsionen zu identifizieren, die für das Affenpockenvirus charakteristisch sind. Wenn der KI ein neues Bild einer Hautläsion vorgelegt wird, kann sie die Wahrscheinlichkeit einer Infektion mit dem Affenpockenvirus abschätzen.
Risikoscore mit Empfehlungen
Nachdem die „PoxApp“ die Antworten des Nutzers und das Foto der Hautläsion analysiert hat, wird ein Risikoscore berechnet, zusammen mit personalisierten Empfehlungen, die mögliche nächste Schritte vorschlagen, wie z. B. Affenpocken-Tests oder eine Impfung nach der Exposition. Durch die Auswertung der Postleitzahl sucht PoxApp nach lokalen Gesundheitsangeboten und gibt Telefonnummern und Kontaktdaten an, wie man mit den Gesundheitsangeboten in Kontakt treten kann.
Alexander Thieme wünscht der „PoxApp“ viele Nutzer. „Wir hoffen, dass die „PoxApp“ dazu beiträgt, den aktuellen Affenpockenausbruch einzudämmen, indem sie den Nutzern hilft, ihre Affenpockeninfektion früher zu erkennen und Sekundärinfektionen zu verhindern.“
Quelle: Berlin Institute of Health at Charité (BIH)
Weitere Informationen:
Die „PoxApp“ ist kostenlos und wurde unter anderem auf der Website der Charité – Universitätsmedizin Berlin veröffentlicht.
Originalpublikation: Thieme, Alexander Henry, et al.; A deep learning algorithm to classify skin lesions from monkeypox virus infection; Nature Medicine, 2023; DOI: 10.1038/s41591-023-02225-7