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Modell einer Prostata

Das Prostatakarzinom ist in Deutschland die häufigste Krebserkrankung des Mannes. © peakSTOCK / iStock / Getty Images Plus

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Weltmännertag: Deutsche Gesellschaft für Urologie fordert Reform der Prostatakrebs-Früherkennung

Am 3. November ist Weltmännertag: Seit mehr als zwanzig Jahren rückt an diesem Datum die Männergesundheit in den Fokus der Öffentlichkeit. Die Deutsche Gesellschaft für Urologie e.V. (DGU) nimmt den Aktionstag zum Anlass, erneut auf die Notwendigkeit einer Reform der Früherkennung des Prostatakarzinoms in Deutschland hinzuweisen.

Die wissenschaftliche Fachgesellschaft drängt darauf, den EU-Ratsentschluss (2022/0290(NLE)) mit der Empfehlung für ein Prostatakarzinomscreening auch hierzulande umzusetzen und ein organisiertes Früherkennungsprogramm als Leistung der gesetzlichen Krankenkassen zu etablieren. Basierend auf der aktuellen Studienlage hat die DGU einen Algorithmus für eine risikoadaptierte, PSA-basierte Prostatakarzinom-Früherkennung erarbeitet und ist mit dem Bundesministerium für Gesundheit (BMG) und dem Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) darüber im Austausch.

Mit fast 70 000 Neuerkrankungen im Jahr ist das Prostatakarzinom in Deutschland die häufigste Krebserkrankung des Mannes und gleichzeitig die zweithäufigste Krebserkrankung, die bei Männern zum Krebstod führt. Etwa 15 000 Männer sterben jedes Jahr in Deutschland an einem Prostatakarzinom.

„Diese Dimension macht deutlich, dass die verantwortlichen Gesundheitspolitiker endlich handeln müssen, denn ein smartes Prostatakrebsscreening kann auf der Grundlage fachärztlicher Beratung Leben retten und metastasierte Stadien, bei denen der Krebs bereits gestreut hat, vermeiden“, sagt Prof. Dr. Maurice Stephan Michel, DGU-Generalssekretär und Sprecher des Vorstands anlässlich des Weltmännertages.

Zielgerichtete Diagnostik hat oberste Priorität

Entsprechend den Empfehlungen des EU-Ratsentschlusses strebt die Fachgesellschaft ein risikoadaptiertes, auf dem PSA-Test basiertes Screening an, das bei abklärungsbedürftigen Befunden die Bildgebung mittels multiparametrischer Magnetresonanztomografie (mpMRT) beinhaltet. „Unser übergeordnetes Ziel ist die Detektion klinisch signifikanter Prostatakarzinome bei gleichzeitiger Reduktion von Überdiagnostik und Übertherapie“, betont DGU-Präsident Prof. Dr. Jürgen Gschwend.

Der von der DGU erarbeitete Algorithmus stützt sich, wie die EU-Ratsempfehlung, u.a. auf die aktuelle Datenlage der ERSPC Studie, in der sich ein signifikanter Vorteil für das prostatakarzinom-spezifische Überleben in der Screening-Gruppe im Langzeitverlauf gezeigt hat und berücksichtigt die Ergebnisse der deutschen PROBASE-Studie.

Letztere konnte u.a. zeigen, dass die rektale Tastuntersuchung, wie sie Männern ab 45 Jahren seit 1971 als Teil des Früherkennungsprogramms der gesetzlichen Krankenversiche­rung (GKV) jährlich empfohlen wird, zur Früherkennung von Prostatakrebs bei Männern im Alter von 45 Jahren nicht geeignet ist. Verdächtige Tastbefunde erwiesen sich demnach in den allermeisten Fällen als harmlos, tatsächliche Tumore blieben zu häufig unerkannt.

Integration eines PSA-Tests in die Präventionsdiagnostik

„Unser Algorithmus für ein neues kassenfinanziertes Screening gibt einen klar definierten Pfad vor, an dem sich Patienten und betreuende Urologinnen und Urologen orientieren können“, erklärt DGU-Generalsekretär Michel. Männern ohne familiäre Vorbelastung soll im Alter zwischen 50-65 Jahren eine fachärztliche Beratung und ein PSA-Test angeboten werden. Dieser misst das prostataspezifische Antigen (PSA) im Blut – einen Eiweißstoff, der in der Prostata des Mannes gebildet wird und bei Erkrankungen der Prostata, etwa bei einem bösartigen Tumor, erhöht sein kann.

Bei einem PSA-Wert über 1,0 ng/ml soll der Test nach fünf Jahren wiederholt werden; bei einem PSA-Wert zwischen 1-3 ng/ml nach zwei bis vier Jahren. Bei PSA-Werten über 3 ng/ml erfolgt eine weitere Risikoabschätzung per transrektalem Ultraschall und weiteren Parametern. Bei Vorliegen einer Risikokonstellation erfolgt eine multiparametrische Magnetresonanztomografie (mpMRT).

Nach der mpMRT folgt dann erneut eine Risikostratifizierung entsprechend der sogenannten PI-RADS-Klassifizierung und weiteren Parametern. Während Patienten mit niedrigem Risiko zunächst weiter klinisch beobachtet werden sollen, wird Männern mit hohem Risiko eine Fusionsbiopsie zur gezielten Gewebeentnahme empfohlen. Diese zeitgemäße Form der Früherkennung hat die Deutsche Gesellschaft für Urologie e.V.dem G-BA und dem BMG empfohlen.

Männergesundheit in Deutschland verbessern

„Aufgrund dieser Daten können wir den Patienten schließlich beraten, ob eine Active Surveillance oder aber eine aktive Therapie angezeigt ist. Damit führt der PSA-Wert nicht, wie oft kritisiert, zu Überdiagnostik und Übertherapie, sondern ist der Einstieg in eine Kaskade der Risikostratifizierung zur besseren Krebsfrüherkennung, die eine erhebliche Reduktion der Metastasierungen, der ökonomisch sehr teuren Systemtherapien sowie der Sterblichkeit ermöglicht“, resümiert Prof. Michel.

Nach intensiven Beratungen mit dem BMG und dem G-BA und zuletzt positiven Äußerungen von Bundesgesundheitsminister Lauterbach Ende September gegenüber dem ZDF zeigt sich DGU-Präsident Gschwend zum Weltmännertag 2023 zuversichtlich: „Wir gehen davon aus, bis zum Ende der Legislaturperiode die EU-Ratsempfehlung auch hierzulande umsetzen zu können. Die Reform der Früherkennung des häufigsten Tumors des Mannes ist ein bedeutender Schritt zur Verbesserung der Männergesundheit in Deutschland“.

Andere europäische Länder wie Polen, Irland, Spanien, Litauen und Schweden hätten ihre Programme zur Früherkennung des Prostatakarzinoms bereits modifiziert.

Quelle: Deutsche Gesellschaft für Urologie e.V. (DGU)

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