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Digitale Gesundheitsangebote verändern die Versorgung

Auf der Sonderschaufläche „mobile health ZONE“ wurden Lösungen für vernetzte und mobile Gesundheitsversorgung präsentiert. © conhIT 2017

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conhIT 2017: Digitale Gesundheitsangebote verändern die Versorgung

Die conhIT - Connecting Healthcare IT - feierte in diesem Jahr ihr zehnjähriges Bestehen. Rund 9500 Teilnehmern besuchten über drei Tage im April die größte deutsche Gesundheits-IT-Fachmesse mit Kongress in Berlin. In der Session Mobile Health & Apps wurden ausgewählte Digital-Health-Anwendungen und Nutzenpotenziale vorgestellt.

Welche Digital-Health-Anwendungen sind sinnvoll?

Es gibt zur Zeit eine Vielzahl von Angeboten im Digital-Health-Bereich, die sich über ein breites Spektrum erstrecken: Viele Themen kommen dabei als Querschnitts-IT-Anwendungen aus der Technologie in die Gesundheitsversorgung oder in die Medizintechnik. Apps, die diagnostischen beziehungsweise therapeutischen Nutzen aufweisen, halten Experten für sinnvoll.

Besondere Aufmerksamkeit erregen die automatische Datenerfassung und Sensorauswertung. Im Rahmen von Big Data lassen sich hieraus medizinisch anwendbare Schlussfolgerungen ableiten, etwa für Empfehlungen zur Präzisierung von Diagnosen. Zudem erscheinen den Marktbeobachtern Apps in Richtung mit den Schwerpunkten Prävention, Ernährung und Wellness sinnvoll – etwa im Kontext der Diabetesversorgung, bei Essstörungen und Adipositas.

Gesprächsthema war in Berlin beispielsweise die App Moodgym für die Selbsthilfe bei Depressionen. Steigende Zahlen psychischer Erkrankungen in allen Altersklassen und zu wenige Therapeuten und Psychologen schaffen Raum für neue Therapieformen. Inwiefern diese Form der Selbsthilfe dem Patienten jedoch auch schaden kann, lassen die Experten allerdings offen.

Flaggen © conhIT 2017Nicht nur auf die Praxis, sondern auch auf die Forschung wirkt sich mHealth aus. © conhIT 2017

Wie verändert sich die Gesundheitsversorgung in Deutschland durch mHealth-Angebote?

„Die Position des Bürgers, des Versicherten beziehungsweise Kassenmitglieds wird gestärkt, weil er selber entscheiden kann, wann und wo er mobile Geräte nutzt – und wie er sich in den Behandlungsprozess einbinden kann", so Professor Dr. Arno Elmer, Initiator der Innovation Health Partners GmbH. „Das Problem heute liegt nur darin, dass Bürger erkennen müssen, die wirklich sinnvollen Angebote für ihre eigenen Belange zu erkennen."

Dieses „Patienten-Empowerment", die Mündigmachung des Patienten, hat zur Folge, dass er die Vorgänge im Gesundheitswesen und das eigene Verhalten besser versteht. Er bewegt sich nicht mehr nur von Arzt und Arzt, sondern lernt, eigene Entscheidungen zu treffen. Das wirkt sich positiv auf die Versorgung aus. Denn angesichts der Bevölkerungsentwicklung und der wachsenden Morbidität kann unser bestehendes Gesundheitssystem dem künftigen Versorgungsbedarf nicht mehr gerecht werden.

Nicht nur auf die Praxis, sondern auch auf die Forschung wirkt sich mHealth aus: Wissenschaftler der Universität Tübingen haben die Plattform IMeRa entwickelt, die darauf abzielt, patientenbezogene Daten, die über mobile Endgeräte erhoben werden, für Abfragen bereitzustellen. Diese Daten werden somit für interdisziplinäre und ortsunabhängige kollaborative Forschungsvorhaben nutzbar. Ferner sollen Daten der klinischen Verlaufsdokumentation und weitere Forschungsplattformen integriert und Templates für die Entwicklung von Apps sowie zur Ansteuerung mobiler Daten bereitgestellt werden.

Welches gesundheitsökonomische Potenzial bringen solche Anwendungen mit sich?

Durch die Datenanalytik ist eine individualisierte Versorgung möglich, also ein spezifischer Nutzen für das Individuum. Dies sorgt für medizinischen Outcome mit positiven Folgen für das Gesundheitssystem, da Kosten eingespart werden können. Patienten werden früher wieder gesund, leben länger und können länger arbeiten. So ergeben nach Meinung der Experten in Berlin vorteilhafte gesundheitsökonomische Effekte.

Am Beispiel der Telemedizin oder Telekonsultation wird dieser Nutzen deutlich: Videokonferenzen etwa mit Übertragung medizinischer Bilder sparen Zeit und Geld für Arzt und Patient, da diese durch mobile Anwendungen und Geräte ortsunabhängig ausgeübt werden können und bei allen Beteiligten Warte- beziehungsweise Wegezeiten wegfallen.

Eine Befragung des conhIT-Publikums zeigt, dass nur eine geringe Anzahl an Bürgern bereits Daten aus Apps online an ihren Arzt übertragen. In anderen Ländern schreitet die Umsetzung rascher voran. So stellte Catherine Bugmann die Arbeitsgruppe „mhealth" der „ehealth Suisse" vor – mit Handlungsbereichen wie Zertifizierung, Datenschutz und -sicherheit, Tarifierung, Interoperabilität und Befähigung der Anwender.

Die Gruppe hält Handlungsempfehlungen für die Anwender bereit, beispielsweise die Schaffung von Transparenz mittels eines Kriterienkataloges zur Selbstdeklaration oder Informationsangebote für den sicheren Umgang mit mhealth-Produkten. Die Selbstdeklaration beziehungsweise Zertifizierung dient dabei als Grundlage für die Empfehlung einer Anwendung. So werden die Schweizer der hohen Sensibilität des Gesundheitsbereiches gerecht. Ob dies auch eine Orientierungsgrundlage für den deutschen Markt darstellen kann, wird sich noch zeigen.

Von Mirjam Bauer

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