Oligodendrozyten gewinnen aus Glukose Milchsäure und geben diese zur Energiegewinnung an das umhüllte Axon ab. Wie viel Energie ein Axon benötigt, hängt von seiner Aktivität ab: Besonders aktive Fortsätze haben einen höheren, schwach aktive einen geringeren Energiebedarf. Ruhende oder wenig aktive Axone können so leicht überversorgt werden. Für die Nervenzellen wäre dies jedoch gefährlich, denn die zur Energiegewinnung zur Verfügung gestellte Milchsäure kann wie bei einem Muskelkater zur Übersäuerung der Leitungsbahnen führen.
Wie kann die Versorgung der Axone daher dem tatsächlichen Energiebedarf angepasst werden? Wie unterscheiden Oligodendrozyten bei der Herstellung von Milchsäure zwischen aktiven und weniger aktiven Axonen?
Mausmodell gibt Aufschluss
Eine verstärkte Glutamat-Ausschüttung durch stark aktive Axone aktiviert den Einstrom von Glukose in die Oligodendrozyten und führt dort zur Freisetzung von mehr Milchsäure. Klaus-Armin Nave und sein Team vom Göttinger Max-Planck-Institut für experimentelle Medizin haben nun an Mäusen herausgefunden, dass Glutamat-Rezeptoren auf den Oligodendrozyten, die sogenannten NMDA-Rezeptoren, den Neurotransmitter binden und das Signal senden, mehr Transportmoleküle für Glukose in die Zellmembran einzubauen.
Die daraus gewonnene Milchsäure kann dann den Axonen zur Verfügung gestellt werden. Die Ergebnisse zeigen auch, dass die Oligodendrozyten myelinisierte Axone nicht mit genügend Energie versorgen können, wenn ihre Glutamat-Rezeptoren ausgeschaltet werden. Unter Stress wie etwa bei einem Schlaganfall können Oligodendrozyten aufgrund der fehlenden Stimulierung durch Glutamat ihre Axone nur unzureichend vor dem Absterben schützen.
Im höheren Alter entwickeln Mäuse ohne funktionierende NMDA-Rezeptoren auf den Oligodendrozyten zudem Nervenschäden. „Wir vermuten, dass die Unterstützung des Nervenzellstoffwechsels durch Oligodendrozyten nicht nur für Multiple Sklerose, sondern auch für den Verlauf anderer neuro-psychiatrischer Krankheiten wie Alzheimer oder Amyotropher Lateralsklerose (ALS) von Bedeutung sein könnte“, erklärt Nave.
Quelle: Max-Planck-Institut für experimentelle Medizin, Göttingen