Mit den High-Tech-Mikroskopen lassen sich auf molekularer Ebene kleinste biologische Strukturen dreidimensional abbilden. Mit Hilfe der fünf Kryo-Elektronenmikroskope wollen Wissenschaftler die komplexen molekularen Strukturen und Funktionsweisen von Erregern und ihre Wechselwirkungen mit Wirtszell-Komponenten wie Proteine und Membranen untersuchen. Die so gewonnenen Einsichten bilden die Grundlage zur Identifizierung kritischer Schritte im Infektionsverlauf und zur Entwicklung neuer Strategien der Intervention.
Neben der Universität Hamburg als federführende Antragstellerin und dem Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) als weiterem Hauptnutzer der Facility, sind sieben weitere akademische Forschungspartner am CSSB, einem interdisziplinären Zentrum auf dem Forschungscampus Hamburg-Bahrenfeld, beteiligt.
Diese, in der Regel über gemeinsame Berufungen beteiligten Partner, sind das Heinrich-Pette-Institut, Leibniz-Institut für Experimentelle Virologie (HPI), das Deutsche Elektronen-Synchrotron (DESY), das Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin (BNITM), das Europäische Laboratorium für Molekularbiologie (EMBL), das Forschungszentrum Jülich (FZJ), die Medizinische Hochschule Hannover (MHH) sowie das Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung (HZI).
Die Forschungsgruppen im CSSB-Neubau, mit seinem speziell für die Anforderungen der Kryo-Elektronenmikroskopie-Facility designtem Bereich, erforschen dabei Krankheitserreger aus allen drei Organismengruppen: Viren, Bakterien und eukaryotische Parasiten.
Funktionsweise von Molekülkomplexen
- Hamburgs Senatorin für Wissenschaft, Forschung und Gleichstellung, Katharina Fegebank: „Ich gratuliere der Universität Hamburg und den beteiligten außeruniversitären Forschungseinrichtungen sehr herzlich zur Einwerbung der DFG-Mittel. Die Kryo-Elektronenmikroskop-Anlage passt perfekt zur bereits bestehenden herausragenden Infrastruktur. Sie ist ein weiterer wichtiger Baustein für den Ausbau des Forschungscampus Bahrenfeld zu einem internationalen Wissenschaftspark.“
- Der Präsident der Universität Hamburg, Univ.-Prof. Dr. Dieter Lenzen, führt aus: „Wir freuen uns sehr über die Bewilligung der High-Tech-Mikroskope. Spitzenforschung ist auf Spitzentechnik angewiesen – dass die Universität Hamburg die Kryo-Elektromikroskopie-Facility als Hauptnutzer im Rahmen des CSSB einsetzen kann, ist ein schöner Erfolg für die infektionsbiologische Forschung an unserer Hochschule und natürlich auch für unsere Partner.“
- Matthias Wilmanns, wissenschaflicher Direktor des CSSB, betont: „Die Einrichtung der modernsten Forschungsinfrastruktur im Bereich der Kryo-Elektronenmikroskopie ist ein Schlüsselelement des Forschungsgesamtkonzepts des CSSB. Diese Anlage stellt unseren Wissenschaftlern die Technologie zur Verfügung, mit der sie unser Verständnis über die Wirt-Erreger-Beziehungen erweitern und sich einigen der anspruchsvollsten wissenschaftlichen Herausforderungen in der Infektionsbiologie stellen können.“
Die neuen Großgeräte ermöglichen es den Forschern, drängende Fragen zur Funktionsweise von Molekülkomplexen zu beantworten. Besonders deren dynamische Interaktionen stehen im Mittelpunkt eines integrativen Forschungsansatzes, der den Bereich von atomar aufgelösten Strukturen von Proteinkomplexen, subzellulärer und zellulärer Information bis zum ganzen Organismus abdeckt. Dazu werden die Moleküle entweder isoliert untersucht oder als Teil des Krankheitserregers, also Virus, Bakterium oder Parasit, sowie deren Interaktion mit Wirtszellen.
Technische Weiterentwicklung
In der Kryo-Elektronenmikroskopie (Kryo-EM) werden die Proben zuerst sehr schnell eingefroren und dann elektronenmikroskopisch untersucht: „Der Vorteil ist, dass durch das sehr schnelle Einfrieren die Molekülstruktur bis zum atomaren Bereich in ihrer natürlichen Form erhalten bleibt und somit strukturell unverändert studiert werden kann.“, erläutert Antragsteller Prof. Dr. Kay Grünewald vom Institut für Biochemie und Molekularbiologie der Universität Hamburg und dem HPI.
„In den vergangenen Jahren hat sich die Kryo-EM aufgrund von technischen Verbesserungen, vor allem im Bereich neuartiger Detektoren, zu einer wesentlichen Methode in der strukturbiologischen Forschung entwickelt.“ Co-Antragsteller Prof. Dr. Thomas C. Marlovits, Leiter des Instituts für Struktur- und Systembiologie im UKE, ergänzt: „Es handelt sich dabei um eines der revolutionärsten mikroskopischen Verfahren in der Wissenschaft, die es uns nun ermöglicht, ,molekulares Leben‘ sprichwörtlich zu beobachten. Dies ist notwendig, um die Grundlagen von einer Vielzahl von Krankheitsverläufen zu ergründen und zu verstehen.“
Mit der Rekrutierung der beiden Wissenschaftler und ihrer Arbeitsgruppen aus Oxford bzw. Wien verfügt Hamburg über herausragende Expertise in den beiden Hauptanwendungen der Kryo-EM: Elektronen-Tomographie und Einzelpartikelanalyse sowie deren technischer Weiterentwicklung entlang biologischer Fragestellungen. Die Kryo-Elektronenmikroskope werden im Rahmen des DFG-Großgeräteprogramms gefördert. Die Vorhaben für die Hochschulforschung müssen sich durch herausragende wissenschaftliche Qualität und nationale Bedeutung auszeichnen.
Quelle: Universität Hamburg