Körperliche Erkrankungen haben, zusätzlich zu den organischen, in aller Regel auch eine psychische Komponente, die einen erheblichen Teil der subjektiven Beschwerden ausmachen kann. Die psychische Komponente kann manchmal auch überwiegen, und körperliche Beschwerden und Beeinträchtigungen können sogar ohne hinreichende organische Ursache auftreten. Dies trifft insbesondere für die Konversionsstörung zu.
Hierbei handelt es sich um sich oft sehr dramatisch darstellende Symptome oder Ausfälle, die unter anderem willkürliche motorische oder sensorische Funktionen betreffen (z.B. Lähmung der Arme oder Beine, Blindheit oder Krampfanfälle). Diese pseudoneurologischen Symptome können auch bei psychisch nicht erkennbar beeinträchtigten Menschen auftreten und gehen oft mit psychischen Konflikten oder psychosozialen Belastungsfaktoren einher.
Ansatzpunkte für die Diagnostik und Therapie
Begutachtungen von Konversionsstörungen sind nicht einfach. Die Symptome lassen zunächst auf das Vorliegen einer neurologischen Erkrankung (z.B. einen Schlaganfall) schließen; diese kann jedoch auf der Grundlage der medizinischen Befunde nicht oder zumindest nicht ausreichend belegt werden. Daraufhin entsteht häufig die Vermutung, es könnte sich bei den körperlich nicht hinreichend erklärbaren Gesundheitsstörungen um nichts anderes als um Simulation handeln – was oft über lange Zeit den Blick auf die richtige Diagnose verstellt und eine notwendige und erfolgversprechende Behandlung verhindert.
Die Forscher konnten mittels modernster Kernspintomographischer Verfahren Patienten mit konversionsbedingten Lähmungen und gesunde Individuen, die eine Lähmung simulierten, untersuchten. Dabei konnten hemmende Netzwerke für motorische Kontrolle in beiden Gruppen dargestellt werden. Die Wissenschaftler stellten fest, dass Konversionspatienten und gesunde Simulanten Aktivierungen in ähnlichen jedoch nicht in denselben Regionen des Frontalhirns zeigten.
Aus der Kenntnis unterschiedlicher neuronaler Korrelate für Simulanten und Konversionspatienten lassen sich Ansatzpunkte für die Diagnostik und Therapie ableiten: So könnten diese Befunde genutzt werden, um bei Begutachtungen Konversionspatienten von Simulanten zu unterscheiden und endsprechende Therapieverfahren einzuleiten. Während der Therapie selbst könnten objektive neurophysiologische Messwerte helfen, den Therapieverlauf zu beurteilen und gegebenenfalls die Therapie anzupassen.
Quelle: LURIJA INSTITUT für Rehabilitationswissenschaften und Gesundheitsforschung
Originalpublikation: T. Hassa et al.; Functional networks of motor inhibition in conversion disorder patients and feigning subjects; Neuroimage Clinical, 2016; doi:10.1016/j.nicl.2016.05.009